25/09/2003
25/09/2003

Architekturstadt Graz: Vorschläge für
Diskussionsthemen zu Architektur und Baukultur in der Stadt Graz und ihrer nachgeordneten Abteilungen, Institutionen, Gesellschaften

1) Ressortübergreifende Architekturpolitik

· Ein klares Bekenntnis der Stadtregierung, als auch des Gemeinderates zum Stellenwert der zeitgenössischen Architektur und Baukultur in der Architekturstadt Graz
· Architektur ist eine Querschnittsmaterie aller Ressorts – eine gesamtheitliche Sicht samt Kompetenzstruktur (zB Frage KulturBaudirektion), sowie eine entsprechende ressortübergreifende Vernetzung und Kommunikation ist notwendig!
· Jährlicher Statusreport zur Baukultur in Graz (Zahlen, Fakten, Prozesse, Entwicklungen, österreichischer Vergleich,...)
· Schaffung eines kontinuierlichen Programms zur Architekturvermittlung (Bottom up – Bewusstmachen von Qualitäten), samt entsprechendem Budget
· Verankerung einer interdisziplinären Planungskultur bzw. von Qualitätskonzepten spart dem Steuerzahler viel Geld und sichert Lebensqualität
· Qualitätsbindung/-orientierung bei öffentlichen Förderungen und Projekten (Auswirkung/Vorbildwirkung auf Private). Neue Förderkultur nicht nur monetäre, sondern auch strukturelle Förderung
Liste max. kontroversieller Themen/Thematik
· Hohes Niveau der städtischen Architekturschaffenden versus miserable wirtschaftliche Situation der Architektinnen
· Wer legt Qualität fest (Prozessorientierte Sichtweise vor ästhetischer Expertise?)
· Durch Privatisierung existiert der öffentliche Hochbau in der städtischen Verwaltung kaum mehr (keine Entledigung der Bauherrenverantwortung) – Sicherstellung eines baukulturellen Auftrages, sowie einer entsprechenden (architektonischen) Qualität bei den ausgelagerten Unternehmungen (Eigentümerfunktion)
· Angst der Politiker vor zeitgenössischer Architektur
mögliche populistische Slogans:
· Baukultur braucht Kompetenz und Verantwortung
· Baukultur/Architektur sichert Lebensqualität für alle
· Baukultur ist ein Grundrecht
Sonstiger Kommentar/Hinweis:
· Umsetzung der unter Pkt. (P) angeführten Ziele – Zielorientierte Forderungen in der Sprache der Adressaten kurz und bündig zusammen formulieren
· Keine leeren Bekenntnisse – Budget ist in Zahlen gegossene Politik
· Sensibilisierung politischer Entscheidungsträger für Architektur und Baukultur
· Vernetzung und Schaffung strategischer Partnerschaften bzw. Kooperationen um für Baukultur ein entsprechendes Lobbying zu ermöglichen.
· Welche Kompetenzen könnte die Plattform für Architektur und Baukultur übernehmen (Baukonvent,...)?
· Stärkere Verankerung der Raum- und Landschaftsplanung in der Plattform

2) Bauherrenverantwortung und Architekturconsulting

· Bauherrenverantwortung ist eine nicht delegierbare Aufgabe
· Baukultur ist keine Frage des Preises (und dafür gibt es Beweise!)
· Bauherrenberatung beginnt bei der „Bauherrschaft“ selbst (Bewusstseinsbildung, Hilfestellung...)
· Bauherrenberatung ist auch Projektentwicklungsberatung und Umsetzungsberatung
· Bauherrenberatung kann ein eigenes Berufsbild werden = „Der Baucoach“
Liste max. kontroversieller Themen/Thematik
· Wie bringt man jemanden dazu, sich beraten zu lassen? Motivationen? Zwang?
· Schnelle Renditen versus Baukultur
· Mehrwert ohne Mehrkosten
· Architekten als strategische Bauherrenberater = versteckte Planungsakquisition
· Unvereinbarkeitsfrage von Bauherrenberatung und Planungstätigkeiten
· Wie ist „Qualität“ beschreibbar, messbar, definierbar?
· Unqualifizierte Bauherren halten sich für qualifiziert.
· Bau-Kulturschaffende sind dem Thema gegenüber nicht aufgeschlossen
· Bau-Kulturschaffende verweigern sich der Auseinandersetzung mit Veränderungen
· Bau-Kulturschaffende haben Qualifikationsdefizite (Ökonomie, Kommunikation usw.)
mögliche populistische Slogans:
· Architektur ist nicht der Speck, der weg muss, sondern Skelett und Muskel!
· Baukultur ist Mehrwert ohne Mehrkosten!
· Baukultur ist keine Frage des Preises!

3) Kreativwirtschaft und Architekturförderung

· Architektur ist ein wesentlicher Teil der Kreativwirtschaft
· Architektur ist eine Querschnittsmaterie aller Ressorts
· Die Baukultur ist ein Wirtschaftsfaktor
· Die Baukultur schafft Arbeitsplätze
· Mit der Sichtweise, dass die Architektur ein wichtiger Teil der Kreativwirtschaft ist, eröffnen sich neue Dimensionen in Bezug auf die Baukulturförderung (Neue Förderkultur nicht nur in Form von monetärer Förderung - nicht mehr allein auf das Bundeskanzleramt Kunstsektion zugeschnitten – z.B. Exportförderung der baukulturellen Leistungen, )
Liste max. kontroversieller Themen/Thematik
· Das Thema Kreativwirtschaft ist derzeit noch durch Ankündigungspolitik ohne reale Unterstützung gekennzeichnet
· Kreativwirtschaft ist eher schwammig definiert und hat derzeit keine politischen Rahmen- und Förderprogramme
· Angst der Architektur vor Annäherung an die Bauindustrie
mögliche populistische Slogans:
· Baukultur ist ein Wirtschaftsfaktor und schafft Arbeitsplätze
· Baukultur braucht eine neue Förderkultur
· Architektur ist ein wesentlicher Motor der Kreativwirtschaft/Kreativindustrie

4) Wettbewerb, Vergabe, Honorierung und interdisziplinäre Planungskultur

· Ganzheit der Architektenleistung im Leistungsbild festschreiben
· ganzheitliches Leistungsbild ist Grundlage aller Vergaben
· Transparenz der Verfahrenswahl sicherstellen
· Primat des Leistungswettbewerbs garantieren (statt Preiswettbewerb)
· Architekturwettbewerbe müssen ohne Preisabfrage stattfinden
· standardisierte Mitwirkung der Architektenkammern bei der Wahl der Verfahrensart (bei Verfahren, die gemäss BVergG 2002 stattfinden)
· Honorarordnung Architektur als Richtlinie des angemessenen Entgeltes unverzichtbar (für Schwellenwerte, für Verhandlungen, für öffentliche Argumentation)
· nur das vom Architekten koordinierte Zusammenwirken der planenden Disziplinen gewährleistet Architekturqualität
mögliche populistische Slogans:
· gut bauen ist preiswerter als billig bauen
· gut planen ist schneller als simpel planen

5) Vermittlung und Ausbildung

· Programm zur Architekturvermittlung auf den unterschiedlichsten Ebenen
(Ausarbeitung und Implementierung)
· Engagierte Baukultur als Baustein einer ambitionierten Bildungspolitik verstehen

Vermittlung
allgemein:
· Bedeutung und Potential hochwertiger Architektur an die kommunalpolitischen Entscheidungsträger kommunizieren
· Architekturinitiativen sichern / stärken
· Qualitative Verfahrensberatung auf städtischer Bauherrenebene
· Kontakte auf europäischer und internationaler Ebene aufbauen bzw. verstärken
durch die Gestaltung von Bildungsinstitutionen auf allen Ebenen
· Schulbau als Ausdruck eines engagierten bildungspolitischen Programms, unter Berücksichtigung aktueller gesellschaftlicher Entwicklungen (z.B. Integration, neue Typologien, lebenslanges Lernen) verstehen
· Stadt und Schule - Rolle der Schule als öffentliche Institution in der Stadt (mögliche Hybridisierung mit anderen öffentlichen Aufgaben, neue Typologien); sicherer Schulweg – generell kindergerechtere Umwelt
durch eine offensive Medienpolitik (Siehe unter „Öffentlichkeit & Image / Sonstiger Kommentar)

6) Öffentlichkeit und Image

· Architekturpolitik, nicht ArchitektInnenpolitik.
· Vermittlung der Alltagsqualität von Architektur.
· Architektur ist keine Stilfrage sondern eine Haltung.
· Formulierung eines übersichtlichen Leistungsbildes des ArchitektInnenberufs (Broschüre für potentielle Bauherrn).
· Auch für Laien verständliche Sprache.
· Baukulturelle Verantwortung; nicht nur für Einzelobjekte, sondern für die Summe aus neu + alt = "gebaute Umwelt"

Verfasser/in:
Harald Saiko, (mit Dank an die Plattform für Architektur und Baukultur Österreich)
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