07/12/2018

Ausstellung
Lager Liebenau
Ein Ort verdichteter Geschichte

Ausstellung der Stadt Graz und des Ludwig Boltzmann Instituts für Kriegsfolgenforschung

Gotische Halle
GrazMuseum
Sackstraße 10
8010 Graz

bis 18.04.2019
10:00 – 17:00 Uhr
täglich außer dienstags

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07/12/2018

Ausstellungsansicht

©: GrazMuseum

Lager für Puchwerke

©: AdBiK Fotoarchiv

Plan des Umsiedlerlagers V vom 10. Oktober 1940

©: Karl A. Kubinzky
©: GrazMuseum

Das Lager Liebenau wurde 1940 ursprünglich für umgesiedelte Volksdeutsche erbaut. Die Nähe zu Steyr Daimler Puch als kriegswichtiges Werk auf der gegenüberliegenden Seite der Mur gab den Anlass, es bald schon zum größten Zwangsarbeiterlager in Graz umzubauen.
„Ohne Zwangsarbeiter wäre die Rüstungsindustrie des NS-Staats schon früh zusammengebrochen“, vermerkt dazu Barbara Stelzl-Marx, Leiterin des Grazer Ludwig-Boltzmann-Instituts für Kriegsfolgenforschung. Die universitäre Einrichtung richtet diese Ausstellung gemeinsam mit dem GrazMuseum aus. Sein Direktor Otto Hochreiter sieht nicht zu Unrecht das Museum als einen Ort „ständiger tabufreier Erinnerung“. Aktuell läuft mit Im Kartenhaus der Republik im Hauptgebäude eine weitere Ausstellung, die den Weg von Graz in die NS-Zeit unter anderem nachzeichnet – eine von mehreren Auseinandersetzungen mit dem Nationalsozialismus in den letzten Jahren.

Wie alle Lager in der NS-Zeit war die als Lager V bezeichnete Liebenauer Anlage ein Ort der Grausamkeit. Gefangene wurden ausgebeutet, starben an Krankheiten oder Entkräftigung. Es gab Bestrafung, Folter, Mord und Hinrichtungen. Waren vorwiegend junge Männer die Insassen, gab es auch weibliche Inhaftierte. Perfide wurden Zwangsabtreibungen bei „fremdländischen Frauen“ angeordnet. Man richtete sogar vorsichtshalber ein Lagerbordell mit zur Prostitution genötigten Frauen ein, um jede „Rassenvermischung“ zu unterbinden. Trotzdem kamen 67 Kinder im Lager zur Welt.
1945 war Liebenau Zwischenstation für den über Rechnitz und Präbichl führenden, berüchtigten Todesmarsch ungarischer Jüdinnen und Juden. Kurz nach Kriegsende wurden zwei der verantwortlichen Lagerleiter von der britischen Besatzung zum Tode verurteilt.

Im Zuge des rasch einsetzenden Verdrängungsprozesses wuchs ab 1947 buchstäblich Gras über diese Örtlichkeit. Die Baracken wurden später zu einem Kindergarten. Bald wurden Wohnhäuser am Grundstück des ehemaligen Lagers gebaut. Nur der Hartnäckigkeit des Grazer Arztes Rainer Possert ist es zu verdanken, dass in den letzten zwei Jahrzehnten wieder diese Geschichte und damit auch teilweise der Ort ausgegraben wurde.

Gemeinsam mit ihren Mitkuratoren Bernhard Bachinger und Philipp Lesiak ist Barbara Stelzl-Marx in der Gotischen Halle eine illustrative Darstellung der Geschehnisse rund um das Lager Liebenau gelungen. Als Ergänzung zur Schau ist ein äußerst empfehlenswerter Dokumentationsband (Redaktion Katharina Bergmann-Pfleger und Robert Moretti) erschienen.
Begleitveranstaltungen werden spezielle Aspekte vertiefen.
Einen „weiteren wichtigen Teil der aktiven Erinnerungsarbeit“ nennt Kulturstadtrat Günther Riegler den Grund für die erweiterten Mittel, die die Stadt Graz für diese Ausstellung zur Verfügung gestellt hat.

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