02/02/2008
02/02/2008

Heavy Metal, 2005. Still

Buoy, 2003. Making of

Stabilize My Horizon, 2000/01, Making of

So genannte Branen repräsentieren bekannte Teilchen des Standardmodells der Teilchenphysik, deren vorrangiger Gegenstand die elektromagnetische, die schwache und die starke Wechselwirkung, sind. Die Bezeichnung Brane ist angelehnt an das englische Wort membrane; Branen sollten den unteilbaren, fundamentalen Konstituenten der Materie entsprechen und durch sie ist es möglich, das Unbeschreibbare, wie Schwarze Löcher, über die Einführung einer Membrane zu beschreiben Die erste Generalisierung als 1-Brane nennt man Schwarzen String (black string), die zweite als 2-Brane heißt Schwarze Brane (black brane). – So weit eine hoffentlich nicht völlig falsch zusammengefasste enzyklopädische Vorbemerkung zur aktuellen Ausstellung Black Brane des 1975 in Meran geborenen und in Wien lebenden Künstlers Tomas Eller.

Es sind in erster Linie Videos, in denen Tomas Eller performative Aktionen festhält, die durch Schnitt und Projektionsanordnung erweiterte Qualität erfahren und so über ihren dokumentarischen Charakter hinaus in einen ornamentalen reichen. In einer Vierkanal-Projektion mit dem Titel Stabilize My Horizon (2000/01) etwa sind vier Motorradfahrer zu sehen, die nachts eine kurvenreiche Bergstraße entlang fahren. Alle Fahrer tragen von Eller entworfene Licht reflektierende Anzüge und jedes Motorrad ist mit einer Kamera ausgestattet. Während die Fahrer einander permanent überholen, entstehen vier Schwarzweiß-Filme, die in der Ausstellung nebeneinander projiziert werden. Durch die reflektierenden Anzüge wirken die Fahrer zweidimensional vor schemenhaftem nächtlichen Hintergrund und nur zu vermutenden Horizont, auf den sie permanent zufahren. Als Rezipient tendiert man dazu, nach Koinzidenzen zu suchen, die es in dieser Präsentation aber nicht gibt, abgesehen davon, dass vier subjektiv festgehaltene Filme vier bewegten Standpunkten innerhalb derselben Situation entsprechen, was wiederum an die jeweils subjektive Konstruktion vermeintlich objektiver zu beschreibender Wirklichkeiten verweist.

Bewegungen von Objekten – Menschen, Maschinen –, die innerhalb eines Zeitrahmens Strukturen im zumeist nicht näher definierten Raum hinterlassen bzw. Strukturen, über die erst wie bei oben genannten Branen Raum generiert wird, sind offensichtlich Ausgangsmaterial für Variationen eines Themas in Tomas Ellers Arbeiten. So bewegen sich nach einer zuvor festgelegten Choreografie Pistengeräte, wiederum nachts und jetzt bei Schneefall, auf weißer Fläche. In der Totale erfasst eine Kamera diesen Ablauf, der nur von den Scheinwerfern der sich bewegenden Pistenraupen ausgeleuchtet wird. Ein acht Minuten langes Video aus dem Jahr 2005 zeigt eine zu Black Metal tanzende Menschenmenge im Licht bewegter Stroboskopscheinwerfer und in harten, alternierenden Gegenschnitten – jetzt ohne Akustik – nächtlichen Sternenhimmel; Heavy Metal, so der Titel.

Im vorderen Raum des Medienturms tragen acht schwarze Tondi für Laien kryptische mathematische Formeln, die „magnetische Felder in einem leeren Raum“ beschreiben oder die „Aufenthaltswahrscheinlichkeit eines Teilchens in einem magnetischen Feld“ oder das „Gefüge der Raum-Zeit-Geometrie eines Schwarzen Loches“ – physikalische Phänomene, die Tomas Eller mit seinen Arbeiten einem künstlerisch assoziativen Muster gegenüberstellt.
Zu Tomas Ellers Personale im Grazer Medienturm ist ein Katalog mit Essays von Sandro Droschl, Sabine Gamper und Mariella Rossi erschienen.

Black Brane von Tomas Eller ist noch bis zum 16. Februar 2008 im Kunstverein Medienturm, Josefigasse 1, 8020 Graz, zu sehen, Informationen unter www.medienturm.at

Verfasser/in:
Wenzel Mracek, Empfehlung
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