04/12/2019

MINUS – Erdgeschoßzonen

Die Problematik der Erdgeschoßzonen in der dichten Stadt.

Drei Beispiele in Graz-Gries

  • Ungergasse
  • Idlhofgasse
  • Zweiglgasse

Diese drei Investoren- wohnbauten bieten keinerlei Kerngebietsfunktionen in den Erdgeschoßzonen und tragen daher nichts zur Stärkung des Zentrums bei, ist Elisabeth Kabelis-Lechner überzeugt.

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In der Kommentar-Reihe PLUS / MINUS werden kurz und bündig positive wie negative Gestaltungen und Details aufgezeigt, die das Auge erfreuen oder beleidigen.

Sollten Sie, werte Leserin und werter Leser, auch bemerkenswerte Entdeckungen im öffentlichen Raum machen, so laden wir Sie ein, diese abzulichten und im jpg-Format mit einem kurzen Text und Ihrem Namen per eMail an redaktion@gat.st zu senden.

04/12/2019

Beispiel 1 – einsehbare Parterrewohnungen

©: Elisabeth Kabelis-Lechner

Beispiel 1 – Detail

©: Elisabeth Kabelis-Lechner

Beispiel 2 – hier sollte ein Cafe sein

©: Elisabeth Kabelis-Lechner

Beispiel 2 – Statt des Cafes wurde ein Büro eingebaut

©: Elisabeth Kabelis-Lechner

Beispiel 2 – Parterrewohnung mit selbstgebautem Sichtschutz im Hof

©: Elisabeth Kabelis-Lechner

Beispiel 3 – Erdgeschoß als offene Garage mit Lochblechfassade

©: Elisabeth Kabelis-Lechner

Zur Problematik der Erdgeschoßzonen von Neubauten in Graz anhand dreier Beispiele: Ungergasse, Idlhofgasse und Zweiglgasse.

Die drei Negativbeispiele – allesamt dichte Wohnanlagen – befinden sich im Bezirk Gries. Hier werden seit einigen Jahren Wohnbauten richtiggehend aus dem Boden gestampft. Aufgrund der Änderung der Baulandkategorie von WA (Wohnen Allgemein) in KG+WA(EA) (Kerngebiet mit Wohnen Allgemein und Einkaufszentrumausschluss) mit einhergehender starker Anhebung der Bebauungsdichten von max. 1,4 auf nun max. 2,5 im neuen Flächenwidmungsplan 4.0 lassen sich hier gute Gewinne einfahren.
Auch diese drei Beispiele liegen in der oben erwähnten Baulandkategorie KG+WA(EA). Die Umwidmungen wurde seitens der Stadt mit der Stärkung des Stadtzentrums bzw. der gemischt genutzten Erdgeschoßzone begründet. Gegen diese Art der Dichteerhöhung, vor allem in den Bezirken Gries und Lend, gab es auch Einwendungen. Man befürchtete, dass Wohnbauten mit hoher Dichte aber wenig Qualität entstehen werden, die eben nicht zur geplanten Stärkung des Zentrums beitragen würden.
Die drei Beispiele bestätigen diese Befürchtungen und zeigen, dass im "Investorenwohnbau" zwar gerne mit Urbanität, vielfältigem Angebot und trendiger Lage geworben wird, dieser aber selbst wenig bis gar nichts dazu beiträgt. Denn die drei Wohnanlagen nutzten die Höchstdichte zwar aus, bieten aber keine Kerngebietsfunktionen in der Erdgeschoßzone an, die zur Stärkung des Zentrums auch nur ansatzweise beitragen würden. In den lieblos gestalteten Erdgeschoßzonen liegen minderwertige Parterrewohnungen oder Garagen.
  • Beispiel 1 – Erdgeschoßnutzung am Beispiel Eckhaus Ungergasse / Idlhofgasse 48: einsehbare Parterrewohnungen.
  • Beispiel 2 – Erdgeschoßnutzung am Beispiel Haus Idlhofgasse 45 / Ungergasse. Ein im Architektenprojekt angekündigter „halböffentlicher Platz mit Cafe an der Ecke als kommunikatives Entree“ wird (wohl auch aufgrund der sehr unattraktiven Ausführung und der niedrigen Raumhöhe) als überdachter Zweiradabstellplatz und Büro – von jener Baufirma, die beide Gebäude errichtet hat – genutzt. Im Bauteil in der Idlhofgasse liegen direkt von der Straße zugängliche Parterrewohnungen, die sich sogar im öffentlich begehbaren Hof vor Einblicken schützen müssen!
  • Beispiel 3 – Erdgeschoßnutzung am Beispiel Neubau Ecke Langegasse / Zweiglgasse mit dem klingenden Projektnamen Oasis an der Mur gegenüber der Grazer Synagoge. Hier wird das Erdgeschoß als offene Garage mit hässlicher Lochblechfassade genutzt.

Für eine qualitätsvolle Entwicklung zentrumsnaher Gebiete, ist es erforderlich, den Erdgeschoßzonen als Verbindung zwischen öffentlichem und privatem Raum wesentlich mehr Aufmerksamkeit und Bedeutung beizumessen. Auch wenn es nicht immer sofort gelingt, Mieter für Geschäfte, Gastronomie oder Gewerbe zu finden, so müssen Erdgeschoßzonen an Straßen doch nutzungsneutral geplant und architektonisch attraktiv gestaltet werden und entsprechende Geschoßhöhen aufweisen. Dies sollte verbindend vorgeschrieben werden. Werden jedoch von vornherein nur Wohnnutzungen, Müllräume oder Garagen mit niedrigen Höhen geplant, ist das Potenzial attraktiver Erdgeschoßzonen zur Belebung und Attraktivierung des öffentlichen Raums für immer verspielt.

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