15/01/2021

MINUS – Zwanzigeinundzwanzig

Zur Aussprache des gerade angefangenen Jahres 2021

Kommentar von Karin Tschavgova

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In der GAT-Kommentar-Reihe
PLUS / MINUS werden kurz und bündig positive wie negative Gestaltungen und Details aufgezeigt, die das Auge (in diesem Fall das Ohr) erfreuen oder beleidigen..

Sollten Sie, werte Leserin und werter Leser, auch bemerkenswerte Entdeckungen im öffentlichen Raum machen, so laden wir Sie ein, diese abzulichten und im jpg-Format mit einem kurzen Text und Ihrem Namen per eMail an redaktion@gat.st zu senden.

15/01/2021

Ich ziehe eine erste Bilanz des Jahres 2021. Stimmt, es ist früh im Jahr für eine Bilanz, hat das Jahr doch erst zwei Wochen hinter sich. Das weiß ich, doch mein Ärger über die Sache ist bereits so groß, dass mein MINUS jetzt raus muss – ganz ohne theoretische Begründungen, ohne Recherche, ohne den Anker der Statistik und ohne journalistisches Objektivitätsgebot (sofern es dieses überhaupt gibt in Textarten, die nicht Nachricht oder Schauplatzbericht sind).
Mein Schauplatz ist ein Hörplatz, wiewohl es nicht ums Hören an sich geht. Das, was ich von früh bis spät aus dem Rundfunk höre, empfinde ich – gänzlich subjektiv – als Angriff. Zugegeben, es trifft eine besonders sensible Stelle, vielleicht sogar einen überempfindlichen Punkt bei mir und das wahrscheinlich berufsbedingt, denn meine Arbeit ist eine mit der Sprache oder auch, mithilfe der Sprache.
Es geht um die Aussprache des Jahres, das erst seinen Auftakt hat. 2021 heißt nicht 2Tausend21, sondern neuerdings Zwanzigeinundzwanzig, also 20, 21.
Ob es etwas mit dem allgemeinen Aufruf zum Abstandhalten zu tun hat, dass es 20   21 heißt. Wie wär’s mit 20/21 oder 20-21?
Mein Geburtsjahr war und bleibt 19hundert54. Auch erinnere ich mich nicht, dass 2019 nicht 2tausend19 (Aussprache), sondern 20, 19 hieß. Sagt irgendwer in Erinnerung an Graz als Kulturhauptstadt, dass das 20, 3 oder
20, 03 war? Sie haben recht, werter Leser, es war 1938, als der 2. Weltkrieg begonnen wurde. 19, 38 oder Neunzehnachtunddreißig. Wie auch immer ausgesprochen, bleibt 1938 in seiner Bedeutung eine grausame Zahl.
Und macht mir natürlich deutlich, dass es um Inhalte geht und nicht um die Form. Ich habe Sie gewarnt vor diesem MINUS, in dem ich keinerlei Argumente für meine Ablehnung anführen kann. Außer, dass Zweitausendeinundzwanzig in meinen Ohren schöner klingt. Vielleicht, weil das Wort so herrlich lang ist, es so lange dauert und uns noch so viel Besseres bringen kann – das Jahr 2021.

Karin Tschavgova

Pardon! Der Fehler hat sich eingeschlichen, nachdem ich beim letzten Durchlesen das ursprünglich gedachte Beispiel für 1938, den Anschluss Österreichs an Deutschland im März dieses Jahres, auf ein weniger österreichspezifisches Datum geändert hatte und - bevor ich auch die Jahreszahl änderte - der langerwartete Elektriker eintraf. Danach (zu) rasch noch abgeschickt, c'est tout!
Recherche braucht eine Tschavgova dafür nicht.

Mo. 18/01/2021 10:48 Permalink
Eva Guttmann

Recherche wäre vielleicht doch nicht schlecht. Der 2. Weltkrieg begann 1939.
Abgesehen davon: Das sind Probleme!

Fr. 15/01/2021 5:56 Permalink
Christian Andexer

Die Dilatation der Zeitrechnung könnte mit dem Jahr Zweitausend begonnen haben. Der Film 2001 "Odyssee im Weltraum" von Stanley Kubrick markierte den Wechsel der Jahrhunderte in ein Jahrtausend und gab ihm mit der Zahl 1 einen neuen Zauber. Dieser lebte im Grazer Kulturjahr 2003 und bis in das Jahr Zweitausend10 fort. Dann wurde es schon etwas mühsam, 2013, naja und erst 2017, wie Apollo 17- schon längst vergessen! Im eigentlich SENSATIONELLEN JAHR ZWEITAUSENDZWANZIG holte uns die Vergangenheit wieder ein. Klimakrise, Umweltzerstörung, Vertriebene, Pandemie, Kriege, Not, Mißachtung der Menschenrechte, Armut - auch im Geist der westlichen Welt geben in einer vorsintflutlichen populistisch kapitalistischen Welt aus dem letzen Jahrhundert wieder kräftige Lebenszeichen. Der Zauber ist gegangen. Vielleicht sollten wir es in Zukunft mit "21" versuchen?

Di. 19/01/2021 6:14 Permalink
Netzwerktreffen
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