23/08/2010
23/08/2010

mojo-Team 2010 mit dem Grazer Bürgermeister Siegi Nagl

In „Easterncape“, einer der ärmsten Regionen Südafrikas, soll mit einem 250 m² großen Projekt (60 m² Klassenraum und 190 m² Außenanlagen) der erste Teil einer neuen Schule entstehen.

Wohneinheit für Workshoplehrer (2009), Ithuba Skills College Montic, Johannesburg, SüdafrikaTeam vor Ort: DI Gernot Kupfer, DI(FH) Peter Stiehl und zwanzig Studierende der TU Graz und der TU Wien

Holzwerkstatt (2009), Ithuba Skills College Montic, Johannesburg, SüdafrikaTeam vor Ort: DI Gernot Kupfer, DI(FH) Peter Stiehl, Rast Phumlani und zehn Schüler des Ithuba Skills College. Fotos: Archiv Mojo Fullscale Studio

mojo-Team 2010 mit dem Projektleiter DI Kupfer

Die heurige Förderung des Architekturexportes durch Landesrat Dr. Christian Buchmann führte zu einer angeregten Diskussion in der Steiermark: Wie kann Architektur exportiert werden, wie kann der Export unterstützt werden, wo liegen die Probleme, wie groß sind die Chancen? Während auf höchster Ebene über den Architekturexport nachgedacht wird, gibt es an der TU Graz eine engagierte Gruppe, welche den Export von Architektur in aller Konsequenz betreibt.

„MOJO“ ist ein von DI Gernot Kupfer (Institut für Architekturtechnologie) gegründeter, gemeinnütziger Verein, welcher das Ziel verfolgt, die Praxisnähe der Architekturausbildung an der Technischen Universität zu fördern. Der Name des Vereins leitet sich von einem der ersten Projekte, dem „Ithuba Skills College Montic“ in Johannesburg ab, welches 2008 fertiggestellt wurde. An diesem Projekt waren neben der TU Graz sechs weitere Architekturfakultäten, unter anderem die RWTH Aachen und die TU München mit Einzelprojekten beteiligt.
Während der Ausbildung würden vermehrt unrealistische Bilder und Visionen von unbaubarer Architektur in den Vorderrund rücken, wohingegen im Berufsalltag die Umsetzbarkeit von Entwürfen eine wesentliche Rolle spiele, so Kupfer. Die Lösung bietet Kupfer als „Studio“ im Zuge des „Master Studiums“ an: Im Rahmen der Projekte, welche seit 2005 laufen, werden Bauten nicht nur geplant, sondern von den Studierenden selbst vor Ort gebaut. Diese „Fullscale Projekte“ lassen sich nur durch die Unterstützung von Sponsoren und Förderern verwirklichen. Die Gesamtkosten des aktuellen Projektes betragen etwa 80.000 Euro.
Als Bauherr und Betreiber fungiert der Verein „S²Arch – Social Sustainable Architecture“ des Politikers Christoph Chorherr. Die Grundstücke werden unter anderem von Exilösterreichern zur Verfügung gestellt.

Am Mittwoch, dem 11.08.2010, brachen fünfzehn Studierende von Graz aus nach Südafrika auf, um die Realisierung eines neuen Projektes zu starten. In „Eastern Cape“, einer der ärmsten Regionen Südafrikas, soll mit einem 250 m² großen Projekt (60 m² Klassenraum und 190 m² Außenanlagen) der erste Teil einer neuen Schule entstehen. Die Vorbereitungen dafür laufen seit etwa sechs Monaten. Gemeinsam mit der TU München wurde ein Masterplan für das Areal entworfen, welcher nun in Etappen umgesetzt werden soll. Den Beginn macht ein Klassenzimmer zuzüglich einer Veranda und Freibereichen mit einem bewirtschafteten „Naschgarten“ und einem Spielbereich. Die TU München startet parallel den zweiten Klassenraum mit ähnlichen Außenanlagen.
Am Anfang der Planung eines solchen „Fullscale Projektes“ steht die Auseinandersetzung mit der regionalen Kultur, den klimatischen Bedingungen sowie den zur Verfügung stehenden Baustoffen vor Ort. Die entwickelten Systeme müssen vor allem einfach, ohne die Unterstützung von Profis, und in sehr kurzer Zeit umsetzbar sein. Erschwerend kommt hinzu, dass es an Strom und professionellem Werkzeug mangelt.
Im Rahmen der ersten Projekte in der Nähe von Johannesburg setzten die Teams auf Holzbauten, mussten aber feststellen, dass Holz unter den dortigen Klimabedingungen deutlich schneller altert als bei uns. Zusätzlich gilt es, ein ungewöhnlich geringes Verantwortungsbewusstsein für die Bauten einzukalkulieren: Werden Schäden oder Mängel an Bauten in Österreich üblicherweise erkannt und behoben, so ist das in Südafrika keine Selbstverständlichkeit.
Auf Basis der bisherigen Erfahrungen und im Sinne der Langlebigkeit soll das heurige Projekt größtenteils in Massivbauweise umgesetzt werden. Um die Identifikation der Bevölkerung mit dem Bau bestmöglich zu fördern, werden die BewohnerInnen der Umgebung im Rahmen der Umsetzung bewusst zur Mithilfe motiviert. Ein nachhaltiger Mehrwert des Projektes soll unter anderem in einem öffentlichen Brunnen liegen, welcher der Gemeinschaft zur Verfügung gestellt wird. Die Schule selbst soll energetisch autark funktionieren, eventuell durch Ausnutzung der Windkraft.

Die Projekte, welche Gernot Kupfer mit seinem Verein MOJO auf die Beine stellt, sind eine bleibende Erfahrung und eine unbezahlbare Bereicherung für alle Beteiligten, von den Studierenden, über die am Bau beteiligte Bevölkerung bis hin zu den künftigen Schülern vor Ort. Es verwundert, dass diese großartige Form der Wissensvermittlung bislang auf dem freiwilligen Engagement Einzelner basiert und nicht als selbstverständliche Pflichtveranstaltung in die Architekturausbildung aufgenommen wird. Selbst wenn die Projekte in ihrer derzeitigen Form nicht massentauglich sein dürften, so sollte doch das Konzept an der TU Graz Schule machen.

KONTAKT:
Mojo Fullscale Studio
Mariahilferstraße 32
8020 Graz

F +43 (0)316/76 56 75-55
M +43 (0)650/967 88 88
Kontaktperson: DI Gernot Kupfer

Verfasser/in:
Martin Brischnik, Bericht
Netzwerktreffen
16. + 17.11.2023
 
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