26/03/2008
26/03/2008

Giselbert Hoke und Günter Koberg. Foto: wm

Palettenbild 10, 2006, Acryl-Cellulose auf Packpapier, 78 x 98 cm, Foto: © Ernst Peter Prokop, Klagenfurt

Nada 14, 06/2005, Acryl-Zellulose auf Leinwand, 199,5 x 262 cm, Foto: © Armin Guerino, 2006

Nada 2, 2005, Acryl-Zellulose auf Leinwand, 220,5 x 291 cm, Foto: © Armin Guerino, 2006

Im Zentrum der Ausstellung im Künstlerhaus Graz stehen die großen, titelgebenden Formate, jeweils um die 220 x 290 cm, aus den Jahren 2004 bis 2006. „Nada“ - Malerei, vor der die Crux bezeichnender Termini wie Informel oder Abstraktion einmal mehr und hier umso deutlicher werden. Malerei aus der Imagination mag noch am ehesten die Arbeitsweise beschreiben, während das Paradoxon formloser Bilder ohnehin weniger Sprachproblem ist, als vielmehr unmöglich. Abstraktion dagegen hätte Gegenständliches zum Motiv oder die menschliche Figur, was für einen großen Teil des Werkes von Giselbert Hoke zutrifft, nicht mehr aber für diese Serie, die mit dem Untertitel der Ausstellung allerdings in eine weiteres Paradoxon zu führen scheint - „Das wirksame Nichts“.

Der Kunsthistoriker Wieland Schmied, der in mehreren Publikationen und zuletzt im 2006 erschienenen Buch das Werk Giselbert Hokes begleitet, bemerkte zur Eröffnung von Nada: „Das ist ein anderer, ein neuer Hoke. ‘Nada’ sind Entwicklungen aus schon früherer Reduktion gegenständlicher Zeichen, die zunehmend karger, spröder wurden.“ Schon immer entzögen sich die abstrahierten Landschaften und Figuren in Hokes Bildern dem Betrachter, nun erinnerten gerade noch Farbkonstellationen, Collage und eingekratzte Details an besagte Zeichen. Keine Referenzen oder Vergleiche formaler oder inhaltlicher Natur sollen angestellt werden, nachdem Hoke selbst keinerlei Bezüge zum Werk anderer Künstler zulässt. Da waren gerade noch die Eindrücke von Picasso, als er 1949, mit 21 Jahren den Wettbewerb zur Gestaltung der Fresken im Klagenfurter Bahnhof gewann. Die wurden nach langen Querelen von 1954 bis 1956 ausgeführt und hatten einen veritablen Skandal zur Folge, den viele als „heute kaum mehr nachvollziehbar“ beschreiben. Dagegen muss dem Kärntner Klima im allgemeinen - und speziell die Kunst betreffend - aber wohl bis heute ein Sonderstatus attestiert werden, denkt man etwa an die politisch instrumentalisierten Vorgänge um Cornelius Koligs Raumgestaltung im Kärntner Landhaus vor wenigen Jahren und ähnliche Beispiele, die hier nicht weiter ausgeführt werden wollen. Hokes Werk jedenfalls entwickelte sich seit jenen Fresken in originärer Weise, wenngleich Wieland Schmied Richard Serra nennt oder Ad Reinhardt, zu ergänzen wäre vielleicht eher Antonio Tápies. Eine gewisse Nähe allerdings besteht, wenn überhaupt, in der auktorialen Haltung und nicht vordergründig in der Form.

Es mag launisch klingen, entspricht aber der künstlerischen Entwicklung, als Essenz lebenslanger bildnerischer Arbeit, wenn der achtzigjährige, in Südkärnten lebende Hoke anmerkt, dass Nada im Spanischen Nichts bedeutet, dagegen im Slowenischen Hoffnung. „Bei mir ist nichts auf dem Bild. Ich habe es satt, große Gegenstände oder Themen im Bild zu bearbeiten. Das Thema ist das Bild. Dafür habe ich ein Haus gebaut, dort sind die Bilder drinnen.“

In diesem „Werkhaus“, dass Hoke neben seinem Schloss Saager an der Drau errichtete, haben Günter Koberg und Christian Fröhlich ein mehrere Stunden langes Gespräch mit Giselbert Hoke geführt und auf Video festgehalten. In einer zweistündigen Version ist das Video mit dem Titel „Der Raum gehört nicht mir“ im Grafikraum des Künstlerhauses zu sehen.

Parallel zur Ausstellung im Künstlerhaus haben Koberg und Fröhlich eine Videoinstallation auf Basis dieses Gespräches in der Alten Technik, an der Fakultät für Architektur, als Hommage eingerichtet. 1974 wurde Giselbert Hoke als Professor an die Architekturfakultät der TU Graz berufen. Dort wurde er mit der Gründung des Instituts für Künstlerische Gestaltung beauftragt, das er im Stift Rein bis zu seiner Emeritierung 1995 leitete. Hoke wird so medial an seine langjährige Wirkungsstätte zurückgeholt und spricht über Kunst, Architektur und sein Wirken an der TU. Die Installation „Der Raum gehört nicht mir“ stellt auch eine Erinnerung an die so genannten „Motivationsgespräche“ dar, wie sie für die Lehre Hokes gegenüber seinen Studenten charakteristisch war. Ein virtueller Dialog entsteht, wenn ehemalige Schüler und Mitarbeiter des Künstlers in zusätzlichen Videoeinspielungen auf bestimmte Stichworte scheinbar simultan reagieren. Neben anderen mehr kommen Annemarie D. Humele, Eugen Hein oder Bruno Wildbach zu Wort.
Nochmals Wieland Schmied zu Nada: „ Wenn der Künstler sagt, er habe sich nichts dabei gedacht, kann das sehr viel bedeuten.“

"Nada – Das Wirksame Nicht"
Die Ausstellung im Künstlerhaus Graz, Burggasse 2 (geöffnet Mo-Sa 10.00-18.00 Uhr; So u. Feiertag 10.00-13.00 Uhr), ist eine Kooperation der Grazer Sezession, deren Mitglied Giselbert Hoke ist, und dem Künstlerhaus am Landesmuseum Joanneum unter Leitung von Werner Fenz.

"Der Raum gehört nicht mir"
Die Videoinstallation von Günter Koberg und Christian Fröhlich ist an der TU Graz, Foyer HS 2, Rechbauerstraße 12, zu sehen (geöffnet täglich 10.00-18.00 Uhr).

Beide Ausstellungen laufen bis zum 6. April 2008.

Verfasser/in:
Wenzel Mracek, Empfehlung
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