04/02/2008
04/02/2008

Foto: el

Einsatzort Oeverseepark Graz.
Datum: 31.01.2008, Uhrzeit: 9.25 Uhr. Augenzeugin: eine Läuferin

Bisher wusste jene Läuferin, die am Morgen des 31.01.2008 in einem menschenleeren, friedlichen Oeverseepark ihre Runden zieht, nicht genau, was die Ordnungswache in Graz - in ihrer Funktion eine Vermischung aus alter Bürgerwehr, Polizei und Parkwächter - eigentlich so von 8.00 bis 23.00 Uhr zu tun hat, außer die Einhaltung des Alkoholverbotes am Hauptplatz zu kontrollieren, die Bettler aus dem schönen Stadtbild zu vertreiben und die „Wildpinkler“ davon abzuhalten, dass feuchter Wind aus der Wildnis zurückströmt. Als um 9.25 Uhr zwei Organe der Ordnungswache den Park betreten, wird ihr aber klar, dass es auch noch geheimere Missionen geben muss. Die beiden Ordnungswächter gehen zielstrebig zum Ententeich und starren hinein. Es scheint etwas, den bürgerlichen Anstoß Erregendes, passiert zu sein. Haben sich die Goldfische nicht ans Alkoholverbot gehalten oder hat gar ein Erpelwild gegen den Wind gepinkelt? Oder haben die Tauben um Futter gebettelt, wo doch Betteln und Tauben füttern verboten ist?

Die noch immer einzige Parkbesucherin, besagte Läuferin, unterbricht ihre sportliche Aktivität und fragt die Ordnungswächter verwundert und neugierig geworden, was sie denn da zu tun hätten. Der Sinn der „Geheimmission“ klärt sich mit einer knappen Antwort der Ordnungswächter rasch auf: „Wir gehen spazieren und schauen uns um!“ Soso, aha. Da drängen sich gleich die nächsten Fragen auf, nämlich, ob das denn nicht viele GrazerInnen täten, die in einen Park gehen - im Gegensatz zu den Wachorganen aber ohne Uniform und Bezahlung? Und: Sollten die Ordnungswächter nicht vielleicht dann präsent sein, wenn ein Park belebt ist, zum Beispiel abends? Aber, dann wär´s halt nicht mehr so gemütlich, für die Ordnungswächter, versteht sich.

Die noch neugieriger gewordene Läuferin beschließt bei der zuständigen Stelle, beim Straßenamt der Stadt Graz, anzurufen. Sie erfährt, dass die Ordnungswache neben der Ausübung ihrer Zuständigkeiten, wie die Kontrolle der widerrechtlichen Taubenfütterung und der Leinen- und Beißkorbpflicht, außerdem dreimal pro Woche abends, in Begleitung von Polizisten des Wachpostens Karlau, im Oeverseepark ihren Dienst verrichtet. Die Läuferin ist kurz zufrieden, bis ihr die Polizei erklärt, dass die gemeinsame Mission nur unregelmäßig stattfindet, nämlich vor allem dann, wenn die im Park Fußball spielenden Türken „Probleme“ machen. Denn die Ordnungswache darf keine fremdenpolizeilichen Erhebungen gegen türkische Staatsbürger durchführen, so die Auskunft. Da ist die Läuferin nicht mehr zufrieden, sondern wirklich aufgebracht: Wo sollen den diese Menschen dann Fußball spielen? Ein klarer Fall von Vertreibung aus dem öffentlichen Raum!

Verfasser/in:
Elisabeth Lechner, Kommentar
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