22/04/2012
22/04/2012

Präsentation des Baukulturreports 2011, am 12.04.2012 im Kunsthaus Graz.

Cover

Blick ins Publikum: Eva Guttmann, Günter Koberg, Bernhard Steger, Volker Dienst, Franz Voves und Andreas Tropper. Fotos: M. Brischnik

Am 12. April 2012 wurde im Grazer Kunsthaus der Baukulturreports 2011 präsentiert, in dem die Steiermark mehrmals lobend erwähnt wird.

Unter anderem finden sich die beiden steirischen Gestaltungsbeiräte (Graz und südsteirisches Weinland) sowie die gegenwärtige steirische Regionalplanung auf Bezirksebene (seit 2006) und die Novellierung des Raumordnungsgesetzes von 2010, der Zusammenschluss zu Kleinregionen auf Gemeindeebene und die Bildung von sieben Großregionen unter den „Best Practice“-Beispielen. Da letztere bislang noch nicht umgesetzt bzw. evaluiert sind und deren tatsächliche Auswirkungen, vor allem hinsichtlich der Baukultur und der Raumplanung, unklar sind, ist dieses Lob mit Vorsicht zu genießen.

In Bezug auf das Raumordnungsgesetz wird u. a. das Raumplanungsinstrument der Siedlungsschwerpunkte im Bericht positiv hervorgehoben, allerdings ohne den häufig betriebenen Missbrauch durch die maximale Anzahlausweisung zu erwähnen bzw. genauer zu hinterleuchten. Die Problematik des Auffüllungsgebietes fand keinen Eingang in den Bericht. Die Novellierung des Raumordnungsgesetzes 2010 in der Steiermark wird im Baukulturreport allerdings „als kontraproduktiv kommentiert, weil dadurch sogar noch eine weitere Zersiedelung ermöglicht wurde“ (Volker Dienst, Kommune als Bauherr, S. 98).

Positiv erwähnt werden weiters die „Baupolitischen Leitsätze des Landes Steiermark“ als politisches Bekenntnis. Dass es den Umgang mit Baukultur betreffend in der Steiermark häufig nur bei Lippenbekenntnissen bleibt und in der Praxis nach wie vor kein konsequentes Umdenken hinsichtlich der baupolitischen Verantwortung wahrnehmbar ist, unterschlägt der Baukulturreport. Es gibt, was die Verbindlichkeit der Baupolitischen Leitsätze angeht, noch vieles zu bewältigen. So müssten diese, nachdem sie von der Landesregierung einstimmig beschlossen wurden, auch vom Landtag angenommen werden. Das angestrebte Ziel, die Baupolitischen Leitsätze in der Verwaltung verbindlich zu implementieren, ist bislang nicht gelungen. Vor allem das Wohnbaureferat scheint keinen Anreiz zu sehen, sich an die Leitsätze zu halten.

Der Report gliedert sich in die drei Themengebiete „Zukunftsfähig“, „Bürgernah“ und „Kompetent“. Allen dreien ist gemein, dass das Thema Baukultur sehr sachlich betrachtet wird. In übersichtlicher Form werden die Argumente für Baukultur in Zahlen und Fakten erbracht. Kritik ist eher zwischen den Zeilen zu lesen – das Thema Baukultur wird vor allem anhand von ausgewählten „Best Practice“-Beispielen nahegebracht.

Eines der zentralen Themen des Baukulturreportes ist der Aufruf, Gebäude anhand ihrer Lebenszykluskosten zu bewerten. ZT-Kammerpräsident Gerald Fuxjäger bezeichnete diese Berechnungsform als sinnvolle Ergänzung „einer intelligenten Form des Bauens“ und wünscht sich, dass die Diskussionen „in den nächsten fünf Jahren in diese Richtung der Umsetzung verstärkt werden“. Diese Betrachtung der Kostenseite von Gebäuden macht zweifelsohne Sinn und würde einen wichtigen Beitrag zur Nachhaltigkeit leisten. Gebäude würden dann nicht nur aufgrund ihrer günstigen Baukosten bewertet, sondern auch die Aspekte der Wartung, Reinigung, des Betriebes etc. einbezogen werden. Neben dem Mehrwert für die BauherrInnen bleiben die Folgen für die PlanerInnen allerdings dahingestellt, gestaltet sich die Planung von Gebäuden schon gegenwärtig in der Wettbewerbsphase immer häufiger zur komplexen Rechenaufgabe. Die wirtschaftliche Situation und die prekären Arbeitsverhältnisse der heimischen ArchitektInnen hinsichtlich ihrer Honorare, ihrer Aufgabengebiete und des Wettbewerbswesens, die 2006 noch Thema des Baukulturreports waren, vermisst man im Baukulturreport 2011.

Aus steirischer Sicht wäre es durchaus positiv gewesen, hätte man in dem Baukulturreport auch die verbesserungswürdige Vergabekultur in der Steiermark kritischer betrachtet.
Zentrale Forderungen der Verfasser des Baukulturreports 2011 an diesem Abend waren die Stärkung der Fachkompetenz, das Durchführen von engagierten Pilotprojekten und der Ausbau des Beiratssystems. Die Abschaffung des Raumordnungsbeirates sowie des Kulturbeirates (beide nach Redaktionsschluss des BKR 2011) zeigen eine andere Seite des steirischen Beiratswesens auf.

Die Präsentation des beschönigenden Reports mit anschließender Podiumsdiskussion zeugte alles in allem von wenig Spannung. Einzig die extravagante Moderation des Salzburger Architekten Max Rieder sorgte beim Publikum für Raunen und Gesprächsstoff. Es bleibt der Eindruck, als wären die DiskutantInnen angewiesen worden, vor dem Landeshauptmann keine Kritik anzubringen. Landeshauptmann Franz Voves, welcher die Veranstaltung gleich nach dem offiziellen Ende verließ, stellte sich auch den nachfolgenden Diskussionen im HDA leider nicht mehr.

Verfasser/in:
Martin Brischnik, Petra Kickenweitz; Kommentar
Tschavgova

Ja, wenn’s nur das Wohnbaureferat wäre, das sich (lt.Artikel) baukulturleitlinienresistent zeigt! Wo wurden diese in der Steiermark seit 2009 denn erfolgreich umgesetzt? Fehlender Umsetzungswille zeigt sich anhand der beiden Kindergartenbauoffensiven, deren erste 2008 in der Steiermark beschlossen und die danach mit viel Geld gefördert wurden. Diese Förderungen mit bis zu 60% hätte man zum Anlass nehmen können, die Gemeinden generell zu verpflichten, ihrer Bautätigkeit Wettbewerbe vorauszuschicken. Das ist nicht geschehen und so sind die meisten Kindergärtenumbauten, - erweiterungen und Neubauten durch Direktvergabe entstanden. Business as usual – diese Ergebnisse kann man sich in Orten wie zB. in Unterpremstätten oder Ratsch anschauen. Meriten kann die Steiermark (einst architektonisches Vorzeigeland) mit diesen nicht erreichen, es reicht nicht mal für eine gute Publikation, auch wenn die Bürgermeister mit „ihren“ Produkten und ihren „schon aus Tradition“ für sie bauenden Hofbaumeistern zufrieden sind. Wieviele der bei dieser Offensive gebauten Kindergärten und –krippen tatsächlich über vorausgegangene qualitätsfördernde Wettbewerbe entstanden sind, wollte ich Ende Mai 2011 zuerst telefonisch und dann schriftlich vom für Kindergartenbau zuständigen Amt der Landesregierung für einen Artikel recherchieren. Die Antwort? Die kam bis heute nicht. Auch keine einzige Reaktion auf meinen danach im Spectrum erschienenen Artikel http://www.nextroom.at/article.php?id=34442 von den Zuständigen, die die Baukulturleitlinien 2009 stolz im HDA präsentierten. Ignorieren von Kritik, die hierzulande ja nie konstruktiv aufgefasst wird, scheint ihnen die bessere Taktik zu sein. Vielleicht ist es auch „nur“ Phantasielosigkeit, Amtsmüdigkeit, Dienst nach Vorschrift oder sind es die berühmten Sachzwänge, die die Verantwortlichen in Untätigkeit verharren und Baukulturleitlinien papieren bleiben lassen. Dass ein Baukulturreport solches nicht schonungslos und offen aufzeigt, rückt ihn in die Nähe von Hofberichterstattung und macht derartige Präsentationen meiner Ansicht nach so zahn- und sinnlos, dass man sich das Hingehen sparen kann. Das habe ich getan, nicht aus Desinteresse an Baukultur und Architekturvermittlung, sondern angesichts vergeblichen Anschreibens und Bemühens selbst bei mir auftretender „Amtsmüdigkeit“.

Mo. 23/04/2012 10:12 Permalink
Peter Laukhardt

Ich habe mich nach der erwähnten Präsentation als Einziger zu Wort gemeldet und die beschönigende Darstellung des STEK der Stadt Graz im Report kritisiert. Vor allem die Behandlung der zum STEK 201 erhobenen Einwendungen der engagierten Grazer Bürger, die bei der Zukunftsgestaltung ihrer Stadt mitwirken wollen, durch die Stadtplanung und die Politik kann ich nur als abgehoben und bürgerfremd bezeichnen. Ich werde weiterhin mit Amtsaufsichtsbeschwerden gegen die Stadt meinem Unmut Luft machen und habe auch in den folgenden Einzelgesprächen die anwesenden BeamtInnen des Landes gebeten, sich um die Vorgehensweise der Stadt intensiv zu kümmern.

So. 22/04/2012 6:59 Permalink
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