Der Starke ist am mächtigsten allein.
Schiller
Eine Viertelstund´ vor seinem Tod -
da war er noch am Leben.
Franui
Für den Paprikageruch bedeutsam sind
Alkylmethoxypyrazine, etwa das „erdig“
riechende 3-Isobutyl-2-methoxypyrazin.
Wikipedia
Klopfet an, so wird euch aufgetan.
Matthäus 7,7
Wem der große Wurf gelungen,
eines Freundes Freund zu sein,
wer ein holdes Weib errungen,
mische seinen Jubel ein!
Ja, wer auch nur eine Seele
sein nennt auf dem Erdenrund!
Und wer’s nie gekonnt, der stehle
weinend sich aus diesem Bund.
Schiller
Roter Paprika, unerträglich unerreichbar
Ich bin, seit es mich gibt, männlich und gehöre somit dem starken Geschlecht an. Die Attribute: breite Schultern, der Bizeps ein kompaktes Krapferl, stählerne Nerven, enorme Belastbarkeit und ein verlässlicher Griff. Und natürlich Humor. Im Moment wackelt diese Definition aber etwas. Ich will nämlich ein Glas mit eingelegtem Paprika öffnen, nur schaffe ich es nicht.
Es ist ein Geschenk der ukrainischen Schwiegermama meines Sohnes. Sie kocht ständig was ein, macht raffiniert gewürzte Zaubereien und versorgt damit die ganze Sippschaft von Genf über Wien und Graz bis nach Novosibirsk. Und weil Natascha weiß, wie sehr ich ihren roten Paprika liebe, kriege ich aus dem fernen Czernowitz immer wieder die erlesensten Gaben.
Jetzt habe ich abermals den Deckel aufzudrehen versucht. Vergeblich. Die Gicht darf zwar eine Begründung sein, aber keine Ausrede. Dann dresche ich mit der flachen Hand und samuraischem Gebrüll auf den Boden des Glases. Hilft auch nicht.
Ah, hat mir nicht Wenzel Mracek, der handfeste Wolkenschaufler, neulich empfohlen, in solchen Fällen mit der Gabel sachte an den Rand des Deckels zu klopfen? Dann ginge es ganz leicht. Mache ich sanft. Aber nach diesem Versuch muss ich ihm eine Postkarte schicken: „Lieber Wenzel, deine Theorie stimmt in der Theorie.“
Ich sehe den eingelegten Paprika hinter Glas, bilde mir ein, das 3-Isobutyl-2-methoxypyrazin förmlich zu riechen, das Wasser läuft mir im Munde zusammen, aber das transkarpatische Gemüse ist unerreichbar, es scheint mich auszulachen. Ich drehe, ich dresche, ich klopfe, ich fluche, voll eines schaurigen biblischen Zorns – und den Tränen der Verzweiflung nahe.
Wie machen das alte gichtgeplagte Leute, vor allem jene des schwachen Geschlechts, wenn sie ein Gurkenglas öffnen möchten? Oder eine Flasche Öl? Und wie plagen sie sich mit Dosenöffnern bei den Sardinen? Und mit all dem plastikverschweißten Zeug, das man geradezu schlachten muss, um an die Innereien zu gelangen? Bis sie es bewältigt haben, ist das Ablaufdatum Geschichte. Die bittere Liste solcher entwürdigenden Anlässe wird, wenn man nachdenkt, lang und länger...
So, und was macht jetzt das starke Geschlecht – namentlich ich – vor dem verlockenden ukrainischen Paprika? Es muss sich gedulden, bis meine Frau heimkommt. Die schafft sowas immer irgendwie.
Nachwort: Natürlich hat sie es geschafft, im Handumdrehen, eh nach der Wenzel´schen Methode. Und die hat sie noch um etwas Lebenswichtiges verfeinert: um ihr Lächeln.
Lieber Grilj, praktisch
Lieber Grilj,
praktisch veranlagte (erdverbundene), einfach gestrickte Stiere (im Sternzeichen) wie ich würden sagen/raten: es gibt auch praktische Haushaltsgerätschaften, die nicht so wie eine Nespresso-Kaffeekapselmaschine nur viel kosten, sinnlos viel Müll mit sich bringen und die Arbeitsplatte in der Küche verstellen. Es gibt ein einfaches Einkochgläseröffnungsgerät, für solche mit Metalldeckel, das nicht viel kostet und nicht viel Platz einnimmt in der Lade. Wie es genannt wird, weiß ich nicht, aber das könnte man beim wunderbar unmodischen Fachgeschäft Rauch am Dietrichsteinplatz sicher verdeutlichen und sicher auch finden. Zu handhaben ist es besser zu zweit (wie vieles im Leben) - eine oder einer hält das Glas, während der oder die andere fest den Deckel umschließt mit dem Ding, für das ich keinen Namen habe, und dreht. Das Lächeln Ihrer Frau wird sicher auch bei dieser Öffnungsmethode die eingelegten Paprika noch besser schmecken lassen. Viel Vergnügen dabei!