26/05/2008
26/05/2008

Sujet regionale08 (4. Juli bis 13. September 2008)

Projekt Running Diwan, Leitung: Barbara Winter: In Anlehnung an die geheimnisvolle und märchenumwobene Karawane aus dem Orient, aber auch an die Karawanen der Roma und Sinti zirkuliert die DIWAN-Karawane, allen voran ein großer Truck, durch die Festivalregion.

Ein neues Kulturfestival in der Südoststeiermark

Von 4. Juli bis 13. September 2008

Mit einem Fest am 4. Juli eröffnet das neue steirische Kulturfestival regionale08 in der Grenzlandhalle Feldbach. Die Etablierung der regionale geht aus einer Initiative von Kulturreferent LH-Stv. Kurt Flecker hervor und anders als bei den vergangenen Landesausstellungen wird nun nicht ein Ort, sondern eine Region – 13 Gemeinden der Bezirke Feldbach, Fürstenfeld und Bad Radkersburg – zum weiträumigen Produktionsraum und Schauplatz für Projekte und Veranstaltungen, die in Überschneidungen von zeitgenössischer Kunst und Alltagsleben ein gleichermaßen für das Land wie die Zeit relevantes und brisantes Thema behandeln.

Ein frühes Konzept basiert auf den Recherchen der ORF-Redakteurin Regina Strassegger und der Fotografin Christine de Grancy um Leben und Werk des Orientalisten, Historikers und Dichters Joseph Freiherr von Hammer-Purgstall (1774 – 1856), Mitbegründer und erster Präsident der Akademie der Wissenschaften. Von ihm stammen vor allem eine zehnbändige „Geschichte des osmanischen Reiches“ und die Übersetzung von Hafis’ „Diwan“, der Goethe zu seinem „Westöstlichen Diwan“ anregte. Seinen Lebensabend verbrachte Hammer-Purgstall auf Schloss Hainfeld, wo ihm die zentrale Ausstellung des Festivals gewidmet ist.
Um diesen Mittelpunkt entwickelten der Designer Alexander Kada und der Agenturleiter Gerolf Wicher, in Zusammenarbeit mit dem Architekten Dieter Spath als künstlerischem Leiter, ein Programm in 35 so genannten Formaten, das sich über einen inhaltlichen, interdisziplinären Bogen mit Musik, bildender Kunst, historischer Dokumentation, Architektur und Literatur zwischen regionalen und überregionalen Wahrnehmungs- und Darstellungsformen erstreckt.

„Orient sieht Okzident, Okzident sieht Orient“
Unter dem programmatischen Titel „Diwan – Grenzen und Kongruenzen“ sollen im Rahmen der regionale08 wechselnde Sichtweisen auf die kulturbedingten Konstrukte „Orient“ und „Okzident“ mittels Ausstellungen bildender Kunst, Literatur und Musik beziehungsweise im Rahmen von Festen und Akademie für ein Publikum aufbereitet werden, das gerade im Raum der Südoststeiermark und abseits des Festivals auch mit rezenten Fragen um Migration und Siedlungsräume konfrontiert ist, also auch mit Aspekten um den kulturellen Austausch mit dem Nahen Osten, den Nachbarländern und ihren Kulturen.

Mit ebendiesen Projektionen ist die Ausstellung ORIENTIERUNGEN in der Kunsthalle Feldbach und im Gerberhaus Fehring befasst. Das von Klischees getragene Bild des Orients, wie es uns noch gegenwärtig präsent ist, konstruiert von Künstlern, die im 19. Jahrhundert ihre Orientvorstellungen vom Standpunkt eines eurozentristischen Blickes in die Malerei einbrachten, wird zum Eingangsszenario. Medieninstallationen, Dokumentationen und Arbeiten der Gegenwartskunst nehmen das Thema auf. Zu den eingeladenen KünstlerInnen zählen Gülsün Karamustafa aus Istanbul, die Grazer Kurt Stadler und Michael Schuster, die in Bosnien geborene Österreicherin Azra Akšamija, die aus der Türkei stammende und in Deutschland lebende Performancekünstlerin Nezaket Ekici und der ebenfalls aus der Türkei stammende Hüseyin Isik, Maler und Grafiker, der sich in seinen Arbeiten mit Fragen um das Prinzip der Grenze und kulturellen Identität auseinandersetzt.

OPEN SKY wird vom Team des Grazer Kunstvereins Medienturm unter Leitung von Sandro Droschl realisiert. Auf drei Etagen des Schlosses Kalsdorf, auf 1500 Quadratmetern in 30 Räumen und dazu im Außenraum um das Schloss, sind zwanzig durchwegs jüngere Künstlerinnen und Künstler mit Positionen vertreten, die in letzter Zeit auf internationalen Ausstellungen präsentiert wurden und außerdem mit neuen Arbeiten, die zum Thema der Ausstellung auf Schloss Kalsdorf entwickelt werden. In Anlehnung an den Philosophen und Raumsoziologen Henri Lefebvre (La production de l’espace, Paris 1974), der über die „Wieder-Aneignung“ sozialer wie architektonischer Räume arbeitete, wird nach symbolischen Räumen beziehungsweise „emotionalen Architekturen“ gesucht, die über Vermittlung von Bildern, Klängen, Zitaten und Interventionen „distinkte“ räumliche Formulierungen eröffnen.
Entsprechend dem Leitmotiv der regionale08, „Grenzen und Kongruenzen“, werden mit OPEN SKY Übersetzungsphänomene eines interkulturellen Austausches über das Bezugssystem bildende Kunst gesucht und veranschaulicht. Dafür stehen KünstlerInnen wie die aus Kabul (Afghanistan) stammende Lida Abdul, Calin Dan aus Rumänien, die in Dhaka (Bangladesh) geborene Runa Islam, die in Los Angeles lebenden Julia Meltzer und David Thorne, der Schweizer Yves Mettler oder die Österreicher Skerbisch, Bernhard Frühwirth und der 1971 in Fürstenfeld geborene Franz Kapfer. Letzterer etwa beschäftigt sich seit einigen Jahren in dem Projekt „Zur Errettung des Christentums“ mit Problemen um die Relevanz historischer Denkmäler.

Einige Jahre lebte der in Graz geborene Dramatiker Werner Schwab (1958-1994) in der Gemeinde Kohlberg im Bezirk Feldbach, bevor er zum Erfolgsautor der deutschsprachigen Theaterszene der 1990er Jahre avancierte. Vier Stücke hat Werner Schwab als „Fäkaliendramen“ zusammengefasst, darunter ÜBERGEWICHT, unwichtig: UNFORM. Ein europäisches Abendmahl mit dem er 1991 (Uraufführung im Schauspielhaus Wien) seinen Durchbruch erlebte. Mit dramagraz inszeniert Regisseur Ernst M. Binder für die regionale08 dieses Stück, in dem acht Personen, die es zu Hause gar nicht mehr aushalten, einander im Gastzimmer einer Wirtschaft treffen, wo die alltägliche Stammtischgemütlichkeit bald in eine kannibalistische Aktion kippt. Schwabs Dramen werden als Weiterführung einer Tradition des Volksstückes interpretiert, zur Orientierung kündigt Binder aber an, er werde „keinen Bauernschwank daraus machen“. Das Stück, analysiert Binder, entbirgt seine Qualitäten aus der Situation, dass „da eine Menge Leute sitzen, die alle unglücklich sind. Hier wird das Thema seelischer Verwahrlosung behandelt.“

Soweit eine erste Vorstellung in drei Beispielen. Über zwei Sommermonate, vom 4. Juli bis 13. September, ist die regionale08 „Diwan – Grenzen und Kongruenzen“ angelegt. In loser Folge wird GAT über aktuelle Entwicklungen und Programmdetails berichten. Ein Programmbuch ist ab 30. Juni im Festivalzentrum Feldbach erhältlich oder über Internet auf www.regionale08.at zu bestellen. Auf dieser Website ist auch eine komplette Programmübersicht abzurufen bzw. steht die zweite Ausgabe der DIWAN NEWS mit Programmübersicht unter http://www.regionale08.steiermark.at/cms/beitrag/10953685/29278204 zum Download zur Verfügung.
regionale08 FAKTEN

Tickets: Ab 30. Juni 2008 im Festivalzentrum Feldbach, unter www.regionale08.at und ab 5. Juli 2008 in den Veranstaltungsorten Feldbach, Leitersdorf, Schloss Hainfeld, Laafeld, mobile Abendkassen
regionale08-Pass: Preis: 30 Euro, nur für Tageseintritte zwischen 4. Juli und 13. September 2008
Ausstellungszeiten: Dienstag bis Sonntag von 10 bis 20 Uhr, Montag geschlossen
Infopoints ab 30. Juni 2008 in allen Spielorten des Festivals
Festival-Hotline: 0800/362036

regionale08-Spielorte:
Auersbach, Bad Gleichenberg, Bad Radkersburg Umgebung, Fehring, Feldbach, Gießelsdorf, Gnas, Gosdorf, Ilz, Kirchbach, Klöch, Kornberg, Laafeld, Leitersdorf, Mureck, Pertlstein, Poppendorf, Riegersburg, Schloß Hainfeld, Schloß Kalsdorf, Söchau, Studenzen,
Straden, Walkersdorf.

Verfasser/in:
Wenzel Mracek, Bericht
Netzwerktreffen
16. + 17.11.2023
 
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