11/05/2016

Die Regionalen Entwicklungsprogramme, Verkehrskonzepte und Entwicklungsleitbilder stellen die wichtigsten regionalen Steuerungsinstrumente in Steiermark dar. Welche Festlegungen und Wirkungen entfalten diese? Was sind die Ansprüche und Erfordernisse für eine zukunftsfähige Raumentwicklung Steiermark?

Dipl. Ing. Richard Resch, Raumplaner in Graz, über Regionale Planungsinstrumente als Steuerungsinstrumente zur Raumentwicklung Steiermark.

Dieser Artikel erscheint im Rahmen des GAT-Schwerpunkts Raumplanung.

11/05/2016

Gestaltung: Gerald Brettschuh, Konzept: Gunther Hasewend, erschienen in Sterz 15 Zukunft (1980)

©: Gerald Brettschuh

Regionale Entwicklungsprogramme, Verkehrskonzepte und Entwicklungsleitbilder stellen die klassischen Steuerungsinstrumente zur Raumentwicklung Steiermark dar. Diese Instrumente liegen inzwischen fast flächendeckend vor. Eine unmittelbare gegenseitige Verschränkung und zeitliche Harmonisierung fehlt allerdings weitgehend.   

Gleichzeitig bestehen aber auch eine Reihe von Regelungen im Raumordnungsgesetz sowie bei fiskalischen und förderungstechnischen Maßnahmen, welche die Raumplanung vielfach konterkarieren, die Schere zwischen dynamischem Zentralraum und Peripherie sehr viel stärker beeinflussen und die Zersiedelung auch in der Steiermark weiter vorantreiben. Als Beispiele dafür sind die Regelungen zu Auffüllungsgebieten, die Wohnbauförderung, die Grundsteuer, falsche Prioritätensetzungen bei Verkehrsprojekten, etc. zu sehen.   

Diese Intensität weitgehend flächendeckender Grundlagen, verordneter Funktionen, Ziele und räumlicher Festlegungen in den Regionalen Entwicklungsprogrammen sowie politisch akkordierter, programmatischer Papiere zu Raum- und Verkehrsthemen ist in Österreich nicht selbstverständlich. Durch neun Landesraumordnungsgesetze, räumliche Unterschiede und vielfältige politische Zugänge zum Thema Raumplanung gibt es eine große Bandbreite von Instrumenten, Aussagekraft, Wirkungsorientierung und Prozessbeteiligung.

Partiell bestehen eine Reihe von neuen, zukunftsweisenden, oft interkommunal ausgerichteten Masterplänen, Standort- und Raumentwicklungskonzepten sowie intensiv kommunizierte und prozesshaft aufgesetzte Planungsmodelle. Die Steiermark gehört aber sicher zu jenen Ländern, wo die Regionalplanung und Regionalentwicklung einen vergleichsweise höheren Stellenwert hat.

Die regionalen Entwicklungsleitbilder
Dieses Instrument hat in der Steiermark eine schon fast historische Bedeutung. Die ersten Gehversuche starteten mit den Kleinregionskonzepten der 80er Jahre. Im Zusammenhang mit der EU-Integration und der Verknüpfung mit EU-Förderschienen erfuhren die Regionalen Leitbilder mit den angeschlossenen Prioritätensetzungen auf konkreter Projektebene eine deutliche Aufwertung. In den weiteren Strukturfondsperioden erfolgte wieder eine stärkere Entkoppelung zwischen programmatischen Zielsetzungen der Regionen und konkreten Programmplanungsdokumenten z. B. im LEADER-Bereich.

Es bleibt zu hoffen, dass die Verknüpfungen zwischen regionalpolitisch verhandelten Positionierungen, Zielen und dementsprechenden auch von den Landesabteilungen unterstützten Schlüsselprojekten beim geplanten neuen Regionalentwicklungsgesetz dazu beitragen, die Regionen zu stärken und der zunehmenden Schere zwischen dynamischem Zentralraum, ländlichen Regionen und Abwanderungsgebieten entgegenzuwirken.

Die Regionalen Verkehrskonzepte (RVK)
In den letzten 10 Jahren sind für die Steiermark flächendeckende Regionale Verkehrskonzepte erarbeitet worden. Als wesentliche Themen wurden dabei die Parameter Grundversorgung, Erreichbarkeit, Sicherheit, Verfügbarkeit, bewusste Unterstützung des nichtmotorisierten und Öffentlichen Verkehrs, Kooperation von Individual- und Öffentlichem Verkehr und verursachergerechte Verkehrsfinanzierung im Einklang mit knapper verfügbaren öffentlichen Mitteln bearbeitet.

Die RVKs umfassen eine gemeinsame Diagnose des regionalwirtschaftlichen Ist-Zustandes, die Festlegung des regionalwirtschaftlichen Zielzustandes in Bezug auf die verkehrsrelevanten Einflussgrößen, die Bewertung der Mängel und die Festlegung strategischer Mobilitätskonzepte.

Diese Prioritätensetzungen auf der Basis der Maßnahmenkataloge und Bauprogramme des Landes entstanden in Zusammenarbeit mit den jeweiligen RegionsvertreterInnen und wurden jeweils einvernehmlich beschlossen.

Aktuell ist eine nächste Generation von Mobilitätsplänen für die Regionen Südweststeiermark und Voitsberg in Ausarbeitung.

Die Regionalen Entwicklungsprogramme (REPRO) 2016
Die Neustrukturierung der Regionen und die Gemeindestrukturreform Steiermark mit einer Reduktion der Gemeindezahl von 542 auf 287 erforderte auch eine flächendeckende Aktualisierung und inhaltliche Anpassung der Regionalen Entwicklungsprogramme. Die nun vorliegenden Entwürfe liegen bis Ende Juni 2016 zur Begutachtung auf und sollen anschließend von der Landesregierung beschlossen werden.

Die 7 REPRO-Entwürfe unterscheiden sich nur geringfügig von den zwischen 2004 und 2009 beschlossenen, rechtskräftigen Regionalen Entwicklungsprogrammen.

Die Verordnungen mit entsprechenden Erläuterungen zu Planungsgrundlagen und Methodik sowie der Regionalplan bilden den Kern der REPRO-Festlegungen. Als gleichbleibende Inhalte der REPROs werden Steiermark-weit geltende Leitlinien und Rahmenvorgaben des Landes sowie jeweils differenzierte Regionale Entwicklungsleitbilder beschrieben. Ergänzend dazu werden die mit unterschiedlichen Zielsetzungen belegten Landschaftsräumlichen Einheiten dargestellt. Eine strategische Umweltprüfung ergänzt das Programmpaket.  

Als generelle Anpassungen bei dieser landesweiten Fortführung wurden regional leicht voneinander abweichende Bestimmungen für gleichartige Regelungsinhalte vereinheitlicht. Durch geringfügige Adaptierungen und fachlich zweckmäßige regionale Ausnahmebestimmungen sollen häufige Konfliktpunkte unter Einhaltung der Zielsetzungen des Entwicklungsprogramms bereinigt werden. 

Die Ziele und Maßnahmen für die Planungsregionen entsprechen im Wesentlichen jenen der letzten Generation, die vorausschauende Entwicklung von Wirtschaftsstandorten wird neu angesprochen. Darüber hinaus wurden Ausnahmebestimmungen für die individuelle Festlegung von Bauland für Tourismusbetriebe im Freiland definiert.

Die Abgrenzung der Teilräume wurde präzisiert und teilweise nachgebessert. Als wesentliche Änderungen bei der Beschränkung der Siedlungstätigkeit im grünlandgeprägten Bergland und Außeralpinen Hügelland sind nunmehr maximal 20% des bestehenden bebauten Baulandes als zusätzliches Bauland möglich.     

Die Gemeindefunktionen werden der neuen Gemeindestruktur angepasst. Bei den Vorrangzonen wurden geringfügige Anpassungen vorgenommen und die Stellungnahmen der Gemeinden wurden bei den flächendeckenden Zwischenpräsentationen eingearbeitet.

Fortführung mit Lücken   
Die Steuerung der Siedlungs- und Standortentwicklung stellt einen Kern der REPROs dar; dazu wären auch quantifizierbare und im Rahmen des lt. Stmk.ROG vorgesehenen Monitoring überprüfbare Ziele zu EinwohnerInnenentwicklung, Arbeitsplätzen, Wohnungen und damit begründeten Siedlungsflächen auf regionaler und teilregionaler Ebene zu definieren. Auch eine stärkere Differenzierung zwischen dynamischem Zentralraum, ländlichem Umfeld und schrumpfenden Regionen fehlt weitgehend. Darüber hinaus gehende Abstimmungen mit Wohnbauförderung, Infrastrukturplänen oder praktikablen Bodenmobilisierungsmaßnahmen sind weitgehend offen.

Mit einer stärkeren Verknüpfung der Festlegungen zu Zentralen Orten und Kooperations-Netzwerken mit den Fachplänen zu Verkehr, Bildung, Gesundheit, Versorgung, etc. könnte eine wesentlich höhere Wirksamkeit der Regionalpolitik erzielt werden.

Die regionalwirtschaftliche Positionierung, die Ausweisung von besonderen Eignungszonen und Entwicklungsstandorten sowie die räumliche Lokalisierung von Schlüsselprojekten gehört zu den Themen, wo eine engere Abstimmung und Verschränkung zwischen REPROs und Regionalen Entwicklungsleitbildern gewährleistet werden müsste.

Wesentlich scheint dabei, dass mit dieser Regionalen Planungsebene auch übergeordnete Konzepte und Politiken der Landesebene mit den regionalen Entwicklungsperspektiven und Anforderungen der örtlichen Ebene verhandelt und verbindlich dokumentiert werden. Diese für Land und Gemeinden längerfristig wirksame „Leitplanken“ geben Planungssicherheit und stellen auch wichtige Grundlagen für ökonomisch und ökologisch sinnvolle Investitionsentscheidungen dar.

In den Regionalplänen sind steiermarkweit knapp 3.400 ha an Vorrangzonen für Industrie und Gewerbe ausgewiesen. Auf den priorisierten, unbebauten Baulandreserven davon (mindestens 30%) könnten etwa 50.000 Arbeitsplätze zusätzlich zu den bestehenden 140.000 geschaffen werden. Eine Bilanzierung und Abgleichung mit Wirtschaftsförderungsstrategien ist offen.

Generelle Voraussetzung für eine effiziente Regional- und Raumpolitik ist ein positives Bewusstsein und politisches Commitment zu teilweise quantifizierbaren, regional differenzierten und konsistenten, mit Förderungsregelungen abgestimmten Zielen und Festlegungen und dementsprechender Verknüpfung und Umsetzung in der örtlichen Raumentwicklung. 

Für einen Neustart oder eine NEUE Generation von Entwicklungsleitbildern und REPROs bedürfte es insbesondere auch eines gemeinsamen, positiv nach außen kommunizierten Entwicklungs- und Beteiligungsprozesses, der auch den Nutzen dieser Instrumente immer wieder darstellen und offenlegen muss.

Unterstützung der Strukturreform?
Eine „neue Generation“ von Regionalen Entwicklungsprogrammen konnte schon aufgrund sehr kurzfristiger Überarbeitungserfordernisse im Zusammenhang mit der lt. ROG geforderten Neuplanung auf der örtlichen Ebene bis 2018 nicht erreicht werden.

Auch eine stärkere Verknüpfung zwischen den verschiedenen angesprochenen Instrumenten bleibt aufgrund der wenig harmonisierten „Fahrpläne“ von REPROs, Entwicklungsleitbildern und Mobilitätsplänen weitgehend offen.

Den Worten der Enquete des Steiermärkischen Landtages zum Thema Baukultur und Raumplanung 2014 mit einer Fülle von Vorschlägen für die Raumentwicklung sollten auch Taten folgen. Es bleibt abzuwarten, welche Themen (z.B. Streichung der Auffüllungsgebiete, Einkaufszentren-Regelungen) vom neuen ROG-Entwurf aufgegriffen und schließlich umgesetzt werden.

Eine Unterstützung der Gemeinden beim Neustart der Örtlichen Raumplanung müsste anders aussehen. Es bleibt zu hoffen, dass diese stark genug sind, die weitere Professionalisierung der Örtlichen Raumordnung, die interkommunale Standortentwicklung und Maßnahmen gegen die weitere Zersiedelung so voranzutreiben, dass die potenziellen Vorteile der Strukturreform auch einmal zum Tragen kommen.


Dipl. Ing. Richard Resch ist Raumplaner in Graz.

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