13/07/2007
13/07/2007

KORSO - Das nachhaltige Magazin für Graz und die Steiermark - erscheint monatlich. Abo-Bestellung: www.korso.at (LINK am Ende dieser Seite)

Steiermark x 25, David Auner, Michael Schuster, Werner Fenz und Kurt Flecker (v. li.)

Vielsprachige Grenztafel "Steiermark x 25" - Idee von Michael Schuster, Realisation gemeinsam mit David Auner und Brigitte Kossek.

Nach Jahren der „Zurückhaltung“ tritt Kunst jetzt wieder mit Unterstützung des Landeskulturressorts im öffentlichen Raum auf. Als erstes Projekt wurden vielsprachige Grenztafeln als künstlerisches Zeichen der multinationalen Freundschaft an Staats- und Landesgrenzen aufgestellt, eine Idee von Michael Schuster, die er gemeinsam mit David Auner und Brigitte Kossek realisierte.

Unter dem Konzepttitel Steiermark x 25 ist auf acht, fünf Meter hohen Tafeln an den Standorten Dürnstein, Mandling, Bosruck, Semmering, Wechsel, Fürstenfeld, Spielfeld und auf der Pack der Name Steiermark in den 25 meistgesprochenen Umgangssprachen Österreichs zu lesen. Damit errichten die Künstler ein bezeichnendes Gegenbild zu Ausgrenzungspolitik und Konflikten um die Verweigerung zweisprachiger Ortstafeln. Es mag nach einer Binsenweisheit klingen, angesichts der Vorgänge um zweisprachige Ortstafeln in Kärnten ist die Erinnerung wohl angebracht: Wer versucht, die Sprache einer regionalen Kommunität – als direktestes Mittel des Ausdrucks, der Tradierung, der Identifikation mit Sprach- und Kulturgemeinschaft und der Kommunikation – aus dem öffentlichen Raum und damit aus dem öffentlichen Bewusstsein zu verdrängen, arbeitet an dem langfristigen Kalkül, eine Kultur zu eliminieren.

Schon 1979 setzten sich Michael Schuster und Norbert Brunner mittels Feldforschung um Dia- und Regiolekte mit einem ähnlichen Thema auseinander. Vom Südtiroler Fersental bis Garmisch-Partenkirchen zeichneten sie Versionen des Vater Unsers, von 24 Personen gesprochen, auf und dokumentierten so einen „Sprachverlauf“, erweitert durch Fotografien und Filme zu den untersuchten Orte. Damals hielten die Autoren in ihrem Konzept fest, dass es interessant wäre, „diese Studie in 10 Jahren erneut durchzuführen“.

In Dürnstein in der Steiermark, auf der Friesacherstraße bei km 23,4 an der Landesgrenze zu Kärnten eröffneten am 6. Juli Landeshauptmann-Stv. Dr. Kurt Flecker und Dr. Werner Fenz vom Institut für Kunst im öffentlichen Raum die permanente Installation Steiermark x 25; das folgende Gespräch führten Christian Stenner und Wenzel Mraček.

KORSO: In Zusammenarbeit mit dem Institut für Kunst im öffentlichen Raum wurde Steiermark x 25 von Michael Schuster, Brigitte Kossek und David Auner realisiert. Wie sieht diese Zusammenarbeit der Künstler mit dem Institut aus?

Werner Fenz: Michael Schuster hat dieses auf die Steiermark ausgerichtete Projekt konzipiert und es Kulturreferent Dr. Flecker, meiner Mitarbeiterin Evelyn Kraus und mir vorgestellt. Wir haben gemeinsam einige Adaptionen vorgenommen und die Aufstellungsorte ausgesucht. Wichtig dabei war, dass die unmittelbare Nähe zu Bundesländer- und Staatsgrenze bestand. Schwierig war die Umsetzung – damit sind aber auch Spannungsmomente verbunden – weil im Bereich von Bundes- und Landesstraßen Übereinkommen mit ASFINAG und Bezirkshauptmannschaften getroffen werden mussten, natur- und landschaftsschutzrechtliche Genehmigungen mussten eingeholt werden und eine weitere der Verkehrspolizei.

Besteht mit diesem Konzept ein inhaltlicher Bezug zu den Ortstafelproblemen in Kärnten?

Fenz: Ja. Wobei man bei Michael Schusters Projekten anmerken muss, dass er niemals vordergründig und direkt reagiert. Aber diese Ortstafelgeschichte arbeitet in ihm natürlich.

Man könnte Steiermark x 25 also auch hinsichtlich der Minderheitsbestimmungen im Staatsvertrag von 1955 interpretieren?

Fenz: Letztlich ja. Auf der anderen Seite weitet er Fragen um die Bestimmungen aus und begnügt sich nicht mit einer zweiten Sprache für die Steiermark, sondern er bezieht sich auf die 25 meistgesprochenen Sprachen in Österreich.

So steht Steiermark x 25 als Kunst im öffentlichen Raum auch für eine soziale Provokation und unterscheidet sich damit von früheren, als Kunst am Bau realisierten Konzepten, denen zum Teil noch der Charakter der „künstlerischen Verschönerung“ von Architektur anhaftete. Wir hatten und haben in Graz ja auch zum Beispiel Erwin Posarnigs Tischbänke „Vis à vis“ oder seine „U-Bahntafeln“ an kritischen Orten, die auf das Miteinander von Menschen mit unterschiedlich sozialem Hintergrund verweisen. Kann man das als eine Art von Kulturpolitik betrachten, wie Sie sie verstehen?

Kurt Flecker: Ganz sicher. Ich glaube, dass gerade Steiermark x 25 ein herrliches Projekt ist, um politische Aussage im weitesten Sinn und künstlerische Intervention in einem beides transportierenden Konzept zu vereinen. So fasse ich das auf. Ich freue mich auch auf Reaktionen, die es sicher geben wird. Für die so angesprochenen Politiker und auch für die Medien wird es nicht uninteressant sein, diese Reaktionen zu verarbeiten.

Fenz: Wir haben uns mit diesem Projekt jedenfalls auch vorgenommen, dass es immer wieder vermittelt wird. Wir können uns zum Beispiel vorstellen, dass etwa in Mandling, wo eine der Tafeln aufgestellt ist, vielleicht in einem Gasthaus zu einer öffentlichen Diskussion eingeladen wird. Zudem werden auch Ansichtskarten jedes Aufstellungsortes von Steiermark x 25 aufgelegt.

Das Institut für Kunst im öffentlichen Raum ist mit der Kulturabteilung des Landes assoziiert. Sehen Sie sich als Kulturreferent in der Rolle des Ermöglichers, der bei konkreten Anfragen auf das Institut verweist oder werden Sie auch direkten Einfluss nehmen?

Flecker: Grundsätzlich wird von mir alles, was vom Institut kommt, akzeptiert. Es kann aber auch sein, dass ich mich bei Projekten mit einbringe, auf die ich angesprochen werde und von denen ich überzeugt bin. Als Kulturreferent bin ich Politiker, der genauso Ausdrucksweisen, Meinungen und dergleichen dargestellt wissen will. Wenn sich die Politik – auch in Fragen der Kunst – nur passiv verhält, brauchen wir sie ja nicht. Allerdings sehe ich es nicht als meine Hauptaufgabe, Gestalter zu sein. Was Steiermark x 25 betrifft, bin ich so begeistert, weil ich mich mit dem Konzept identifizieren kann – das hätte eigentlich mir einfallen sollen.

Verfasser/in:
Christian Stenner, Wenzel Mracek; Gespräch; erschienen im Korso/Juli 07
Netzwerktreffen
16. + 17.11.2023
 
GAT+