06/11/2008
06/11/2008

Eines der im Jahr 2007 ausgezeichneten Bauwerke: Wirtschaftsgebäude in Unterzeiring, Gemeinde Oberzeiring, Bez. Judenburg. Das zwischen 1700 und 1750 erbaute Stallgebäude dient auch heute noch als Stallung.

Die Auszeichnung "Steirisches Wahrzeichen 2008" wird am kommenden Freitag an 11 Bauwerke vergeben. Landesrat Seitinger freut sich, zur Verleihung in das Refektorium des Benediktinerstifts St. Lambrecht einladen zu dürfen.

Diese Auszeichnungen wird es so bald nicht mehr geben, weil das Land Steiermark sich aus der Förderung von revitalisierungsbedürftigen Objekten zurückziehen wird. Nicht weil schon alles revitalisiert ist und es deshalb keinen Bedarf mehr gäbe, sondern weil die dazu notwendigen finanziellen Mittel für die Wohnbauhilfe NEU im Sozialressort benötigt werden. Von offizieller Seite, ist dazu eine Stellungnahme (sh. weiter unten) - abgegeben worden.

So steht die Öffentlichkeit vor der Tatsache, dass der Steirischen Landesregierung nach der still zu Grabe getragenen Förderung der "Ortserneuerung", nun auch die Förderung des Erhalts des baukulturellen Erbes des Landes nichts mehr wert ist. Und das, obwohl jeder weiß, wie wichtig der öffentliche Raum für die Identität von Orten insbesondere im ländlichen Raum und wie nachhaltig gewinnbringend Baukultur ist. In diesem Sinne ist zu hoffen, dass in Zukunft darauf wieder budgetär Rücksicht genommen wird.

Stellungnahme Mag. Uhlmann, Büro LR Seitinger:

„Die Budgetverhandlungen für die Jahre 2009 und 2010 waren alles andere als einfach und haben tiefe Einschnitte in einzelnen Bereichen mit sich gebracht. So wurden im Zuge der Budgetgespräche von Herrn LhStv. Dr. Kurt Flecker verlangt, dass aus dem Bereich der Wohnbauförderung zu den bereits verpflichtenden 60 Mio. EUR jährlich für die Finanzierung der Wohnbeihilfe NEU weitere 13 Mio. EUR dem Sozialressort zur Verfügung gestellt werden müssen. Dieser Betrag musste durch weitere Kürzungen in verschiedenen Bereichen der Wohnbauförderung aufgebracht werden. Leider war dies aber noch nicht der letzte Griff in den Wohnbautopf.
In der letzten entscheidenden Budgetrunde wurde von den Budgetverantwortlichen fixiert, dass aus dem Ressort LR Seitinger weitere 9 Mio. EUR gegenüber dem Budget 2008 einzusparen sind. Da es in den verschiedenen Ressortbereichen von LR Seitinger kaum mehr einen Ermessensspielraum gegeben hat, war es nur mehr durch Streichung von weiteren Budgetmitteln aus der Wohnbauförderung möglich dieser Forderung nachzukommen. So mussten die Budgetmittel für das Revitalisierungssonderprogramm für die Jahre 2009 und 2010 gestrichen werden.
Es war und ist uns stets bewusst, welch große Bedeutung die Revitalisierung sowohl im wirtschaftlichen als auch kulturellen Sinn darstellt. Auf Grund der Ausrichtung der verschiedenen Bereiche der Wohnbauförderung blieb uns trotz hartnäckigen Kampfes jedoch nur mehr dieser Weg übrig, da es ansonsten zu keiner Budgeteinigung gekommen oder im ohnehin schon sehr eingeschränktem Sozialem Wohnbau ein weiterer Einschnitt notwendig gewesen wäre.
Wir bedauern diesen Schritt sehr, weil gerade in den letzten Jahren sehr viele Impulse mit der Revitalisierung ausgelöst werden konnten. Sollte es jedoch der politische Wille aller Parteien sein die REVI- Förderungen aufrecht zuhalten und die dafür notwendigen Budgetmittel, aus welchem Ressort auch immer, bereit gestellt werden, besteht von Seiten der Wohnbauförderung jederzeit die Möglichkeit, die Revitalisierungsförderungen weiterhin anzubieten.
Zur Ortserneuerung kann ich keine Stellungnahme abgeben, da diese zum Zeitpunkt der Einstellung im Jahr 2008 nicht mehr im Ressort LR Seitinger angesiedelt war und daher diese Entscheidung im Verantwortungsbereich anderer Regierungsmitglieder gelegen ist.“

Verfasser/in:
Karin Wallmüller, Bericht; Büro LR Seitinger, Stellungnahme
Univ.Doz. DI Dr. Hasso Hohmann

Der 1996 für die Steiermark eingerichtete Revitalisierungsfonds der Abteilung Wohnbauförderung ist eine für die Steiermark ausgesprochen wichtige Akzentsetzung zu Gunsten der Erhaltung wertvoller Bausubstanz. Die Revitalisierung ist in vielfacher Hinsicht für Österreich und besonders auch für die steirische Kulturlandschaft wichtig.
Der Tourismus ist eine der wichtigsten Einnahmequellen für Österreich. Laut internationalem Ranking steht Graz an 5. Stelle der weltweiten Kulturtourismusziele – das Internationale Städteforum Graz arbeitet seit über 30 Jahren wesentlich am Erhalt der historischen Bausubstanz in Stadt und Land für diese Ziele mit! Touristen erwarten eine harmonische, intakte Natur- und Kulturlandschaft. Insbesondere der Städtetourismus ist fast ausschließlich von gepflegten historischen Architektur-Ensembles abhängig. Der Revitalisierungsfonds ist ein wichtiges Mittel, um das zu ermöglichen. Durch eine Abschaffung des Fonds entzöge sich die Steiermark eine wichtige Wirtschaftsstütze.
Im Gegensatz zum Neubau von Wohnungen, bei dem vor allem Maschinen "beschäftigt" und Materialien verbraucht werden, kommen bei der Revitalisierung Menschen, vor allem Facharbeiter zum Einsatz. Durch die Revitalisierung - und damit Hilfe des Revitalisierungsfonds - werden sinnvolle Arbeitsplätze geschaffen – ein sehr wichtiger beschäftigungspolitischer Aspekt in einer Zeit drohender massiver Arbeitslosigkeit angesichts der Weltwirtschaftskrise. Außerdem werden Materialien wieder verwendet und Energie eingespart, was zu geringeren Energieimporten führt.
Durch die Revitalisierung werden auch kulturelle Werte für uns selbst, ein Stück unserer eigenen Geschichte, erhalten. Nur die Adaptierung von historischen Bauten für neue Funktionen kann den Bestand von Altbauensembles auf lange Frist erhalten helfen. Hier ist der Revitalisierungsfonds von ganz besonderer Bedeutung.
Fast alle Grazer wohnen außerhalb des historischen Zentrums der Stadt. Dennoch sprechen alle davon, dass sie in die Stadt fahren, wenn sie eigentlich nur innerhalb der Stadt in deren Zentrum fahren. Das belegt sehr augenfällig, wie sehr praktisch alle die Stadt Graz mit gerade diesem historischen Zentrum identifizieren. Der Kern der Stadt schafft Identität. Der Revitalisierungsfonds schafft Identität. Selbst in viel kleineren Städten kann man ein ähnliches Phänomen beobachten. Deshalb wäre die Einstellung oder Stilllegung des Revitalisierungsfonds eine massive Einschränkung im Sinne der Identitätsstiftung für die Bewohner des Landes und ein negatives Signal für die Tourismusentwicklung in der Steiermark.
Hasso Hohmann

Do. 13/11/2008 2:29 Permalink
LH .Stv. Dr. Kurt Flecker

"Landesrat Seitinger war eines jener Regierungsmitglieder, die sich bei der Abgabe des Budgetentwurfs nicht an die vorgegebenen Regeln gehalten haben. Die ihm vom Budgetverhandlungsteam daraufhin erstellte Einsparungsvorgabe war ausschließlich quantitativer Natur ohne inhaltliche Faktoren. Der von Landesrat Seitinger als Reaktion darauf eingebrachte Vorschlag enthielt keine Dotierung des Förderungsprogramms Revitalisierungsfonds mehr. Aus meiner langjährigen Kenntnis der steirischen Landesbudgets kann ich mit Sicherheit sagen, dass Landesrat Seitinger innerhalb seines Ressortbudgets andere Einsparungsmöglichkeiten in erheblichem Ausmaß hätte nützen können. Die Einstellung der Dotierung des Revitalisierungsfonds ist einzig und allein politische Entscheidung des Ressortverantwortlichen Landesrat Seitinger. Sollte dieser sich weigern, den Revitalisierungsfonds zu bedecken, könnte innerhalb der Geschäftsverteilung der Landesregierung am ehesten noch LH-Stv. Schützenhöfer in seiner Zuständigkeit für die Agenden der Denkmalpflege einspringen. Aus dem Kulturbudget ist die Subventionierung von Infrastruktur, Adaptions- und Baumaßnahmen nach dem – einstimmig beschlossenen – Steiermärkischen Kunst- und Kulturfördergesetz 2005 ausgeschlossen."

Fr. 07/11/2008 11:51 Permalink
Ingrid Lechner-Sonnek

Die Einstellung des Revitalisierungsfonds ist aus Grüner Sicht auch hinsichtlich der aktuellen Wirtschaftslage mehr als hinterfragenswert: Gerade jetzt ist die Zeit für Investitionen, um die Wirtschaft anzukurbeln – aber anscheinend setzen SPÖ und ÖVP lieber auf den Bau neuer Straßen, als auf wirklich sinnvolle Maßnahmen. Vom Straßenbau profitieren nur große Unternehmen und Konzerne, von Revitalisierungen hingegen direkt die regionale Wirtschaft. Die Projekte aus dem Revitaliserungsfond sind echte ,Vitaminspritzen’ für die Klein- und Mittelbetriebe der Region. Die steirischen Orte werden durch das Aus der Erhaltung historischer Bauten weniger attraktiv für den Tourismus, weniger attraktiv als Standort von Firmen und damit schlussendlich auch weniger attraktiv für die Menschen, die hier wohnen.

Do. 06/11/2008 12:48 Permalink
DI Gunther Hasewend

Nachdem ich als Vorsitzender des Vereines „Baukultur STEIERMARK“ in einem Brief vom 03.11.08 an 43 Verantwortungsträger im Land wohlbegründet appelliert habe, den REVITALISIERUNGS-FOND nicht einzustellen und sich diesbezüglich nichts geändert hat, werde ich die Auswirkungen einer solchen Fehlentscheidung am Beispiel der „niederfahrenden“ Stadtgemeinde EISENERZ erläutern.
Ich bin dort seit Jahren mit der Koordinierung der Umbruch/Aufbruch-Bemühungen unter der Überschrift „redesign EISENERZ“ beauftragt. Mit dem verantwortlichen KernTeam von EISENERZ werden dazu 3 Kern-Strategien verfolgt:
K1 Aufbau einer ansprechenden LebensQualität durch STADTERNEUERUNG und WOHNVERBESSERUNG incl. ALTSTADT-REVITALISIERUNG!
Seit 1991 hat sich die Wohnbevölkerung halbiert – und das nicht nur wegen des Industrialisierungs-Fortschritts am ERZBERG!
K2 Fokussierung auf eine forschungs- und werkstofforientierte ARBEITS-WELT EISENERZ + ERZBERG mit REGIONALER SPEZIFIZIERUNG !
Unter Letzterem ist im Bildungsgang „Lehre mit Matura“ eine Spezialisierung im Revitalisierungs-Handwerk geplant. Die Lehrwerkstätten des JEB(Jugend- und ErwachsenenBildungs-Zentrums) und leere montanhistorische Baujuwele laden dazu ein!
K3 Entwicklung einer in Naturraum und MontanHistorie unverwechselbaren TOURISMUS-ZUKUNFT „RUND UM DEN ERZBERG“
Die potentiellen Tourismus-Investoren verlangen eine revitalisierte Altstadt – die Inhaber der Altstadt-Häuser und die Stadt können dies alleine nie schaffen!
Die Einstellung des REVI-Fonds mit seiner 3-fachen Wirksamkeit(Kultur-Arbeitsplätze-Tourismus) bedeutet für unsere Bemühungen um „redesign EISENERZ“ einen schweren Rückschlag.
Es ist unverständlich und auch keinem Menschen erklärbar (nicht nur in EISENERZ!), warum einerseits so genannte „Konjunktur-Spritzen“ im Landesbudget angesetzt werden, bei manchen Positionen sicher sinnvoll oder berechtigt und andererseits der gleichgerichtete REVI- Fond gestrichen wird!
Einen solchen Rückschritt kann sich die STEIERMARK als Zukunfts-Region für Umwelt-Qualität, Neue Kopf-Arbeit, Forschung, Kultur und Tourismus nicht leisten!

Mi. 19/11/2008 11:31 Permalink
DI Georg Kanhäuser

Selbstverständlich hat uns die Nachricht über die Einstellung des Revi-Fonds schwer getroffen und legt diese Maßnahme leider sehr deutlich dar, wie tief der Pfeil in der kulturellen Wellenbewegung heute nach unten zeigt.
Durch diese Maßnahme wäre der Basis der steirischen Baukultur, unserem historischen Erbe in Form von baukulturell bedeutender Bausubstanz, eine wirksame und wertvolle Stütze für die Erhaltung entzogen. Der Schutz und die Erhaltung der historischen Bauten als ein prägender Teil der für die einheimische Bevölkerung und den Tourismusstandort Steiermark so bedeutenden und wertvollen steirischen Kulturlandschaften, könnte nicht mehr gewährleistet werden.
Jährlich wurden bisher an die 120 baukulturell bedeutende Objekte in Form eines Direktzuschusses oder eines Darlehens aus dem Revitalisierungsfond in Ihrer Erhaltung und fachgerechten Sanierung unterstützt und damit nachhaltig vor dem Verfall bewahrt. Durch die fachtechnisch genau geprüften und gerecht verteilten – vergleichsweise knappen - Finanzmittel konnten durch Initialzündung ein baukultureller Mehrwert bei unzähligen Projekten erzielt und darüber hinaus handwerkliche Randsparten unterstützt und historische Handwerkskunst erhalten und weiter getragen werden.
Der Revitalisierungsfond war auch bislang immer eine Möglichkeit, der Spekulation mit historischer Bausubstanz einen Riegel vorzuschieben, indem die Ausnahmebestimmungen in Denkmalschutzgesetz und Ortsbildgesetz hinsichtlich einer wirtschaftlichen Unzumutbarkeit der Erhaltung durch Übernahme von bis zu 50% der Sanierungskosten durch die öffentliche Hand relativiert werden konnten.
Bei der Präsentation des Baukulturreports, veranstaltet von AIK und HDA am 29.10.2008 im Palais Thinnfeld, wurde im Beisein von Landeshauptmann Voves – und auch von diesem selbst - mehrmals auf die Vorreiterrolle der Steiermark in baukulturellen und architektonischen Belangen hingewiesen. Durch die Einstellung des Revitalisierungsfonds würde dahingehend ein deutliches Zeichen in die gegenteilige Richtung gesetzt und es würden die steirischen Bemühungen in diesem Bereich ad absurdum geführt. (DI Georg Kanhäuser, GF Verein BauKultur Steiermark)

Mi. 05/11/2008 3:57 Permalink
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