15/01/2009
15/01/2009

Großer Andrang bei der ersten Veranstaltung "Bürgermeister über die Zukunft der Städte" im Rahmen der Diskussionsreihe „Gradec-Marburg“ am 13. Januar in der Umetnostna galerija Maribor. Die Besucher aus Maribor und Graz hielten sich dabei ganz gut die Waage.

Am Podium (v.l.n.r.): Franc Kangler, Bürgermeister von Maribor, Siegfried Nagl, Bürgermeister von Graz, Moderatorin Melita Hajnsek Forstneric von der Tageszeitung Novinarka Vecera, Architekt Klaus Kada aus Graz/ Leibnitz, Breda Kolar Sluga, Direktorin der Umetnostna galerija Maribor und Peter Pakesch, Leiter des Kunsthaus Graz und Initiator von „Gradec-Marburg“.

„Graz und Maribor haben eine große Entwicklung vor sich“, blickt Bürgermeister Siegfried Nagl optimistisch in die Zukunft. Er will den zweigleisigen Ausbau der Zugstrecke Graz-Maribor forcieren und die Suche nach technischen Innovationen – Stichwort Alternativenergien – zu einem gemeinsamen Ziel von Graz und Maribor machen. Graz soll City of Design werden, „Architektur wird dabei eine große Rolle spielen.“

„Maribor will die Kulturhauptstadt dazu nützen, um Kontakte zu anderen Städten zu knüpfen“: Bürgermeister Franc Kangler erläutert die Idee der Kulturhauptstadt 2012, die regionale Partnerstädte wie Celje oder Ljubljana, aber auch das Umland von Maribor im Sinne einer Kulturregion in das Projekt mit einbeziehen will. Bei der EU fand dieser Gedanke großen Anklang.

„Erst wenn es keine Grenzen mehr gibt, haben wir unser Ziel erreicht. Und erst dann entsteht auch die Architektur, die wir haben wollen, nämlich die beste.“ Architekt Klaus Kada. Fotos: F. Wallmüller

Überraschend emotional geriet der Auftakt zur Diskussionsreihe Gradec-Marburg. Eigentlich ein gutes Zeichen für die gemeinsame Zukunft der beiden Städte.

Sechzig Kilometer Luftlinie oder 50 Minuten Autofahrt: Diese Kleinigkeit trennt Graz und Maribor, doch die gefühlte Distanz scheint oft ein Vielfaches zu betragen. Dennoch bilden die beiden Städte, in deren Großraum eine halbe Million Menschen lebt, gemeinsam eine der wirtschaftlich am schnellsten wachsenden Regionen an der ehemaligen Ost-West-Grenze Europas.

Die Austragung der Europäischen Kulturhauptstadt 2012 in Maribor ist nun aktueller Anlass zur Diskussionsreihe „Gradec-Marburg“, die die Dynamik der grenzüberschreitenden Region Graz-Maribor aufzeigen sowie Chancen einer gemeinsamen Entwicklung zur Zukunftsregion Graz-Maribor diskutieren will. Ziel der vom Kunsthaus Graz in Kooperation mit der Umetnostna galerija Maribor und dem Haus der Architektur Graz veranstalteten Reihe ist es, das Bewusstsein für die biurbane Situation zu wecken und den Austausch zwischen BürgerInnen, Politik, Kulturschaffenden, PlanerInnen und Lehrenden anzuregen. Mit dem augenzwinkernden Titel der Veranstaltung ist man nicht zuletzt darum bemüht, ehemals trennende historische Gräben mit Humor zu schließen und nach vorne zu blicken. Gilt es doch, gemeinsame Ziele zu stecken und Synergien zu nutzen, die ab Januar 2009 monatlich abwechselnd über ein ganzes Jahr in Graz und Maribor diskutiert werden sollen.

Das Gemeinsame war denn auch zentrales Thema der ersten Diskussionsrunde von „Gradec-Marburg“, die am vergangenen Dienstag unter dem Motto "Bürgermeister über die Zukunft der Städte" in der Umetnostna galerija in Maribor über die Bühne ging. Wobei sich im Lauf der Debatte bald herausstellte, dass das Zukünftige ohne das Vergangene noch nicht so recht kann. Die Eingangsfrage an die DiskutantInnen – neben dem Grazer Bürgermeister Siegfried Nagl und Bürgermeister Franc Kangler aus Maribor waren Architekt Klaus Kada, Breda Kolar Sluga von der Umetnostna galerija sowie Kunsthaus-Chef Peter Pakesch geladen – nach einer gemeinsamen steirischen Identität dies- wie jenseits der Grenze löste beim Publikum teils emotionale Reaktionen aus. Von langer Trennung war hier die Rede, Grazer Gäste erzählten von Großeltern, die im heute slowenischen Teil der Steiermark lebten, BürgerInnen aus Maribor hoben ihre Verbundenheit zu Erzherzog Johann hervor.

Als sich dann aber auch noch Bürgermeister Kangler wohlmeinend beeilte, ein Denkmal für den Erzherzog in Maribor aufstellen zu wollen, war der Rest des Podiums doch heftig bemüht, Vergangenes beiseite zu legen und dem Thema des Abends entsprechend in die Zukunft zu blicken. „Das sechzig Jahre dauernde Mauerblümchendasein hat nun ein Ende, Graz und Maribor sind im Zentrum Europas angekommen“, meinte etwa Bürgermeister Nagl, „die Menschen haben längst begriffen, dass eine Sprachbarriere eben auch nur eine Barriere ist.“ „Europa ist die einzige Chance, um Grenzen zu vergessen“, pflichtete Architekt Kada bei, während Peter Pakesch bereits bemüht war Themen zu skizzieren, die die beiden Städte enger zueinander führen könnten: „Die Kultur, die Universitäten, die Architektur können solche Instrumente sein.“ Mit Nachdruck verwies Pakesch dabei auch auf erfolgreiche Beispiele grenzüberschreitender Städtenetzwerke in ganz Europa, die in den letzten Jahren nicht zuletzt dank EU-Fördermitteln entstanden sind. Auch jetzt will die EU im Rahmen des Programms „Central Europe“ wiederum 70 Millionen Euro (!) für die Regionalentwicklung in Zentraleuropa ausgeben.

Welche enormen Chancen und Möglichkeiten Städtenetzwerke bieten können, ist auch Thema der zweiten Diskussionsrunde, die am 10. Februar vom Haus der Architektur in Graz veranstaltet wird. Dabei soll nicht nur Know-how aus Städtenetzwerken wie Kopenhagen-Malmö, Basel-Mulhouse-Freiburg oder Wien-Bratislava-Sopron in die Region Graz-Maribor geholt, sondern auch eine Vision für gemeinsame Zukunft der beide Städte entwickelt werden.

Veranstaltungshinweis:
Twin Cities - Städtenetzwerk im internationalen Vergleich
Di, 10. Februar 2009, Kunsthaus Graz/ Space04
Gäste: Eva Maria Fluch (Planungsstadträtin Graz), Stojan Skalicki (interimistischer Planungsstadtrat Maribor), Kurt Puchinger (Planungsdirektor Stadtbaudirektion Wien), Christian Müller Inderbitzin (Architekt, Zürich). Moderation: Thomas Wolkinger, Chefredakteur Falter Steiermark.

Verfasser/in:
Fabian Wallmüller, Bericht
Gregor Tritthart

Es ist schön zu lesen, dass der Wille bekundet wird Grenzen aus dem Kopf zu löschen, und gut, dass die EU bereit ist Geld für verbindende Projekte bereitzustellen. Aus eigener Erfahrung möchte ich jedoch berichten, dass es noch viele unnötige Hürden zwischen den Nachbarn gibt die rasch beseitigt werden könnten.
Konkret haben wir am Wettbewerb für die Neugestaltung des Rathausplatzes samt altem Rathaus und Bibliothek in Maribor teilgenommen.
1. Hürde
Um überhaupt erst am EU-weit offenen Wettbewerb teilnehmen zu dürfen mussten sämtliche Unterlagen die beweisen, dass ich als Architekt tätig sein darf, von einer Diplom-DolmetscherIn auf Slowenisch übersetzt werden (nicht nur die Bestätigung der Kammer, sondern sogar das Architekturdiplom).
2. Hürde
Mit der Teilnahme am Wettbewerb war ein verpflichtender Beitritt in der slowenischen Architektenkammer verbunden!
3. Hürde
Um das Preisgeld für den 3.Platz beziehen zu können musste eine Bankgarantie als Erfüllungsgarantie über 10% des angebotenen Generalplanerhonorares hinterlegt werden (in der momentanen Situation der Banken schwierig zu bekommen und mit hohen Kosten verbunden). Wieder mussten sämtliche Unterlagen auf Slowenisch übersetzt werden.
Mein Wunsch an die Politik ist das gemeinsame Europa tatsächlich zu leben und gerade in der Region die Zusammenarbeit zu fördern und nicht zu verkomplizieren. Das sollte keine Kosten verursachen, bedeutet aber die tatsächliche Entfernung der Grenzbalken in unseren Köpfen, die oft viel schwieriger ist als gemeinhin zugegeben wird.
Arch. DI Gregor Tritthart

Fr. 16/01/2009 10:24 Permalink
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