07/02/2013
07/02/2013

Udine, Beispiel einer Einfügung durch Verwandlung gegebener Qualitäten. Verwandtschaft durch Proportion und Gestalt / Gegensatz im Material.
Die Lauben schaffen Wetterunabhängigkeit und Offenheit zur Straße und sind Erweiterung des Straßenraums. Die Gliederung und Differenzierung der Fassade durch Pfeiler oder Stützen geben Licht- und Schattenspiel. Differenzierte Ausgestaltung der einzelnen Stockwerke vermeiden einen blockartigen Eindruck.

©: Walter Jartschitsch

Fehring: Der Um- und Zubau der RAIBA führte zu fachlichen Diskrepanzen.

©: Walter Jartschitsch

Fehring: Zubau RAIBA.

©: Walter Jartschitsch

Beispiel Riegersburg; Fotomontage. Solaranlagen und Photovoltaik: Großen Gemeinschaftsanlagen sollte gegenüber individuellen Lösungen der Vorzug gegeben werden, nicht zuletzt auch wegen des Ortsbildes.

©: Walter Jartschitsch

17. Steirischer Ortsbildtag in Bruck/Mur am 25.1.2013

Bruck an der Mur feiert heuer 750 Jahre Stadterhebung. Grund genug, nach 2006 zum zweiten Mal den Steirischen Ortsbildtag abzuhalten – in einer Stadt, die gerade in den letzten Jahren vieles unternommen hat, den historischen Bestand mit neuem Leben zu versehen und das alte Zentrum an die gegenwärtigen und zukünftigen Bedürfnisse anzupassen, ohne dass die typische Charakteristik der Stadt verloren geht.

Als Ort der Veranstaltung wurde bewusst das Brucker Kulturhaus gewählt, ein Zeitzeuge der Arbeiterarchitektur der 20er-Jahre des letzten Jahrhunderts. Ein Gebäude, welches nach einer 2-stufigen Generalsanierung sukzessive von einem Volkshaus mit Kino, Stadtbad und Festsaal zu einem multifunktionellen Veranstaltungszentrum als Haus für alle Bevölkerungsteile ausgebaut wurde. Diesmal stand das Kernthema „Was ist Ortsbild?“ im Mittelpunkt.

Für Eva Guttmann, Vorsitzende der Ortsbildschutzkommission, darf Ortsbildschutz nicht den Blick und die Ausrichtung auf das Grundsätzliche verlieren. Ortsbildschutz ist als Kulturauftrag zu sehen, der von Generation zu Generation weiterzugeben ist, ohne darauf zu vergessen, dass Lebens- und Arbeitszentren auch eine gesunde wirtschaftliche Basis brauchen. Verantwortlicher Umgang mit wertvoller Bausubstanz unter Beachtung von vorausschauenden Veränderungen stellt ein Muss dar. Wobei jeder ein sehr persönliches Bild hat, wenn es um Identität und Unverwechselbarkeit geht. Ortsbildschutz schafft Bewusstsein für Vergangenes und Zukünftiges, ist fortschreitende Geschichte, wo Identität geschaffen und nicht nur erhalten werden soll.

Neue Funktionen – alte Bilder

Franziska Leeb, Architekturkritikerin mit Studium der Kunstgeschichte, zeigt in ihrem Referat „Neue Funktionen –  alte Bilder“ anhand einer Fülle von Beispielen ein vielschichtiges Spektrum der Aufgaben eines Ortsbildschutzes. Das kommt vor allem dann zum Tragen, wenn jeder ein persönliches Bild und unterschiedliche Vorstellungen vom Ortsbild hat, wobei allerdings zwischen Bild und Image zu unterscheiden ist. In dieser Facette von vielen subjektiven Meinungen ergeben sich viele Möglichkeiten und es stellt sich die Frage, wie Ortsbildschutz in einer sich rasant verändernden Welt mit neuen Funktionen und Aufgaben in Einklang gebracht werden kann.

Anhand der Beispiele von niederösterreichischen Angerdörfern werden von Leeb die Veränderung der Topographie und die Problematik der Nachnutzung leerstehender Altbauten in den Zentren aufgezeigt. Der Umgang mit den Proportionen bei Neubauten trotz neuer Formen und Materialien im Burgenland und die Auseinandersetzung mit dem tradierten Ortsbild durch neue erweiterbare Wohnformen im Waldviertel sind Beispiele, die eine neue Identität erwirken.

Der Tourismus ist heute Abbild der Gesellschaft. Am Beispiel Langenlois ist erkennbar, dass, ausgelöst durch eine spannende Idee (Weinwelt-Loisium) und eine Architektur, die das Umfeld beachtet (Hotel-Loisium), später auch andere Bauten in der Umgebung entstehen können, die die Idylle und die Großartigkeit der Einzelbauten stören und schwächen.

Anhand des Neubaus des Weinguts Loimer sieht man allerdings, wie neue Architektur dem ortstypischen Bild der Kellergasse trotz völlig neuer Formen gerecht werden kann, indem mit richtigen Maßstäben auf die Tradition Rücksicht genommen wird. Dabei wird möglichst wenig Bauvolumen an der Oberfläche gezeigt und trotz maßgeschneiderter Funktion fügt sich der landwirtschaftliche Zweckbau in seine Umgebung ein.

Beim Skitourismus und seinen Bauten ist hingegen das Ende der Fahnenstange erreicht. Die Balance zwischen touristischer Infrastruktur und Ortsbild, gerade bei sportlichen Großereignissen, ist ausgereizt. Die Beispiele der Bauten rund um die Ski-WM in St. Anton, die durchwegs positiv aufgenommen wurden, und die 400-Millionen-Euro-Investitionen in Schladming, wo nicht alles Gold ist, was glänzt, dienen als guter Diskussionsstoff, um das Bestmögliche zu erreichen.

Ortsbild und Praxis

Walter Jartschitsch, Architekt und Ortsbildsachverständiger in einigen südsteirischen Gemeinden, stellt sein Referat unter den Titel „Ortsbild und Praxis“ und zeigt Beispiele aus seinen Ortsbildschutzgemeinden, nicht ohne zuvor die Begriffe „Historischer Ortskern“ und „Zersiedelung“ zu erörtern.

Weil die Dachform nach wie vor einen Streitpunkt in vielen Gemeinden darstellt, regt Jartschitsch anhand von Fotomontagen auch diese Diskussion an. Seiner Meinung nach ist an neuralgischen Stellen des Ortsumfeldes der Gesamteindruck wichtiger als nur eine zeitgemäße Architektursprache. Kultur soll für ihn Gesamtheit von künstlerischer und geistiger Ausdrucksweise sein. An einem Neubau-Beispiel in der Altstadt von Udine zeigt er dessen Einfügung im Fern- und Nahbild auf, wo durch Verwandtschaft in der Proportion und trotz gegensätzlicher Materialien die Qualität des Ortes nicht gestört wird. Kritisch wird es seiner Meinung nach, wenn der Ortsbildschutz auch Bereiche umfasst, die nicht unbedingt schützenswert sind.

Jartschitsch widmet sich auch dem Thema „Solaranlagen und Photovoltaik“, wo aus seiner Sicht großen Gemeinschaftsanlagen gegenüber individuellen Lösungen wegen Wartung, Zugänglichkeit, Entsorgung und Brandfalls der Vorzug zu geben ist. Aufgezeigt wird auch der durch Einfamilienhäuser geprägte Ortsrand, der durch einen Grünabschluss nach Verordnung, wie in Bayern vielfach gegeben, den Übergang zum Freiland harmonischer gestaltet. Passend sein Schlusssatz aus den Adriane-Briefen von Hugo von Hofmannsthal: „Verwandlung ist Leben des Lebens."

Netzwerktreffen
16. + 17.11.2023
 
GAT+