08/06/2007
08/06/2007

Thomas Pucher (li) und Martin Emmerer (mi). Fotos: Ursula Obernosterer

Seite 45 der Publikation (real)_cheap*
zu den Produktionsbedingungen im Architektur-Business. (HINWEIS: Bildvergrößerung durch Anklicken)

Buchdeckel von (real)_cheap*
zu den Produktionsbedingungen im Architektur-Business

Wenn Wünsche wahr werden

„Um 17:17 hat das Telefon geläutet“... Mit der Diskussion „1. Preis gewonnen, was tun?“ fand die Forum-Stadtpark Veranstaltungsreihe „(real)_cheap* zu den Produktionsverhältnissen im Architektur-Business“ am 31.05.2007 ihren vorläufigen Abschluss.

Auslöser für die 2004 gestartete Reihe „(real)_cheap“ waren für die Veranstalterinnen Margareth Otti und Ursula Obernosterer sowohl die Frage nach den aktuellen Arbeitsbedingungen von ArchitektInnen als auch ein Zitat des Stadtforschers Georg Franck, der feststellte, „ArchitektInnen arbeiten nicht nur fürs Geld, sondern auch für ihre Reputation“.

Aufgezeigt und hinterfragt wurde dieses Phänomen anhand von Grazer Architektenteams, die aus ihrem Arbeits- und Lebensalltag berichteten. In der ersten Staffel „cheap“ ging es um die Themen Arbeitszeit und Selbstausbeutung, das Wandern – auch in andere Kreativbereiche, den Starkult in der Architekturszene und die Arbeitsrealität von ArchitektInnen. Dem folgte unter dem Titel „real_cheap“ eine zweiteilige Feldforschung in Grazer Büros, deren Ergebnisse in Form von Kurzfilmen festgehalten wurden. (GAT berichtete)

Bei der Abschlussveranstaltung „1. Preis gewonnen, was tun?“ schilderten Architekten die Stunde Null, als der entscheidende Anruf kam und „ein Wettbewerbsgewinn die gesamte Lebensplanung komplett umwirft“, so Clemens Luser von HoG architektur (Wettbewerbsgewinn: Schlossmuseum Linz, Anm.). Plastisch berichten er und sein Partner Martin Emmerer von geplatzten Segelturns, dem Bilden eines schlagkräftigen Architektenteams und dem Aufbau einer bis dahin nicht vorhandenen Infrastruktur.

Terminplanung, interne Zuständigkeiten, Haftungsfragen und der Umgang mit Hierarchien rücken schlagartig in den Vordergrund.

Gernot Ritter (Hofrichter-Ritter Architekten) betont „die Notwendigkeit, bei hoher Verantwortung und Haftung, klare Hierarchien einzuführen, die eine produktive Rückkoppelung im Planungsprozess ermöglichen.“ Flache Hierarchien, wie sie bis dahin im Studium oder dem Arbeiten im kleinen Team praktiziert werden, stoßen hier an ihre Grenzen.

Die Hürden, die sich im Moment eines Wettbewerbsgewinns ergeben, sind jedoch individuell verschieden. Nicht alle Teams starteten tatsächlich von Null auf Hundert. GSarchitects, vertreten durch Brigitte Spurej Jammernegg, hatten eine lange Phase, in der sie zu zweit und mit nur einem Rechner erfolgreich Wettbewerbe für Kollegen produzierten. Erst nach der Ziviltechnikerprüfung war der Auftraggeber nicht mehr ein Architekt. Das erforderte die intensive Beschäftigung mit Architektenvertrag, Businessplan & Co.

Auch Thomas Pucher, der sich in kurzer Zeit über eine große Zahl von Wettbewerbserfolgen (u.a. O.I.C. Headquarter Jeddah, Saudi Arabien) freuen durfte, schildert seinen Weg bis dahin als eher langwierig und von Brüchen begleitet. „Es gab eine lange Zeit des Aufbaus – offen gesagt ging das eigentlich viel zu lange!“

Einigkeit herrscht darüber, dass vor allem gut funktionierende interne wie externe Kommunikationsstrukturen aufgebaut werden müssen. Gernot Ritter begrüßt deshalb neben der aufschlussreichen öffentlichen Debatte auch den Erfahrungsaustausch zwischen den betroffenen Architektenteams. Sie möchten die Veranstaltung zum Anlass nehmen, sich auch weiterhin zu regelmäßigen informellen Gesprächen zu treffen.

„Ich würde mir wünschen, dass die Reihe „(real)_cheap“ als Anregung für weitere Veranstaltungen verstanden wird und das Forum Stadtpark auch in Zukunft eine ideale und intensiv genutzte Plattform für Architekturfragen sein wird“ so Margareth Otti, die damit den Stab an Interessierte weitergibt.

Die Veranstaltung wurde von Rainer Rosegger moderiert.

BUCHPRÄSENTATION:
Zwei Jahre und viele Aktionen nach der ersten Staffel präsentieren die VeranstalterInnen die Ergebnisse der Reihe nun zusammengefasst in einem Booklet mit Beiträgen der teilnehmenden ArchitektInnen, ModeratorInnen und Gäste.

(real)_cheap*
zu den Produktionsbedingungen im Architektur-Business

Herausgeber: Margareth Otti & Ursula Obernosterer
Redaktion: Margareth Otti & Ursula Obernosterer
Verlag Forum Stadtpark, Graz 2007
Graphische Gestaltung: blois
Lektorat: Renate Spath

Autoren: Christa Kamleithner, Claudia Kappl, Judith Laister, Margareth Otti, Heidi Pretterhofer, Rainer Rosegger, Andreas Rumpfhuber, Gernot Stangl und Fabian Wallmüller

Die Publikation ist um 5,90 €, abzüglich 20 % Nachlass für Kammermitglieder (in den nächsten 3 Monaten) im Forum Stadtpark erhältlich.

Verfasser/in:
Anke Strittmatter, Bericht
Netzwerktreffen
16. + 17.11.2023
 
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