24/11/2006
24/11/2006

Slogan Battle anlässlich der Eröffnung der Ausstellung im Stadtsalon des stadtmuseum graz, Foto: (c) Max Wegscheider

Architekt Eilfried Huth moderierte die Diskussion oder Slogan Battle im Rahmen der Eröffnung, Foto: (c) Max Wegscheider

Die Kuratoren Burkhard Schelischansky und Fabian Wallmüller, Foto: (c) Max Wegscheider

Blut- und Wortspenden junger österreichischer Architekturschaffender anlässlich einer Bestandsaufnahme der jungen Architektengeneration des mitteleuropäischen Raums. Eine Ausstellung. Zu sehen bis 10.12.2006 im Stadtsalon des stadtmuseumgraz.

Young Blood. I´m a young „Austerian” Architect! ist die sechste Ausstellung des vom CCEA, Centre of Central European Architecture in Prag, initiierten Zyklus zur Bestandsaufnahme und Gegenüberstellung junger Architekturpositionen im mitteleuropäischen Raum. Intention der Veranstaltungsserie, die bereits seit 2003 läuft, ist es, Herangehensweisen junger Architekten bis 35, ihre Unterschiede oder Ähnlichkeiten auszuloten. Die teilnehmenden Länder – die Tschechische Republik, Slowakei, Slowenien, Polen, Ungarn und Österreich – wurden aufgrund ihrer historischen und kulturellen Verbindung ausgewählt, die einzelnen Länderausstellungen waren zuerst jeweils im Zentrum für mitteleuropäische Architektur in Prag zu sehen, um anschließend in ihre Herkunftsländer zurückzukehren und in Folge als Young Blood EXPORT Europa gemeinsam zu durchwandern.

Für die junge österreichische Architektengeneration fügt sich die Aufgabenstellung, auf einer Ausstellungsfläche von 3,6m³, verstaubar in einem Transportumschlag von 1,2 x 1,0 x 0,5 m, auf den Ausspruch „I´m a young „Austerian” Architect!“ (der Grammatikfehler der Länderbezeichnung ist bewusst gewählt) zu reagieren, nahtlos in ähnliche Veranstaltungen der letzten Jahre wie Frische Fische, Wonderland, Vodka Pur oder architecture in progress.

Die Kuratoren des Österreichbeitrages, Burkhard Schelischansky und Fabian Wallmüller, versuchten die junge Architektengeneration mit dem Aufruf „Zeigen wir Haltung!“ aus der Reserve zu locken: Anknüpfend an die Tradition der Architekturrevolutionäre der 1960er Jahre mit ihren „kantigen Thesen“ und „markigen Sprüchen“ war die Enkelgeneration der damaligen Protagonisten aufgefordert, Position zu beziehen und ihre eigenen architektonischen Haltungen mittels Slogans zu transportieren. Im Rahmen von Diskussionsabenden, so genannten Slogan Battles, sollten die unterschiedlichen Positionen ausführlich diskutiert werden.

Das Echo auf den offenen Ideenwettbewerb hielt sich mit lediglich 18 Einreichungen in Grenzen, wobei das Fehlen der jungen Grazer Architekturschaffenden sowie das Ausbleiben von studentischen Positionen auffiel. Das Schweigen der Architekten verleitet zu mancherlei Vermutungen: Ist es ein Phänomen unserer Zeit, dass unter dem Druck des Neoliberalismus, immer stärker geforderter Flexibilität und Dienstleistungsorientiertheit ganz einfach zu wenig Raum bleibt, Haltungen und Positionen zu entwickeln, die Zeit und Auseinandersetzung bedingen? Kommt der Architektur, die sich immer auch als Seismograph von gesellschaftspolitischen Entwicklungen verstanden hat, ihre Rolle als Aufdeckerin und Mahnende bedenklicher Entwicklungen abhanden? Oder ist es im Wettbewerb der Selbstvermarktung ganz einfach zu wenig sexy, sich mit politischen und sozialen Fragestellungen zu beschäftigen? Ist die Grazer Szene apolitisch? Die Fragestellung, inwieweit die Architektur überhaupt noch imstande ist, gesellschaftspolitische Verantwortung wahrzunehmen, oder ob es sich dabei vielleicht lediglich eine veraltete, nostalgische Vorstellung von ihr handelt, könnte Thema eines Diskussionsabends sein, gäbe es Diskussionen zur Architektur.

Denn sosehr sich Burkhard Schelischansky und Eilfried Huth, als einer, der wie kaum ein anderer Architektur immer auch als sozialpolitische Aufgabe wahrgenommen hat, anlässlich der Eröffnung der Ausstellung am 9. November 2006 auch bemühten, Anwesende zu provozieren, Stellung zu beziehen, so blieben die Statements doch an der Oberfläche.
Die von einer Jury (Gabu Heindl, Architektin in Wien und Lehrende an der Technischen Universität Graz, Eilfried Huth, Architekt und ehem. Professor UdK, Universität der Künste Berlin, Igor Kovačević, Direktor am CCEA, Centre for Central European Architecture in Prag, Mag.arch. Christian Teckert, AS-IF.architekten, Büro für kognitiven Urbanismus, Architekt in Wien und Berlin) ausgewählten und ausgestellten acht Positionen vermitteln auf den ersten Blick das Bild, dass Slogans eben eher Schlagwörter und Werbesprüche sind, als politische Parolen. Das wiederum kann eigentlich nicht den Architektenteams angelastet werden, denn, wie es den Anschein hat, gibt es gar keinen Unterschied zwischen Werbespruch und politischer Parole, womit die Architektur doch wieder ihrer Rolle als Spiegel des jeweiligen Gesellschaftsbildes nachkommt.

Vielleicht liegt es auch am Ausstellungsformat, an der Unmöglichkeit mittels Slogans Haltungen zu transportieren - ohne dazugehörige Diskussionen und fundierte Auseinandersetzung. Eine solche nämlich würde sehr schnell verdeutlichen, dass sich unter der Oberfläche sehr wohl Inhalte verbergen. Die teilnehmenden Teams kennt man aufgrund ihrer Arbeiten, die sehr viel mehr aussagen als plakative Slogans, deren man aufgrund ihrer Allgegenwart mittlerweile möglicherweise überdrüssig ist, die aber vor 50 Jahren noch eine ganz andere Wirkung zeigten.

Einen konsequenten Beitrag, der vielerlei Deutungen zulässt und dabei sehr sinnlich wahrnehmbar sein kann, liefern x architekten mit ihrem Slogan "Be a bloody idealist!" Während der Ausstellungseröffnung wurden die Anwesenden aufgerufen, an einer Blutspendeaktion des Roten Kreuz teilzunehmen.

AUSSTELLUNG:
Young Blood: I’m a Young "Austerian" Architect!
Positionen junger Architektur aus Österreich

Ausstellungsort:
stadtmuseumgraz, Stadtsalon
Sackstraße 18, A 8010 Graz
Ausstellungsdauer:
10. November bis 10. Dezember 2006
Di.-So 10 - 18 Uhr, Do 10 - 20 Uhr
Im Frühjahr 2007 wird die Ausstellung im Architekturzentrum Wien gezeigt.

Teilnehmende Teams:
THE FUTURE IS BRIGHT! THE FUTURE IS ARCHITECTUREAL! / AGENCYOFCHANGE.NET
AllesWirdGut / AllesWirdGut
„“ / feld72
DAS HAUS IST [K]EINE TRÄGE SAU! / GRID architekten
noncon:form vor Ort / noncon:form
Architektur ist die Botschaft / Franz Sdoutz
direct urbanism: plan b tritt in kraft! / transparadiso
Be a bloody idealist! / x architekten

Verfasser/in:
Ute Angeringer-Mmadu, Kommentar
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