30/10/2019

Das Pariser Wahrzeichen

Maximale Transparenz und Sicherheit für die Besucher des Eiffelturms.
Der kontrollierte Zugang zum Turm und die rundumlaufenden Sicherheitsvorkehrungen schützen die BesucherInnen vor Angriffen.

Alle Maßnahmen, die der Sicherung und dem Abschluss dienen, sind rückbaubar.
In vier Jahren werden sich Stadtsenat und Polizei erneut der Frage stellen, ob dieser kontrollierte Bereich notwendig ist.

Architektur
Dietmar Feichtinger Architectes, Montreuil

Landschaftsgarten
Vogt Landschaftsarchitekten, Zürich

Wettbewerb 01/2017
Fertigstellung 12/2018

Bauherr
Stadt Paris

30/10/2019

Das gesicherte Pariser Wahrzeichen – maximale Transparenz und Sicherheit für die Besucher des Eiffelturms. Blickachse Quai

Architektur: Dietmar Feichtinger Architectes©: David Boureau

Blickachse Champs de Mars

©: David Boureau

Blickachse Trocadero

©: David Boureau

Detail Glaswand

©: David Boureau

Eingang in die Gärten

©: David Boureau

Blick auf den Garten

©: David Boureau

Teich im Garten

©: David Boureau

Axonometrie

©: Dietmar Feichtinger Architectes

Detail Glaswand

©: Dietmar Feichtinger Architectes

Detail Cortenstahlwand

©: Dietmar Feichtinger Architectes

Ansichten

©: Dietmar Feichtinger Architectes

Lageplan

©: Dietmar Feichtinger Architectes

Die Attentate des islamischen Staats im Stade de France 2015 und am Nationalfeiertag 2016 in Nizza veranlassten die französischen Behörden, ihre Sicherheitspolitik an stark frequentierten Orten zu verstärken. Menschen sollen sich angstfrei und ungehindert frei bewegen können und sicher fühlen. Daher wurde auch zum Schutz des Wahrzeichens von Paris, dem Eiffelturm, ein geladener Wettbewerb ausgelobt, der Ideen zur Verstärkung der Schutzmaßnahmen rund um den Eiffelturm und Verbesserungen für die Aufenthaltsqualität der BesucherInnen aufzeigen sollte. Die Ideen des Architektenbüros Dietmar Feichtinger Architectes bestachen bei diesem Verfahren durch ihre Klarheit, Strukturierung der Besucherströme und die Schaffung einer besseren Übersichtlichkeit für die Sicherheitskräfte.

Zwei über 200 Meter lange und 3,24 Meter – genau ein Hundertstel des Turms – hohe Wände aus schusssicherem Hochsicherheitsglas lassen die wichtige städtebauliche Blickachse von der Ecole Militaire bis zum Palais de Trocadéro weiterhin wirksam bleiben, während die Umleitung der Besucherströme für freiere Sicht sorgt.
Fixe Poller als Aufprallschutz an den Rändern der Gehsteige des stark befahrenen Quai Branly und der Avenue Gustave Eiffel schützen vor Amokfahrten. Als geschlossener Bereich im Inneren kann nun der revitalisierte mit Zäunen aus Cortenstahl stimmig eingefasste Landschaftsgarten der Weltausstellungen von 1867 und 1878 wieder genossen werden. Sieben Millionen Besucher pro Jahr können nun entspannt das 1000 Fuß hohe Wahrzeichen, das anlässlich der Weltausstellung 1889 – zum 100. Jahrestag der Französischen Revolution – in die Gärten gebaut wurde, besichtigen und den Park genießen.

Die Glasscheiben der neuen Wand sind insgesamt 72 Millimeter dick und bestehen aus sechs Schichten. Um sie möglichst leicht und transparent erscheinen zu lassen, sind sie aus hochtransparentem Glas und freitragend ausgebildet im Boden eingespannt. Die einzelnen Stöße benachbarter Scheiben sind mit glatten Nirostaprofilen abgedeckt, an denen auch die Beleuchtung – ein schlichter Quader aus Edelstahl, der bündig mit dem Profil ist – und die Überwachungskameras montiert sind. Die Gläser selbst ragen über diese Steher hinaus, wodurch die Wand noch filigraner wirkt und das unbeobachtete Überklettern verhindert. Sie besticht durch ihr unauffälliges Design und ist lärmabweisend.

Bei der Gestaltung der Zugänge zum Eiffelturm durch den historischen Landschaftsgarten wandten Dietmar Feichtiger Architectes eine ähnliche Denkweise an, wie bereits bei der Neugestaltung der Brücke zum Mont Saint Michel. Sie betrachteten die Gesamtsituation und strebten danach, sie dem früheren, originalen Zustand anzunähern. In der Normandie wurde mit der Brücke auf zarten Stützen die Verlandung des Mont Saint Michel aufgehalten und rückgängig gemacht. Im Fall des Eiffelturms nutzen Dietmar Feichtinger Architectes die Notwendigkeit, einen klar abgegrenzten, überwachten Bereich um den Eiffelturm zu schaffen, um den historischen Garten der Weltausstellung wieder zu neuem Leben zu erwecken und in die Planung miteinzubeziehen. Wesentlich bei der Gestaltung der Schutzmaßnahmen war, sowohl die große, städtebauliche Achse zwischen dem Palais de Trocadéro und der Ecole Militaire in ihren Blickverbindungen wirksam zu belassen, als auch die kleinmaßstäblichen Sichtbezüge im romantischen Park wieder zu reaktivieren.

Die Zugänge zum Eiffelturm wurden neu organisiert: Man betritt das Areal des romantischen Landschaftsgartens, der von Vogt Landschaftsarchitekten aus Zürich behutsam wiederhergestellt und stilgetreu neugestaltet wurde, im Nahbereich der Avenue Eiffel an den schmalen Flanken des Parks: Sechs nebeneinander liegende, ebenso transparente Eingangsschleusen aus Glas mit filigranen Glasdächern, an denen je zwei Sicherheitskräfte die Eiffelturm-Besucher kontrollieren, sorgen trotz großen Andrangs für ein zügiges Fortkommen. Ausgeführt sind auch diese Zugangsschleusen aus Glas, das von einer filigranen Stahlstruktur getragen wird.
Sie sind im Nahbereich der romantischen Seen positioniert, die von einem Zaun aus Cortenstahl eingefasst sind. Sein ovaler Verlauf reagiert ebenso wie Ausführung und Entwurf auf das organische Wesen des Parks, seine historischen Wegführung und die Besonderheit des Ortes: Die Cortenstahl-Elemente des Zauns sind 324 cm hoch – und damit genau ein Hundertstel des Eiffelturms. Auch ihre Form lehnt sich an der Silhouette des Turms an: Dieser Zaun ist an der Basis breiter und stabiler, läuft nach oben hin – ähnlich dem Eiffelturm – auf ein verbindendes Profil zusammen. Dieses in zwei Meter breiten Stücken vorgefertigte schwer bekletterbare Zaunelement wirkt wie eine Papierfaltung, referiert auf den Eiffelturm und harmoniert mit der umgebenden Pflanzenwelt. Im unteren Bereich ist dieser Zaun, der an ein Weidengeflecht erinnert, durch ein dichtes Metallgewebe verstärkt. Auch er ist auf Streifenfundamenten befestigt, dezent beleuchtet und überwacht. In diesen ovalen Bogen des Zauns sind auch die Ausgänge integriert: Runde Drehtüren aus Glas, von Glasdächern vor Witterung geschützt. Wer zum Eiffelturm will, muss jetzt ein Stück durch den Park gehen. Ein Spazierweg, der auf die Begegnung mit dem Eiffelturm einstimmt.

Alle Maßnahmen, die der Sicherung und dem Abschluss dienen, sind rückbaubar. In vier Jahren werden sich Stadtsenat und Polizei erneut der Frage stellen, ob dieser kontrollierte Bereich notwendig ist.

Über den Eiffelturm
Der Eiffelturm ist eines der bedeutendsten Wahrzeichen von Paris und eines der meistbesuchten Wahrzeichen der Welt. Der von Gustave Eiffel erbaute und 1000 Fuß hohe Turm wurde 1889 eröffnet und diente ursprünglich als Aussichtsturm und monumentales Eingangsportal der Pariser Weltausstellung, die zum Hundert-Jahr-Jubiläum der französischen Revolution veranstalte wurde.
Städtebaulich effektvoll ist das Wahrzeichen von Paris in einer weit wahrnehmbaren Sichtachse positioniert: am linken Ufer der Seine am Champ de Mars in einer städtebaulichen Achse mit der Pont D‘Iena und dem Palais du Trocadéro am anderen Ufer und der École Militaire im Südosten. Unmittelbar im Nordwesten des Eiffelturms verläuft an der Seine der stark befahrene Quai Branly, im Südosten quert die Avenue Gustave Eiffel das Gelände.
Der Eiffelturm symbolisiert die französischen Grundwerte: Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit. Gustave Eiffel war ein erfahrener Brückenbauer, der Turm wurde ebenso wie sonst Brücken aus genietetem Schmiedeeisen errichtet. Insgesamt verarbeitete man 7.300 Tonnen Stahl, viele der 18.038 Einzelteile sind vorproduziert. Der Eiffelturm war also in vielerlei Hinsicht fortschrittlich, visionär und bei seiner Eröffnung das höchste Bauwerk der Welt. Seit 1964 ist er als Monument Historique denkmalgeschützt, 1986 nahm die American Society of Civil Engineers den Eiffelturm in die Liste der historischen Meilensteine der Ingenieursbaukunst auf. Mit rund sieben Millionen zahlenden Besuchern pro Jahr zählt er zu den meistbesuchten Wahrzeichen der Welt.

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