16/01/2020

MINUS – Erdgeschoßzone

Zur Problematik der Erdgeschoßzonen in der dichten Stadt am Beispiel Heinrichstraße 73, Graz-Geidorf

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In der Kommentar-Reihe PLUS / MINUS werden kurz und bündig positive wie negative Gestaltungen und Details aufgezeigt, die das Auge erfreuen oder beleidigen.

Sollten Sie, werte Leserin und werter Leser, auch bemerkenswerte Entdeckungen im öffentlichen Raum machen, so laden wir Sie ein, diese abzulichten und im jpg-Format mit einem kurzen Text und Ihrem Namen per eMail an redaktion@gat.st zu senden.

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16/01/2020

Wohnbau Heinrichstraße 73, Ecke Rosenhaingasse, 8010 Graz von Venta. Realisierung sieht wohl anders aus als die Planung (siehe Link > grazerbe.at)

©: Elisabeth Kabelis-Lechner

Betonwand – soll begrünt werden?

©: Elisabeth Kabelis-Lechner

Wohnungsein- ...

©: Elisabeth Kabelis-Lechner

... und aufgänge

©: Elisabeth Kabelis-Lechner

Der Wohnbau gegenüber zeigt, wie es auch ohne multifunktionale Erdgeschoßzone hätte gehen können.

©: Elisabeth Kabelis-Lechner

Zur Problematik der Erdgeschoßzonen in der dichten Stadt am Beispiel eines Neubaus in der Heinrichstraße 73, Graz-Geidorf (Uni-Nähe)

An diesem Standort befand sich vorher ein altes Vorstadthaus aus dem 18. Jahrhundert: das Zieglerhaus (siehe Link > grazerbe.at). Mit dem neuen Flächenwidmungsplan 4.0 wurde die Dichte von 0,8 auf 1,2 angehoben.
Die VENTA Real Estate Group errichtete hier 48 Mietwohnungen. Auf den ersten Projekt-Renderings, die noch im Internet herumgeistern, versuchte man sich noch etwas grün zur Straße hin zu präsentieren, wenn auch mit zu wenig Abstand zu dieser. Das Projekt wurde von AnrainerInnen aber auch von Altstadtschützern wie Peter Lauckhardt sehr kritisiert und wie sich heute zeigt, mit Recht. Der realisierte, erst kürzlich fertiggestellte Bau, steht direkt an der Heinrichstraße, klobig und abweisend, respektlos gegenüber dem dahinter liegenden Y-Wohnhaus. Durchgehende Laubengangfassade, mehr als geschoßhohe Betonmauer direkt am Gehsteig, keine Bäume, keine Büsche. Aber es ist bzw. war eine Fassadenbegrünung geplant (siehe Link > grazerbe.at), die, so wie ausgeführt, eher nicht gelingen wird (15 cm breiter Erdstreifen zwischen Gehsteig und Betonmauer, bzw. Gehsteig und Gehweg). Man könnte natürlich auch darüber nachdenken, wie es dieses „qualitative“ Projekt durch den Gestaltungsbeirat geschafft hat, auch weil im Räumlichen Leitbild hier ein Verbot für Laubengänge an der Straße besteht, aber in diesem Beitrag geht es um die Gestaltung der Erdgeschoßzone.

Wenn ein Grundstück die Widmung Wohnen Allgemein mit Dichte 0,6-1,2 aufweist und an einer belebten Straße, in unmittelbarer Nähe zum Univiertel und fußläufig zum Zentrum liegt, besteht die größte Bausünde darin, dass hier keine attraktive, multifunktionale Erdgeschoßzone geschaffen wurde. Im Gegenteil: das Erdgeschoß wird hier bis auf den mickrigen, finsteren Hauszugang und „Aufstieg“ zu den Laubengängen ausschließlich als Garage oder Keller genutzt, teilweise offen zum Gehsteig, ansonsten hinter der rohen Betonwand gelegen. Das Vorbeigehen an diesem Haus ist unangenehm, die offene, finstere Garage ein Angstraum. Dem Gebäude fehlen „soziale Augen“ zur Straße: Eine Straße wird von FußgängerInnen dann als angenehm bzw. sicher empfunden, wenn die straßenbegleitenden Gebäude im Sockel- bzw. Erdgeschoß soziale Augen haben – das heißt Fenster oder Auslagen von Geschäften, Lokalen und Büros bzw. auch Fenster von Hochparterrewohnungen und darüber liegenden Wohnungen. Ein Haus mit offener Garage im Eerdgeschoß, Betonwand  und Laubengangfassade hat keine sozialen Augen zur Straße und tritt mit dieser nicht in Interaktion.

Die VENTA Group liefert hier ein absolutes Negativbeispiel für Bauen in der dichten Stadt und entwertet die Heinrichstraße in diesem Bereich vollkommen.

Wie man ein Gebäude mit reiner Wohnnutzung ohne multifunktionale Erdgeschoß-Zone gut zur Straße positioniert, zeigt der Wohnbau schräg gegenüber: man baut mit Abstand, ein breiter Vorgartenstreifen mit Alleebäumen bildet einen attraktiven, grünen Übergangsbereich zwischen privatem Wohngebäude und öffentlichem Straßenraum.

Anonymous

Diese angeblich funktionalen Häuser, die neuerdings gebaut werden, wirken abweisend und scheinen Wohnen und Abschottung gleichzusetzen. Ich wünsche mir aber eine Stadt, in der das Miteinander auch schon in der Architektur zum Ausdruck kommt.

Mo. 20/01/2020 4:31 Permalink
Anonymous

Der hier genannte Bauträger scheint überhaupt Spezialist für unattraktive Erdgeschosszonen zu sein. Das Projekt "Ost-Wohnen am Stadttor" ist hier auch ein Paradebeispiel. Die Stadt Graz scheint in letzter Zeit lieber über Plabutschgondeln und U-Bahnen nachzudenken, als sich Gedanken über die Grünausstattung und die Wirkung im Straßenraum bei innerstädtischen Bauprojekten zu machen. Gerade im Zuge der Klimadiskussion scheint ein 2,0 m breiter "Grün"-Streifen doch etwas mager. Die dahinter liegende Parkzone trägt auch nicht zur Attraktivierung dieses "Stadttores" bei.

Di. 21/01/2020 11:50 Permalink
Anonymous

Das Gebäude wurde in der kalten Jahreszeit fertiggestellt, daher gibt es naturgemäss noch keine der geplanten Begrünungsmassnahmen...
Die Venta hat nicht zum Spass die gebäudehohen Rankgitter aufgestellt oder entlang der Betonmauern Teile mit Erde statt Schotter befüllen lassen für eine zukünftige Wandbegrünung.
Das der Neubau sich der Straße abwendet liegt daran das hier wochentags zigtausende Pendlerautos vorbeifahren, verursacht von der fortschreitenden Bebauung der ländlichen Gebiete um Graz herum, darüber sich aufzuregen wäre richtig statt sich wiedermal über die umweltfreundliche Erhöhung der Bebauungsdichten in Graz zu beschweren.
Letztes Foto im hiesigen Artikel: Der aus dem letzten Viertel des 20. Jhd stammende zurückversetzte Wohnbau gegenüber ist zu niedrig für seine innerstädtische Lage gekoppelt mit einer Bushaltestelle vor der Tür mit innerstädtischer Bedienqualität der Kategorie 1.

Di. 28/01/2020 2:21 Permalink
Anonymous

Antwort auf von Anonymous

Fassadenbegrünung - das scheint jetzt wohl das Allheilmittel für alles zu sein: Feinstaub, Klimawandel, Ideenlosigkeit... Und was ist, wenn wir die Trendwende schaffen und der Individualverkehr sich in den nächsten Jahren drastisch reduziert? Die schreckliche Fassade wird bleiben. Also das kann doch kein Argument sein. Schallschutz geht auch anders. Bitte machts doch einfach wieder ansehnliche Baukörper, die man nicht verstecken muss und die genug Platz lassen, damit auch noch wo ein Baum wachsen kann!

Di. 28/01/2020 8:55 Permalink
Anonymous

Antwort auf von Anonymous

Vor dem hiesigen Projekt ist links der Garageneinfahrt Platz für zumindest einen Baum.
Man kann derzeit Bauträger deren Bauplatz nicht Teil eines Bebauungsplans ist generell nicht dazu zwingen Bäume zu pflanzen, dies wird sich aber wohl ändern wegen dem immer stärker merkbaren Klimawandel und Hitzeinseleffekt.

Do. 30/01/2020 2:43 Permalink
Karin Tschavgova

Antwort auf von Anonymous

Die das/dass-Fehler als Markenzeichen des anonymen Schreibers, der immer die Grazer Stadtplanung und mediokre Architektur verteidigt - originell !!
PS: Ob der genannte Wohnbau vis à vis zu niedrig ist für heutige Vorstellungen von urbaner Dichte, war hier nicht das (angesprochene) Thema. Es ging um die Qualität von Erschließungszonen und Erdgeschoßzonen an Straßen im städtisch-dichten öffentlichen Raum. Das wäre ein Thema zur städtischen Verdichtung, das man wohl einmal wissenschaftlich-theoretisch mit Recherche und Vergleich abhandeln müsste, vor allem, wenn man im Bereich der Stadtplanung und Stadtentwicklung arbeiten und mitgestalten darf wie vermutlich unser anonymer Schreiberling.

Do. 30/01/2020 10:55 Permalink
Anonymous

Antwort auf von Karin Tschavgova

Schreiberling: Ihr Markenzeichen ist dagegen scheinbar über jeden Neubau in Graz zu jammern.
In den Neubauten, die in der Karlauerstraße die nicht mehr zeitgemässe dörfliche Bebauung ersetzten werden, kommen übrigens die von ihnen so ersehnten belebten EG Zonen, ich hoffe das die in Zeiten von Amazon gefüllt werden können weil leere Geschäftsflächen schauen auch nicht gut aus.
In der Karlauerstraße sind auch Straßenbäume geplant um Grün in diese bisher öde Asphaltwüst zu bringen.

Do. 30/01/2020 2:34 Permalink
Karin Tschavgova

Antwort auf von Anonymous

Es erstaunt mich immer wieder, woher Menschen wie Sie ihr Selbstbewusstsein und ihre scheinbare, behauptete Selbstsicherheit in Fachfragen nehmen. Das Ergebnis von kontinuierlich erarbeitetem Fachwissen kann es nicht sein - eher ein reflexartiges Verteidigen-müssen jeglicher kritischer Betrachtung der Stadtentwicklung durch Frau Lechner, fallweise auch durch andere und mich. Hätten Sie ein solches, ein fundiertes Wissen, dann wüssten Sie, dass urbane Erdgeschoßzonen ein komplexes Thema sind, das in anderen Städten im Wissen um die Problematik sehr bewusst "angegangen" wird, etwa durch ein Erdgeschoßmanagement. Dem Markt alleine kann man, wie man hierorts überall schon im gebauten Ergebnis sehen kann, die Befüllung der EG-Zonen nicht überlassen, will man eine lebenswerte, lebendige Straßen-/Begegnungszone erhalten, die für den von den Stadt angeblich zukünftig forcierten und geförderten Fußgänger- und Radfahrverkehr fit gemacht ist. Dass nicht einmal die "Stützung" allein ausreichend ist, zeigt die Jakoministraße, die wohl zu eng für drei unterschiedliche Nutzergruppen, um je eine beliebte Flanierstraße aus ihr zu machen. Gerade in der Karlauerstraße scheint mir jetzt der richtige Zeitpunkt zu sein, Maßnahmen zur Umgestaltung in eine fußgängerfreundliche Straße umzusetzen - Hand in Hand mit der massiv geplanten Verdichtung durch "Investorenwohnbau für Anleger". Hintennach wieder einmal? Reparieren wieder einmal, was den Investoren nicht auferlegt wurde in der Baugenehmigung? Elisabeth Lechner sei einmal aufrichtig gedankt - denn sie macht Arbeit, die eine Pflicht der Stadtplanung und aller Ämter sein muss, sein müsste, die bei diesen Entwicklungen involviert sind. Warum kriegt die Immola nicht den Auftrag, den gesamten Gehsteig als Neugestaltung zu übernehmen? Wenn die Gründe das unterschiedliche Eigentum sind, dann frage ich mich, warum man sich nicht darauf einigen kann, die Gehsteigzone als gemeinsame Neugestaltung zu errichten? Jeder Zaun zwischen zwei Grundstücken braucht eine Übereinkunft zwischen zwei Eigentümern.
Aber es scheint alles sooo schwierig, die realen Schwächen zu ändern so schwer und die Strukturen so träge, dass man glaubt, den miserablen Istzustand verteidigen zu müssen, die Kritik an den unhaltbaren Zuständen vehement zurückweisen zu müssen.
Warum nehmen Sie diese nicht dankbar auf in ein Pflichtenheft und versuchen, solche Unzulänglichkeiten wie die von Frau Lechner beschriebenen und abgelichteten systematisch und umfassend im gesamten Stadtbereich zu eliminieren? In Zusammenarbeit mit den anderen zuständigen Ämtern und nicht in dauernder gegenseitiger Abgrenzung und Schuldzuweisung, wie dies zur Zeit von der Politik betrieben wird (siehe Zuständigkeiten von Frau Kahr und das ständige dagegen Opponieren). Kritik reflexartig abzuwehren mit schwachen Argumenten ist genauso lächerlich wie die anstehenden großen Aufgaben unserer Zeit parteipolitisch und nicht sachbezogen zu lösen.
Als Pressesprecher der Stadtplanung eignen Sie nicht, auch nicht in Ihrer jetzigen anonymen Funktion als rechtschreib- und grammatikschwacher Schreiberling. Zeigen Sie doch einmal, was Sie können, durch gute, öffentlich bemerkbare Sacharbeit in unserer Stadt. Das Pouvoir dafür haben Sie in Ihrer Funktion, da bin ich mir sicher. Dann könnten Sie auch einmal stolz vor den Vorhang treten und hätten vor Ihrer gut dotierten Pension noch etwas bewirkt, was Ihrem Ego wirklich schmeicheln könnte (wirkungsvoller als selbst beweihräuchernde Bücher und Behauptungen, wie gut doch alles sei) und das für die Stadt und ihre Bewohner und Bewohnerinnen eine Verbesserung des Ist-Zustands brächte.
PS: alternativ (sollten Sie weiterhin das Gefühl haben, wie zu vermuten ist, dass eh alles in bester Ordnung und im bestmöglichen Zustand ist) lassen Sie sich bitte wenigstens einen Deutschkurs als Fortbildungsmaßnahme verordnen.

So. 02/02/2020 11:42 Permalink
Anonymous

Danke, für die treffenden Worte + Bilder
- ich wohne in unmittelbarer Nachbarschaft.
Der Vergleich zeigt, dass es auch durchaus
anders ginge...

Sa. 25/01/2020 10:26 Permalink
anwohner

Antwort auf von Anonymous

dieser müsste aber bei einem solchen bauvolumen unbedingt dabei sein, es war ja kein wettbewerb. da sie offensichtlich wissen, dass dieser nicht dabei war, schließe ich daraus, dass sie uns leser die begründung, warum er nicht dabei war, zukommen lassen.

Mo. 25/05/2020 10:08 Permalink
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