24/02/2016

Interview mit Matthias Schuler und Max Bauer, Transsolar, zu bauphysikalischen Fragestellungen bei monolithischem Bauen. Transsolar ist international bekannt für die Entwicklung von innovativen Klima- und Energiekonzepten, speziell angepasst an die Rahmenbedingungen der jeweiligen Projekte.  

Dieses Interview erscheint im Rahmen des GAT-Schwerpunkts Monolithisch Bauen.

24/02/2016

Thermisch aktivierte Ultraleichtbetonwand, Holcim Innovation Award 2012

©: Barkow Leibinger Architekten, Mike Schlaich und Transsolar

Matthias Schuler, Transsolar

©: Matthias Schuler

Max Bauer, Transsolar

©: Max Bauer

Materialien einschichtige Wandaufbauten

©: Transsolar

Fenster-Kernbohrungen im Haus 36

©: Tim Lüking

Das Büro Transsolar ist international bekannt für die Entwicklung von innovativen Klima- und Energiekonzepten, die spezifisch auf die Rahmenbedingungen der jeweiligen Projekte entwickelt werden. Diese Expertise hat das Büro auch in einige abgeschlossene und noch laufende Bau- und Forschungsprojekten mit Leichtbeton eingebracht. Matthias Schuler, der Bürogründer und einer der Geschäftsführer von Transsolar, sowie Max Bauer haben Tim Lükings Fragen hinsichtlich bauphysikalischer Themenstellungen zum Schwerpunkt „Monolithisch Bauen“ beantwortet.

Energiedesign mit monolithischen Gebäudehüllen

Monolithisch Bauen impliziert – vermeintlich – Einfachheit im Planen und Bauen. In der Zeichnung gibt es lediglich zwei Linien, zwischen denen sich eine Schraffur aufspannt; auf der Baustelle bringen Betonbauer eine Leichtbetonmischung in die Schalung ein, die ausgeschalt das fertige Bauteil bildet oder eine Maurerkolonne mauert eine Ziegelwand auf, ohne anschließend in zahlreichen weiteren Schritten ein Wärmedämmverbundsystem applizieren zu müssen. Das wäre eine Einfachheit, von der heutige PlanerInnen häufig träumen und die auf konstruktiver Ebene die derzeit häufig nur scheinbare Simplizität manch eines minimalistischen Bauwerks fortführen könnte, unter dessen homogenisierender Oberfläche sich eine komplexe Schichtung unterschiedlichster Baustoffe befindet. So schadensanfällig die falsch ausgeführte Hülle eines Passivhausbaus ist, so sehr scheinen die Bewohner bzw. Nutzer von Passivhäusern mit deren „Bedienung“ überfordert. Projekte wie 2226 von be baumschlager eberle (siehe auch Artikel „Gesch(l)ichtet“ von Markus Stevens) oder das von Ihnen bearbeitete Haus 36 in Stuttgart von MBA/S mit einer Gebäudehülle aus Leichtbeton hingegen scheinen keine haustechnisch hochgerüsteten, fragilen Gebilde zu sein. Lässt sich das so vereinfacht feststellen, dass einschichtige Gebäudehüllen durch ihre niedrige Temperaturleitfähigkeit, also dem Verhältnis von einer geringen Wärmeleitfähigkeit zu einer verhältnismäßig hohen Speicherfähigkeit, einfache Gebäude-Klimakonzepte für den mitteleuropäischen Raum unterstützen?

Transsolar: An dieser Stelle muss zwischen der Einflussnahme einer Gebäudehülle auf den Innenraum des Gebäudes und den städtischen Raum unterschieden werden. Wird das Augenmerk ausschließlich auf den Innenraum gelegt, so muss ehrlicherweise gesagt werden, dass ein mehrschichtiger Wandaufbau mit einer schweren Ebene zum Innenraum diesbezüglich Vorteile vorweist. Dies ist durch die getrennte Zugänglichkeit der Speicherkapazität sowie der wärmedämmenden Ebene zu begründen. Einschichtige Gebäudehüllen vereinen beide Funktionen hingegen in einer Ebene, wodurch eine reduzierte Zugänglichkeit der thermischen Masse der Wandflächen festgestellt werden muss. 
Wird darüber hinaus allerdings der Einfluss einer Gebäudehülle auf das städtische Klima berücksichtigt, so bietet die einschichtige Gebäudehülle den Vorteil, dass die Außenflächen damit auch Speicherkapazität für den städtischen Raum bilden. Dadurch können diese Gebäudehüllen, im Gegensatz zu mehrschichtigen Gebäudehüllen, bei welchen die Wärmedämmung die äußerste Ebene bildet, einer städtischen Überhitzung entgegenwirken. 
Bei einschichtigen Wandaufbauten kann zwischen unterschiedlichen Materialien differenziert werden. Die Unterschiede zwischen verschiedenen Materialien für einschichtige Wandaufbauten sind in der Tabelle links exemplarisch an vier Materialien aufgeführt: Hochlochziegel, UltraLeichtbeton, Porosierter Ziegel, Porenbeton. 
Wie die Aufführung verdeutlicht, besitzen diese Stoffe jeweils unterschiedliche volumetrische Energiedichten. Dabei schneidet der Ultraleichtbeton mit einer Rohdichte von 800 kg/m³, welcher häufig noch eine Außenseiterrolle im monolithischen Bauen einnimmt, beispielsweise besser ab als Hochlochziegel mit einer Rohdichte von 650 kg/m³. Diese Aufführung verdeutlicht, dass der Ultraleichtbeton durch eine Ortbetonverarbeitung und der Herstellung großflächiger Fertigteile mit der Möglichkeit einer Integration von wassergeführten Aktivierungssystemen Vorteile gegenüber herkömmlichen Materialien für monolithische Außenwände aufweist und somit in der Zukunft mit Sicherheit eine wesentliche Rolle in diesem Bereich des Bauens einnehmen wird.

Bei den eingangs erwähnten Projekten 2226 und Haus 36 handelt es sich einmal um ein mehrgeschossiges Bürogebäude und einmal um ein freistehendes Einfamilienhaus. Scheinbar eignen sich einschichtige Außenwände für das gesamte Bauspektrum – oder gibt es aus energietechnischer Sicht aufgrund der Nutzungen doch Objekte, für die sich monolithische Bauweisen eher anbieten oder eben weniger eignen?

Transsolar: Grundsätzlich kann gesagt werden, dass sich einschichtige Außenwände sowohl für Nichtwohngebäude als auch für Wohngebäude eignen. Die Vorteile von einschichtigen Bauteilen liegen insbesondere in der Speicherkapazität nach außen, die eine nächtliche Abkühlung der Wandoberflächen und damit eine Taupunkt-Unterschreitung deutlich, gegenüber einem Wärmedämmverbundsystem mit leichtem Deckputz, reduziert. Damit lässt sich der Zusatz von auswaschbaren Fungiziden in den Putzsystemen vermeiden, ohne dass es zu großflächigem Befall von Algen oder Flechten kommt. Grundsätzlich kann definiert werden, dass für eine Nachtauskühlung Decken und andere interne Bauteile wie Wänden eine weitaus wichtigere Rolle spielen als die Außenwände eines Gebäudes. Dies bedeutet, mit einem vernünftigen Energiekonzept kann die monolithische Bauweise für jegliche Nutzung angewendet werden.

Kritiker der geschichteten Bauweise bemängeln unter anderem häufig, dass solare Zugewinne durch die Dämmstoffe verhindert werden, weil diese keine nennenswerte Speichermasse haben. Es gibt zumindest einen Leichtbetonanbieter, der sich diesen Ansatz aneignet und in einer Informationsbroschüre darauf hinweist, dass die klassische U-Wert-Berechnung über die Wärmeleitfähigkeit deswegen nicht sinnvoll ist und darum einen dynamischen U-Wert für sein Produkt ausweist. Gibt es einen entsprechenden positiven Effekt gegenüber WDV- oder VHF-Systemen? Die Auswirkungen müssten doch eigentlich in Zusammenhang mit Faktoren wie Ausrichtung oder Helligkeit der Oberfläche stehen, wovon in der Broschüre jedoch nichts vermerkt ist.

Transsolar: Da diese Diskussion immer wieder geführt wird, wurden für das Haus H36 bezüglich des dynamischen U-Werts Untersuchungen durchgeführt. Diese wurden mittels thermischer Simulation umgesetzt. Es wurde dafür ein einfaches Gebäude nach dem „Schuhschachtelprinzip“ generiert. Dafür wurde ein Gebäude mit vier Außenwänden, einem Flachdach und einer Bodenplatte modelliert. Dabei wurde in jede der vier Himmelsrichtungen eine Außenwand orientiert. In der Simulation wurde auf interne sowie solare Lasten im Innenraum verzichtet. Die Ermittlung des dynamischen U-Wertes zeigte, dass bei einem Absorptionsgrad von 50% dieser lediglich um ca. 2% besser war als der statisch ermittelte U-Wert. Erhöht man den Absorptionsgrad auf 80%, steigt diese Verbesserung auf 35% an. Im Einsatz für die Randbedingungen des Haus H36 ergaben sich nur Verbesserungen des U-Wertes um ca. 5%. Es wurde daraus schlussgefolgert, dass wenn zusätzlich interne sowie solare Lasten für den Innenraum berücksichtigt werden die Einflüsse des dynamischen U-Wertes nahezu vernachlässigbar erscheinen. 
Andere Untersuchungen haben gezeigt, dass der dynamische U-Wert insbesondere bei Verglasungen eine entscheidende Rolle spielt. Dabei konnte ermittelt werden, dass durch die solare Wärmeabsorption in der Wandtiefe der dynamische U-Wert einer 50cm monolithischen Glaswand um ca. 50% besser ist als der statisch berechnete U-Wert.

Lassen sich wirksame, sinnvolle konkrete Entwurfsempfehlungen aus der Thematik der solaren Zugewinne ableiten? Sollte man Nordwände zum Beispiel dicker gestalten oder hat es einen spürbaren Effekt, wenn man sie ein wenig verdreht, so dass sie selbst im Winter bei klarem Wetter zumindest eine gewisse Zeit besonnt werden? Welche Erkenntnisse haben Sie in Ihren durchgeführten Projekten in diesem Bereich gewonnen?

Transsolar: Im Bereich der Verglasung wird ein solches Vorgehen bereits praktiziert. Häufig werden für Südfassaden andere Gläser eingesetzt als beispielsweise in einer Nordfassade. Da es äußerst umstritten ist, ob es einen dynamischen U-Wert für Wände gibt, ist auch die Antwort auf die ideale Bauteildicke nicht pauschal zu beantworten. Eine Überlegung wäre allerdings beispielsweise Südwände dünner auszubilden, um in den Wintermonaten die Gewinne für den Innenraum durch indirekte solare Einträge durch die Wand zu erhöhen. Da ein solches Vorgehen u.a. auch Einfluss auf das bauphysikalische sowie statische Verhalten nimmt, muss abgewägt werden, ob der Aufwand im Verhältnis zu den Vorteilen steht. 

Bei einem Einfamilienhaus mit einer Leichtbetonhülle in der Schweiz musste der Bauherr nachträglich das einschichtig ausgeführte flach geneigte Dach mit einer speziellen reflektierenden Farbe anstreichen, da es zu einer sommerlichen Überhitzung kam. Gibt es generelle Situationen, die man vermeiden sollte?

Transsolar: Diese Problematik ist uns durchaus bekannt und wurde für das Haus H36 explizit beachtet. Grundsätzlich kann natürlich gesagt werden, dass dunkle Oberflächenfarben insbesondere im Dachbereich vermieden werden sollten. Dies bedeutet, die Absorption des Daches sollte – auch aus Gründen der städtischen Aufwärmung – so niedrig wie möglich gehalten werden. 
Darüber hinaus kann einer sommerlichen Überhitzung mit einem dicken Dachaufbau entgegengewirkt werden. Dies bedeutet, es sollte ausreichend Speicherkapazität vorgesehen werden. 
Zusätzlich wurde im Haus H36 eine sogenannte „Aktivierung“ eingesetzt. Diese besteht aus Rohrschlangen, welche oberflächennah an der Innenseite des Daches in den Beton eingebracht wurden. Eine Durchströmung dieser Rohre im Sommer mit frei gekühltem Wasser aus den 5 Erdsonden mit 50 m Tiefe bietet die Möglichkeit, die Wärmeeinträge in das Gebäude zu verringern. 

Bei Leichtbetonwänden werden häufig im Konzept aktivierende Maßnahmen vorgesehen, indem Schläuche nahe der inneren Oberfläche zum Heizen und Kühlen und auf der äußeren Seite für die Ausbildung eines Massivabsorbers vorgesehen sind. So war es zum Beispiel bei dem Beitrag „Smart Material House“ für die IBA in Hamburg (siehe auch Artikel „Infraleichtbetonforschung – Forschung für die Anwendung“) und auch Haus 36 sollte in den ersten Planungen sowohl innen als auch außen aktiviert werden. Sowohl bei dem IBA-Prototypen als auch beim Haus 36 wurden schlussendlich nur auf der Innenseite die Schlaufen eingebracht. Aus Sicht der Wartung und der unterschiedlichen Lebenszyklen ist es auf den ersten Blick ja nicht sinnvoll, Schläuche in eine Betonwand einzulegen. Können Sie den Einfluss auf das Energiesystem beschreiben? Was leistet die Aktivierung?

Transsolar: Diese Aussage ist in dieser Form nicht ganz richtig. Beim gebauten IBA-Wand-Prototypen, an welchem unter anderem auch Barkow Leibinger sowie Mike Schlaich beteiligt waren, wurde sowohl die Innenseite als auch die Außenseite aktiviert. (Siehe Schema im Bild 1) Beim H36 wurde in der Tat nur die Innenseite zur Entwärmung aktiviert. Der Vorteil einer Aktivierung durch wandoberflächennahe Rohrschlangen auf der Außenseite ist der, dass sie im Winter eine aktive Dämmung darstellt und im Sommer zur nächtlichen Wärmeabgabe genutzt werden kann. Es kommt demnach also zu keiner Beeinträchtigung der Speicherfähigkeit. 
Natürlich wird häufig argumentiert, dass der Effekt einer aktiven Dämmung abhängig von der Quelltemperatur ist. Untersuchungen haben jedoch gezeigt, dass bereits mit einer Quelltemperatur von 5°C der Effekt der aktiven Dämmung so groß ist, dass eine Verjüngung des Leichtbetons von 65cm auf 40cm erfolgen kann und die Beeinflussung des Raumes durch außen ungefähr äquivalent ist. Dieses Beispiel verdeutlicht, dass eine Aktivierung zwei wesentliche Vorteile mit sich bringt: Zum einen kann Material und damit Kosten gespart werden und zum anderen kann mehr vermietbare oder verkaufbare Wohn-/Gewerbe-Fläche innerhalb der gleichen Kubatur erzielt werden.
Bezüglich der Wartung kann ein solches System mit einer Fußbodenheizung verglichen werden. Diese Systeme laufen über Jahre problemlos, da die Rohre im Beton gegenüber UV-Strahlung oder einer mechanischen Beanspruchung geschützt sind. Sollte es dennoch zu einer Abnutzung oder Beschädigung der Rohre kommen, kann heute mittlerweile mit einem thermisch-chemischen Verfahren, bei welchem ein heißes Fluid in den Kreislauf eingebracht wird, eine Reparatur erfolgen. Es können dadurch beispielsweise Risse versiegelt werden. Wird bedacht, dass die Lebenszeit von solchen Systemen ca. 30 Jahre beträgt, kann durch das aufgeführte Verfahren die Lebenszeit in jedem Fall verdoppelt werden.

Nun möchte ich noch auf das Thema Fenster kommen. Einerseits würde ich gern wissen, welchen Beitrag Fenster beim Entwickeln des Energiekonzeptes bei monolithischen Außenwänden spielen. Gibt es ein Optimum oder ein Limit an Fensterfläche?

Transsolar: Grundsätzlich kann gesagt werden, dass beim monolithischen Bauen der Fensterflächenanteil in jedem Fall berücksichtigt werden sollte. Dieser spielt zum einen aufgrund der solaren Lasten eine Rolle und im Wohnungsbau auch aufgrund des H’T Wertes, welcher durch die EnEV (1) vorgeschrieben wird. Wie bereits erwähnt, spielen bezüglich der sommerlichen Überhitzung allerdings Decken und andere interne Massen wie Wände eine wesentlich wichtigere Rolle als die Außenwände. Auch der H’T kann bei Gebäuden mit monolithischen Außenwänden und größeren Fensterflächen eingehalten werden, wobei dann andere Ausgleichsmaßnahmen, wie beispielsweise verbesserte Verglasungen oder dickere Außenwände bzw. bestimmte Rohdichten des Betons, eingehalten werden müssen. Zusammenfassend kann also festgehalten werden, dass bei einem schlüssigen Gesamtkonzept der Fensterflächenanteil auch bei Gebäuden mit monolithischen Außenwänden durchaus variiert werden kann, allerdings durch die limitierte Dämmwirkung einer monolithischen Bauweise eher am unteren Rand der Skala zu finden ist. 

Im Haus 36 gibt es diese runden Fenster, deren Öffnungen mittels Kernbohrung hergestellt wurden. (siehe Bild links) Teilweise sind sie als Fixverglasung außen flächenbündig eingeklebt, teilweise innenseitig mit Öffnungsflügeln positioniert. Das klingt erst einmal nach dem Traum eines jeden Architekten: ein Fenster einfach dort zu positionieren, wo es für den Entwurf gut ist. Von der baukonstruktiven Seite bekommt man das Fenster überall befestigt und bei der Beobachtung der bisherigen realisierten Beispiele scheint es auch aus bauphysikalischer Sicht unproblematisch zu sein. Gerade diese kleinen Durchbrüche durch die Wand mit einem einer Fensterscheibe im „kalten Bereich“ der Wand müssten doch aufgrund der mangelnden Luftzirkulation kritisch sein. Andererseits haben bei dem Projekt die großen, außenbündig eingelassenen Fenster meist eine dämmend wirkende holzverkleidete Laibung. Funktionieren die kleinen, außenbündigen Fenster nur wegen der Aktivierung?

Transsolar: Was für den Architekten der Traum ist, ist aus bauphysikalischer Sicht in diesem Fall das Problem. Denn genau diese kleinen runden Öffnungen mit außenbündigen Fenstern stellen eine konstruktive Wärmebrücke dar. Bauphysikalisch gesehen sind diese Öffnungen damit äußerst kritisch zu bewerten. Ein Kondensatausfall in Räumen mit erhöhter Feuchte kann an diesen „Fenstern“ nur durch eine elektrische Begleitheizung um die Öffnungen verhindert werden. Dieses Beispiel zeigt, dass auch im monolithischen Bauen gewisse Grenzen bestehen und Probleme entstehen können.

Eine letzte Frage noch zu einem Forschungsthema. Zusammen u.a. mit der TU Berlin starten Sie nun ein Projekt zu multifunktionalen, inhomogenen Leichtbetonbauteilen. Das Prinzip der Inhomogenität hat Werner Sobek mit seinem Team schon bearbeitet, Sie überlagern es noch mit weiteren Eigenschaften. Diese Bauteile können sicherlich nicht mehr handwerklich hergestellt werden, sondern müssen wie auch immer durch eine digitale Produktionskette generiert werden und verlieren damit die leichte Verständlichkeit heutiger homogener, monolithischer Außenwände. Können Sie uns schon einen Ausblick geben, welche Veränderungen für das Energiedesign eines Gebäudes ein entsprechendes System bedeutet und welche gestalterischen Möglichkeiten Architektinnen und Architekten damit zukünftig hätten?

Transsolar: In dem von Ihnen angesprochenen Forschungsprojekt geht es in erster Linie um Grundlageforschung. Ziel ist es, mit den Forschungspartnern der TU Berlin, Heidelberger Zement, der Sika AG und Schlaich Bergermann und Partner auf tragwerkstechnischer, bauphysikalischer und materieller Ebene neue und verbesserte Eigenschaften des Baustoffes zu erarbeiten.
Dabei zählt zu unserem Aufgabenbereich insbesondere die Forschung bezüglich des Verhaltens des aktivierten Ultraleichtbetons. Wir sehen es als äußerst interessant an, inwieweit unterschiedliche Dichten des Materials die Wärmeleitfähigkeit der Wand beeinflussen können und damit Vorteile im Bereich der aktiven Dämmung erzielt werden können. Darüber hinaus könnte durch eine solche Verdichtung im Außenbereich das Hydrophobieren des Bauteils eventuell vermieden werden.
Wir freuen uns sehr Teil des Forschungsteams zu sein und erhoffen uns in Zusammenarbeit mit den anderen Forschungspartnern eine Weiterentwicklung des Ultraleichtbetons, um damit einen wesentlichen Beitrag zum monolithischen Bauen leisten zu können.

Vielen Dank für dieses Interview!


(1) EnEv steht für Energieeinsparverordnung. Diese regelt in Deutschland die bautechnischen Anforderungen, die hinsichtlich Gebäudeenergieeffizienz zu erfüllen sind. Sie ist damit der in Österreich geltenden OIB Richtlinie 6 vergleichbar.

Matthias Schuler,
geboren 1958 in Schwäbisch Gmünd (D), Maschinenbaustudium an der Universität Stuttgart mit Schwerpunkt Technologien zur rationellen Energienutzung, ist einer der Firmengründer der Transsolar Energietechnik GmbH und ist seitdem Geschäftsführer und Gesellschafter. Von 2008-2014 war Matthias Schuler Adjunct Professor für Environmental Technologies and der Graduate School of Design, Harvard University, Cambridge. Er ist heute ein international anerkannter Visionär, der das Konzept der integrierten Planung zum Grundsatz seiner Arbeitsweise erklärt hat und das KlimaEngineering in Deutschland eingeführt hat. 

Max Bauer,
geboren 1988 in Ulm (D) studierte an der Hochschule Ulm sowie der Hochschule Augsburg Energiesysteme und Energie Effizienz Design. Seit seinem Studienabschluss 2015, bei welchem er im Zuge seiner Masterthesis, in Kooperation mit der Firma WICONA, messtechnische Untersuchungen im Bereich der Fassade durchführte, arbeitet er in der Transsolar Energietechnik GmbH. Er ist dort Projekt-Ingenieur im Bereich thermischer Simulationen sowie messtechnischer Untersuchungen.

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