20/01/2015

Kommentar von Peter Laukhardt, Sprecher der Bürgerinitiative SOKO Altstadt, zum Abbruch des vermutlich ältesten Hauses in Graz-St. Peter am 15.01.2015 trotz Altstadt-Schutzzone.

20/01/2015

St.-Peter-Hauptstraße 71, 73

©: Peter Laukhardt

Abbruch des Hauses Sankt-Peter-Hauptstraße 71 am 15.01.2015

©: Peter Laukhardt

Das vermutlich älteste Haus von St. Peter wurde abgerissen –trotz Altstadt-Schutzzone.

©: Peter Laukhardt

Am 15.1.2015 ist das vermutlich älteste Haus von St. Peter, Sankt-Peter-Hauptstraße 71, dem Erdboden gleichgemacht worden, obwohl es in der Altstadt-Schutzzone stand. Das Dehio-Handbuch der Kulturstätten sagte im Band Graz (1979), dass das Haus im 4. Viertel des 17. Jahrhunderts erbaut wurde, und rühmt seine Fassade "mit geometrischer Putzfelderzier". Haus und Fassade waren seit langem leider vom Hausbesitzer vernachlässigt worden. 

Die Aufregung im Bezirk war nun sehr groß. SOKO Altstadt hat daher recherchiert und von der Altstadtkommission erfahren: Für das Haus Nr. 71 und das dahinter stehende Nr. 73 wurde im Jänner 1999 ein Abbruchantrag erstellt. Der Abbruch von Nr. 71 wurde von der ASVK negativ begutachtet – mit der Begründung, dass es sich bei dem Bau um einen „außergewöhnlichen Vertreter des für das dortige Ensemble charakteristischen Althäuserbestand“ handelte. Seitens des Abbruchwerbers erging trotz Aufforderung durch die Behörde kein „Gegengutachten“, weshalb auch der negative Bescheid (1. Instanz) vom 6.8.1999 erging. Leider wurde dann der Berufung des Abbruch-Werbers von der Berufungskommission des Gemeinderates (2. Instanz) am 5.6.2001 stattgegeben. Altstadtanwalt gab es damals noch keinen, wodurch der Abbruch rechtlich abgesichert war. Abbruchbescheide (hier: 2. Instanz) verfallen nicht (so wie Baugenehmigungen nach 5 Jahren). Offensichtlich wurde nun nach mehr als 13 Jahren diese Abbruchbewilligung (rechtmäßig!) umgesetzt.

Noch eine Hintergrund-Information: Es geht bei dem Abbruch wohl hauptsächlich um eine Zufahrt zu geplanten Neubauten hinter dem Haus Nr. 69; da sich Anrainer geweigert hatten, andere, bedenkliche Zufahrtsrouten zu verkaufen (mit dem Wunsch, die Neubauten zu verhindern), blieb nur der „Durchbruch“ durch 71 und 73. So gehen halt auch gute Absichten manchmal "nach hinten" los.

In St. Peter gibt es – wie auch in anderen alten Ortskernen – ein stadtplanerisches Grundproblem: Einerseits ist der Ortskern noch immer als Altstadt-Schutzzone ausgewiesen; diese ist aber durch etliche Neubauten und eine ungeklärte Planänderung (Nr. 42 und 44 sind einfach "durch einen Übertragungsfehler herausgefallen" und das wurde bisher nicht korrigiert) schon in ihrer Wirkung stark beeinträchtigt. Auf der anderen Seite ist der überwiegende Teil dieser Schutzzone im Flächenwidmungsplan als "Kerngebiet" ausgewiesen, was eine Bebauungsdichte von 2,5 (mit entsprechender "Argumentation" auch etwas darüber)  ermöglicht. Diese beiden Fakten können miteinander einfach nicht in Einklang gebracht werden, wie ich aus eigener Erfahrung in meiner Zeit in der ASVK weiß; wenn eine solch hohe Dichte ermöglicht wird, kann einfach das "Einfügungsgebot" des GAEG (Altstadtschutzgesetz) nicht in seinem ursprünglichen Sinn erfüllt werden. Man kann das an dem überdimensionierten Neubau St.-Peter-Hauptstraße 79 sehr gut erkennen. Hier konnte die Altstadtkommission vermutlich nur noch Schlimmeres verhindern. Auf der Westseite der Hauptstraße dürfte das „Gemetzel“ am Altbestand daher in Bälde weitergehen und es wird ja auch schon darüber diskutiert, ob die Schutzzone St. Peter nicht reduziert oder überhaupt aufgelassen werden sollte.

Die Stadt redet sich immer auf die Gesetzeslage aus, tatsächlich hätte sie aber die notwendigen Instrumente in der Hand, um den Schutz des Bauerbes wirklich zu gewährleisten. Diese Instrumente sind: Stadtentwicklungskonzept, Flächenwidmungsplan, das Räumliche Leitbild und schließlich als Baubehörde 1. Instanz, die viel strenger auf die Einhaltung der genannten Vorgaben dringen müsste.
Politisch gilt aber ganz offensichtlich ein anderes Leitbild: Verdichtung um jeden Preis. Diese äußerst fragwürdige Linie hat auch noch einen zweiten schwerwiegenden Nachteil: durch rücksichtslose Verdichtung wird auch der Grünraum der Stadt immer wieder radikal verringert. Denn wo früher ein Gebäude in einem baumbestandenen Garten stand, bleibt bei einer Dichte von 2,5 praktisch kein Halm mehr stehen. Die Folge: weitere Verschlechterung des Stadtklimas.

Das Fazit: für die immer größer werdende Anzahl von Grazer Bürgern wird die Lebensqualität immer schlechter. Das kann aber wohl nicht in der Absicht der Stadtpolitik liegen!? 

Netzwerktreffen
16. + 17.11.2023
 
GAT+