23/05/2016

Volksschule St. Veit, Zu- und Umbau

Architektur
Adolph-Herbert Kelz
Fertigstellung: 2013

Der Virtuelle Architekturführer Steiermark (VAF) ist eine Sammlung der steirischen Architektur. Ziel und Anliegen ist es, die aktuelle regionale Architektur zu dokumentieren und auf das baukulturelle Erbe zurückzublicken.

Die in der 14-tägigen Serie NEU IM VAF gezeigten Bauten sind Teil dieser Sammlung, welche laufend ergänzt wird.

Projekteinreichungen

Redaktion VAF
Karin Wallmüller
wallmueller@gat.st

23/05/2016

Volksschule St. Veit, Zu- und Umbau, 2013

Architektur: Adolph-Herbert Kelz©: Angelo Kaunat

Volksschule St. Veit, Zu- und Umbau

Ausgangspunkt für das Bauvorhaben ist ein im Jahr 1901 errichtetes Schulgebäude im nördlichsten Grazer Stadtbezirk Andritz. Nicht nur die leicht erhöhte Lage an den Ausläufern des sog. Admonter Kogels, sondern auch die unmittelbare Nähe zur Pfarrkirche St. Veit verleihen dem Areal eine repräsentative und eine den Ortskern definierende Stellung.
Trotz der etappenhaften Erweiterung in Form eines Turnsaalzubaus, sowie eines Dachbodenausbaus in den 80er-Jahren und die Errichtung zweier Containerklassen im Jahr 2001, waren die vorhandenen Raumkapazitäten des ursprünglich nur für vier Klassen ausgelegten Gebäudes schnell ausgeschöpft.

So wurde von der Stadtbaudirektion Graz, Referat Hochbau, im Jahr 2007 ein anonymer, geladener Wettbewerb ausgelobt, dessen Gegenstand sowohl die Sanierung des Bestandsgebäudes, als auch eine Erweiterung der Raumfläche um etwa 930 m² war, um die Volksschule zukünftig achtklassig und nach zeitgemäßen, pädagogischen Ansätzen führen zu können. 2008 konnte das Grazer Architekturbüro Kelz den Wettbewerb für sich entscheiden und nach vier Jahren Planungs- und Errichtungszeit wurde der Umbau im Jahr 2013 bezogen.

Der viergeschoßige Massivbau wurde hofbildend im rechten Winkel zum Bestand, in das Gelände eingebettet und so an dessen Proportionen angepasst errichtet, wodurch ein sowohl gleichwertiges, als auch harmonisches Pendat zum Altbau geschaffen wurde. Ein Lichtband in Sockelhöhe verleiht der Südfassade des monolithischen Quaders Leichtigkeit. Das bewusst transparent gehaltene Bindeglied markiert den kontrastierten Übergang beider Gebäudeteile, sowie den neuen Knotenpunkt, in dem die Aula untergebracht ist.
Im darüber liegenden Geschoß wurde ein Würfel an die Nordfassade geheftet, um trotz notwendiger neuer Erschließungszonen die Raumflächen des Bestands nicht zu minimieren.

Das Schulareal, welches bis auf die nördliche Anlieferungs- und Schulbuszufahrt autofrei gehalten ist, wird südwestseitig über eine Treppe von der St. Veiter Hauptstraße erschlossen. Der neue Hof mit arenaartiger Abtreppung fungiert nicht nur als Pausenfläche, sondern auch als Eingangszone mit direktem Zugang zur Zentralgarderobe. Die hier erzeugte Geländeanpassung ermöglicht eine vollständige, natürliche Belichtung des untersten Geschoßes, welches hofseitig für die Räumlichkeiten der Nachmittagsbetreuung genutzt wird.

Die komplett verglaste Fassadenfront des neuen Speisesaals lässt sich vollständig öffnen, wodurch bei Veranstaltungen, aber auch im regulären Schulalltag eine Verbindung von Außen- und Innenraum, sowie ein Übergang von geschützter zu offener Fläche geschaffen werden kann. Durch seine zentrale Lage wird dieser Gebäudebereich zusammen mit dem Turnsaal ebenfalls für die Frühaufsicht genutzt, bei der die Kinder schon ab 06:45 Uhr betreut werden können.

Eine multifunktionale Nutzung der Räumlichkeiten ist auch im restlichen Schulverband ersichtlich, was vor allem durch eine schlüssige Raumkonfiguration und den Einsatz von flexibler Ausstattung ermöglicht wurde. So werden auch die Aufenthaltsräume der Nachmittagsbetreuung als Gruppenräume, der Medienraum als Bibliothek, und die Erschließungszonen als erweiterte Klassenräume und Lerninseln genutzt.
Ganz im Sinne des Leitbildes der Schule können diese sich überlagernden Zonen das Arbeiten im Team und ein alters- sowie themenübergreifendes Lernen begünstigen. Durch vereinzelte Rückzugsmöglichkeiten sind aber auch Gruppenarbeiten im kleineren Umfang möglich, um die individuelle Förderung jedes einzelnen Kindes zu sichern. Die gebaute Architektur soll neue Unterrichtsformen ermöglichen und die PädagogInnen dabei unterstützen, besser auf die Bedürfnisse der SchülerInnen eingehen zu können.

Dieser gemeinschaftliche Ausdruck wird durch gezielt gesetzte, große Bildfenster und durch die vollflächig verglaste Fassadenfront Richtung Pausenhof verstärkt. Die Verbindung von Außen- und Innenraum und die damit entstehenden Blickbeziehungen ermöglichen auch ein selbstständigeres Arbeiten, da die Beaufsichtigung erleichtert wird und sich die Kinder so freier in der Schule bewegen können. Angerampte Niveauunterschiede, sowie die Errichtung einer Aufzuganlage ermöglichen die barrierefreie Erschließung des gesamten Schulgebäudes.

Der offene Grundriss soll ein freies Lernen ermöglichen und Schwellenbereiche werden nur noch durch die unterschiedlich eingesetzten Materialien spürbar. Während in den Unterrichtsräumen Holzböden den Wohlfühlfaktor noch verstärken, wurde in den Aufenthaltszonen vor allem mit funktionellen Bodenbeschichtungen gearbeitet. Diese erzeugen großflächig ein unaufgeregtes und einheitliches Erscheinungsbild und stellen in ihrem Grauton einen sanften Übergang zum bestehenden Terrazzobelag des Altbaus her.
Zudem ist der gesamte Neubau mit einer Fußbodenheizung ausgestattet und gestrichene, abgehängte Holzwollepaneele an den Decken, welche auch im Bestand nachgerüstet wurden, verleihen dem gesamten Komplex eine angenehme Raumakustik. Die Grundrissausbildung und die eingesetzten Materialien gestatten eine nahezu vollständige Bespielung der Flächen, mit dem Ziel, die überholte Funktionstrennung von Klassenraum und Gang aufzulösen und den Leitgedanken einer Schulgemeinschaft zu leben.
(Text: Marlene Bartelme)

Laukhardt

der eines der letzten kompakten Dorfgebiete von Graz desavouiert, nämlich das in einer Schutzzone liegende einzigartige St. Veit mit dem wunderbaren Pfarrhof-Ensemble aus dem 15. Jh., hätte die ASVK niemals zustimmen dürfen. Als ich noch dort Mitglied war, hätte es das nicht gegeben - und es ist zu hoffen, dass das künftig auch nicht mehr möglich sein wird. Jetzt aber wird der Blick auf die erhöhte Silhouette des Dorfbildes vom tiefer gelegenen Winter-Kreuz durch eine hier anmaßend wirkenden Baukörper beleidigt, der an einem anderen Ort durchaus passend gewesen wäre. Ein schlechtes Beispiel für die häufigen Missverständnisse zwischen Altstadt-Schutz und den Eingriffen moderner Architektur. Bei einer schon länger zurückliegenden Versammlung von St. Veiter Bürgern kam das auch deutlich zum Ausdruck - es waren auch Architekten darunter.

Di. 24/05/2016 10:57 Permalink
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