03/07/2012

BürgerInnenumfrage zu Reininghaus und Umweltzone: 1 _ Soll Graz die Reininghausgründe kaufen? Die Reininghausgründe im Westen von Graz sind die größte Baulandreserve der Stadt. Dort kann ein Stadtteil für mehr als 10.000 Menschen entstehen. Die Stadt Graz überlegt einen Kauf des Areals um 75 Millionen Euro, damit sie dessen Entwicklung besser gestalten kann. 2 _ Soll Graz für eine Umweltzone eintreten? Der Feinstaub im Großraum Graz gefährdet die Gesundheit. Ein Hauptverursacher ist der Verkehr. Eine Maßnahme zur Verringerung von Feinstaub ist eine vom Land Steiermark zu verordnende Umweltzone ab Oktober 2013. Das bedeutet ganzjährige Fahrbeschränkungen und -verbote für Diesel-PKW der EURO-Klassen 0, 1, 2 sowie 3 ohne Partikelfilter. Zu diesen beiden Fragen können sich ab sofort 230.864 Grazerinnen und Grazer zwischen 29. Juni und 15. Juli äußern. Drei Teilnahmemöglichkeiten stehen offen: Postalisch, persönlich oder online.

03/07/2012

Stadt Graz, Stadtzentrum und Grazer Westen.

©: Stadt Graz - Stadtplanungsamt

In seinem Prüfbericht vom 26.06.2012 befasst sich der Stadtrechnungshof (StRH) unter anderem mit dem geplanten Stadtteil Graz-Reininghaus, zu dem vom 26.06. bis 15.07.2012 eine BürgerInnenumfrage läuft. In seinen Empfehlungen verweist er explizit auf die generell angespannte Finanzlage der Stadt sowie auf das Erfordernis, Investitionsvorhaben auf das absolut notwendige Mindestmaß zu beschränken. Grundlage für die Prüfung waren ein Prüfauftrag des Kontrollausschusses zur Prüfung des Asset One Reininghaus – Entwurfs für einen Grundsatzbeschluss sowie ein Prüfantrag um Projektkontrolle. Aus dem Prüfbericht geht hervor, dass folgende Argumente für einen Kauf der „Projekt Reininghaus Stadtentwicklungs GmbH“ sprechen: • Das „stadtplanerische Argument“: Auf dem Areal kann die Stadt Graz einen Stadtteil entwickeln und die städtischen Zielvorstellungen besser und effizienter durchsetzen. • Das „Rentabilitätsargument“: Nach den Modellannahmen kann erwartet werden, dass der Ankauf des Areals erfolgsneutral ist und sogar Aufwertungsgewinne lukriert werden, die die ohnedies nötigen Infrastrukturinvestitionen mitfinanzieren würden; • Das „Risikoargument“: durch die vorgeschlagene Projektfinanzierung ist das städtische Gesamtrisiko limitiert und limitierbar; • Das „gesamtstädtische Argument“: Durch die attraktive Entwicklung des Areals wird Nachfrage nach Wohn- und Geschäftsraum geschaffen, was zu einer nachhaltigen Stärkung des Wohn- und Wirtschaftsstandortes führen kann und die städtischen Einnahmen begünstigt. Diesen Argumenten sind allerdings folgende Risiken gegenüberzustellen: • Verwertungsrisiko “Zeit“; • Verwertungsrisiko „Untergrund“ (etwa durch Bombenverdachtspunkte, Archäologische Verdachtsflächen etc.); • Verwertungsrisiko „Oberfläche“ (etwa durch die bestehenden Brunnenschutzgebiete, die Sevesoschutzzone, vorliegende Bestandsverträge oder den Denkmalschutz); • Verwertungsrisiko „Verkehrserschließung“ (etwa durch eine nicht ausreichende Verkehrsinfrastruktur). Das Hauptziel der Stadt, die mit dem Eigentum an den Liegenschaften umgesetzt werden soll, ist die lenkende Mitbestimmung des Planungsprozesses. Dies soll mit geladenen Wettbewerben, Energieaufbringung und Energieversorgung erreicht werden. Ein weiteres Ziel ist die Schaffung von attraktivem, „leistbaren“ Wohnraum, um so dem Bevölkerungswachstum Rechnung zu tragen und dem Zuwachs der PendlerInnen entgegenzuwirken. Die „Leistbarkeit“ des Wohnraumes soll zum einen dadurch erreicht werden, dass durch den Wohnungsbau das Angebot erhöht und damit die Preissteigerungen moderat gehalten werden soll. Zum anderen sollen durch die ökologische, energieeffiziente Bauweise die Betriebskosten niedrig gehalten werden. Mit dem Instrument des Flächenwidmungsplans hat die Stadt Graz ein Instrument, insbesondere mit der Definition von Vorbehaltsflächen, die im Rahmenplan definierten Flächen mit öffentlichem Zweck von den EigentümerInnen einzulösen. Ein entsprechendes Risiko bleibt hier der Preis der einzulösenden Grundstücke. Der Stadt Graz ist es durch das Instrument des Bebauungsplanes neben den Vorbehaltsflächen im Flächenwidmungsplan möglich, mit Regelungen zum Verkehr (fließend, ruhend und öffentlich) und zu den Gebäuden (Nutzung, Höhe, Lage etc.) auf das Aussehen und die Struktur des neu zu schaffenden „Stadtteil Reinighaus“ weitgehend einzuwirken. Bei einem Verkauf der Liegenschaften unter Vorbehalt steht zu erwarten, dass dadurch das Finden von Kaufinteressenten schwieriger und die Zahlung des Kaufpreises später erfolgen wird. Diese Option scheint daher nur wenig für „schnelle“ Verwertungen geeignet zu sein. Das größere Mitspracherecht würde mit höherer Zinslast „erkauft“. Im Rahmenplan Graz Reininghaus wird festgestellt, dass das ca. 100 ha umfassende Planungsgebiet ein langfristiges Potenzial für 12.000 – 20.000 BewohnerInnen bzw. BenutzerInnen bietet. Aus den aktuellen Bevölkerungsprognosen lässt sich ableiten, dass bei der Entwicklung des neuen „Stadtteils Reininghaus“ insbesondere auch auf Maßnahmen des „Diversity Managements“ Rücksicht genommen werden muss. Dabei wäre bei der Planung nicht nur auf ein gedeihliches kulturelles sondern insbesondere auch auf ein gutes Zusammenleben der Generationen zu achten. Projektgesellschaft Um die gegenständlichen Liegenschaften zu bewerten wurde ein Sachverständigengutachten im Jahr 2010 im Auftrag der Stadt Graz erstellt, das von der Stadt Graz zur Beurteilung der Liegenschaften und als Basis der Verhandlungen herangezogen wurde. Die Ermittlung des Verkehrswertes unter Verwendung des Vergleichswertverfahrens erfolgte auf Basis des zu diesem Zeitpunkt gültigen Flächenwidmungsplanes und war nachvollziehbar. Der Erwerb der Liegenschaften für das Projekt „Reininghaus“ erfolgt durch einen Anteilserwerb im Ausmaß von 96 % des Stammkapitals an der Projekt Reininghaus Stadtentwicklungs GmbH durch die Stadt Graz (bzw. einer ihrer Beteiligungen). Die restlichen 4 % des Stammkapitals werden von der Steiermärkischen Sparkasse AG erworben (share deal). Die Liegenschaften umfassen insgesamt 51,6 ha (516.000 m²) und sind teilweise bebaut. Für die Gebäude bestehen unterschiedliche Bestandsverträge, durch die laufende Einnahmen erzielt werden. Die zu übernehmenden Schulden (Verbindlichkeiten gegenüber Kreditinstituten lt. Planbilanz zum 30.6.2012) belaufen sich auf 75 Mio. EUR Die Finanzierung dieses Betrages soll durch eine Kreditaufnahme in Höhe von 50 Mio. EUR und durch eine Eigenmittelaufbringung i. H. v. 25 Mio. EUR abgedeckt werden. Die von der Stadt Graz (ihrer Beteiligung) aufzubringende anteilige Eigenmittelfinanzierung soll durch andere Grundstücksverkäufe erwirtschaftet werden. Diese Grundstücke befinden sich bereits im Eigentum der Stadt Graz und werden nun veräußert. Da die Verkaufserlöse derzeit noch nicht lukriert werden konnten, erfolgt eine Zwischenfinanzierung i. H. v. 24 Mio. EUR. Die restliche Eigenmittelaufbringung i. H. v. 1 Mio. EUR erfolgt durch den anderen Anteilseigentümer. Die Verwertung der Liegenschaften Reininghaus soll innerhalb von zehn Jahren erfolgen. Die Errichtung der noch fehlenden Infrastruktur für dieses Areal wird nicht in dieser Verwertungsgesellschaft abgewickelt.

Businessplan „Projekt Reininghaus Stadtentwicklungs GmbH“ Der vorgelegte Businessplan Szenario I, welcher einer näheren Betrachtung unterzogen wurde, geht von Grobschätzungen aus, da einzelne Positionen bei näherer Betrachtung einer Konkretisierung bzw. genaueren Bezifferung bedürfen. Der Businessplan selbst ist sehr ambitioniert bzgl. der zeitlichen Umsetzung und auch der vollständigen Verwertbarkeit der gegenständlichen Liegenschaften. Bei dem der Stadt Graz zugeordneten Ergebnis nach Abwicklung des Projektes bzw. nach der Gesamtverwertung innerhalb von zehn Jahren soll ein Betrag i. H. v. 5,8 Mio. EUR zur Abdeckung der geschätzten vorgelegten Infrastrukturkosten inkl. Valorisierung i. H. v. 150,6 Mio. EUR zur Verfügung stehen. Nicht zur Verwertung im Businessplan herangezogen wurden die Flächen für Parks, öffentliche Plätze, Schulen und öffentliche Erschließungen. Dies entspricht bei einer Bewertung entsprechend dem Verkehrswertgutachten aus 2010 einem Wert von über 30 Mio. EUR. Infrastrukturmaßnahmen Die Investitionen für Infrastrukturmaßnahmen betreffen den gesamten Teil eines Areals, das rd. 100 ha umfasst. Das Areal geht damit über die von Asset One erworbenen Flächen mit einem Gesamtausmaß von rd. 51,6 ha hinaus. Die voraussichtlichen Kosten der Erschließung der Immobilie (Infrastrukturinvestitionen) sind derzeit tw. inkl. Valorisierung mit rd. 150,6 Mio. EUR (indexbereinigt sind das rd. 116,6 Mio. EUR) abgeschätzt; die finanzielle Belastung aus Kauf und infrastruktureller Erschließung bindet künftige Mehrerträge aus Ertragsanteilen und Steuern aus dem Zuwachs der Bevölkerung. Der StRH stellt fest, dass die Berechnungen der geplanten Finanzierung der Infrastrukturkosten sehr prognosebehaftet sein müssen und die Ergebnisse daher mit höheren Risiken und Unsicherheiten behaftet sind als bei einem zeitlich nicht so weit reichenden Projekt. Zum Vergleich wurde mit Gemeinderatsbeschluss vom 25.6.2009 die „Mittelfristige Finanzplanung AOG-Programm 2011-2015“ im Ausmaß von rd. 200 Mio. EUR, d.h. rd. 40 Mio. EUR pro Jahr beschlossen. Die Infrastrukturmaßnahmen für die Stadtteilentwicklung Reininghaus würden, unter der Annahme, dass das folgende AOG-Programm 2016ff unter ähnlichen Prämissen budgetiert wird, die jeweiligen Jahresbudgets je nach Umsetzungsgeschwindigkeit mit rd. 19 - 38% binden. Bei diesem zeitlich sehr weitgreifenden Projekt kann zwar nicht der übliche Standard der Kostenprognosen angewendet werden, aber auf Vollständigkeit der zu erwartenden Kostenanteile ist trotzdem Bedacht zu nehmen. Die vorgelegte Kostenschätzung ist nicht durchgehend einheitlich strukturiert d.h. sie ist unterschiedlich detailliert und aus der Sicht des StRH teilweise nicht vollständig, enthält aber auch Reserven. Aus der Sicht des StRH sind folgende Kostenbereiche zurzeit nicht in den Infrastrukturkosten enthalten: • Zusätzliche Straßenbahngarnituren für die Bedienung der Verbindungstrasse zwischen der Eggenberger Alle und der Wetzelsdorfer Straße. • Benötigte Grundstücksflächen, die sich zurzeit nicht im Besitz von Asset One bzw. Stadt Graz befinden, für die öffentliche Erschließung des Gesamtareals. • Technische Infrastrukturmaßnahmen, ausgenommen Beleuchtung, wie z.B. VLSA-Anlagen usw. • Notwendige Adaptierungsmaßnahmen im Umfeld der bestehenden GKE-Unterführung. • Errichtungskosten für öffentliche Plätze. • Finanzierungskosten für die Vorfinanzierung der Infrastrukturmaßnahmen im Bereich der Leitungsträger wie z.B. Kanal, Wasser, Strom usw. Zum Finanzierungsanteil aus den erwarteten Steigerungen der Ertragsanteile auf Grund des prognostizierten Bevölkerungszuwachses stellt der StRH fest, dass sich aus heutiger Sicht dieser ab dem Jahr 2016 berücksichtigte Finanzierungsanteil im Rahmen des prognostizierten Bevölkerungszuwachs und somit im Rahmen der zu erwartenden Steigerungsmöglichkeiten der Ertragsanteile bewegt. Der Anteil der Ertragsanteile, die dabei dem Gebiet Reininghausgründe zugeordnet werden, bewegt sich dabei in einer Bandbreite von rd. 8% am Beginn sowie bis zu 39% gegen Ende des Projektes Stadtteilentwicklung Reininghaus. EMPFEHLUNGEN Der StRH empfiehlt für den Fall des Entschlusses das Projekt Reinighaus umzusetzen, die Einrichtung einer Koordinationsstelle im Magistrat zur Unterstützung der Verwertungsgesellschaft und die Aufstellung eines für alle Betroffenen Teile des Hauses Graz verbindlichen Zeitplanes, um die Verwertungserlöse zu optimieren; im Sinne einer zeitoptimierten Vorgehensweise und um mögliche Verzögerungen oder sogar Baustopps durch „Notgrabungen“ zu vermeiden, der Empfehlung der A10/BD aus dem November 2011 zu folgen und den Projektverantwortlichen eine rechtzeitige Kontaktaufnahme mit den archäologisch relevanten Stellen wie z.B. dem Bundesdenkmalamt; die Kostenschätzungen laufend hinsichtlich Vollständigkeit zu überarbeiten und die Planungsgrundlage zu verdichten, um die daraus resultierenden Businesspläne für die Verwertung und die Infrastrukturmaßnahmen anpassen zu können. Auf die generell angespannte Finanzlage der Stadt Graz sowie auf das Erfordernis, Investitionsvorhaben auf das absolut notwendige Mindestmaß zu beschränken, sei an dieser Stelle ausdrücklich hingewiesen.

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