28/09/2008

Schöne Aussichten.

Könner wie H&dM stehen manchmal im Wald.

Zur Architekturbiennale Venedig 2008

28/09/2008
©: Emil Gruber

Cabrio

Das Ende

Die Krücke

Krake

Lebensbaum

Penthouse

Periskop

Roll-on

Schotterbaron

Tarnkappe

Transformation

Würfelspiel. Fotos: Emil Gruber

Schöne Aussichten

Betritt der Besucher den italienischen Pavillon der heurigen Biennale in Venedig, wird er von einer sehr gelungenen Bambusinstallation von Herzog, De Meuron und Weiwei empfangen.

Auch wenn der Bambus sich nicht gerade als ein klassisches mitteleuropäisches Gewächs erweist, weckt das Kunstwerk schnell Assoziationen ans Land zuhause.
An diese Arbeitsplätze, Hobbyräume und Verstecke mit Perspektive.

Unscheinbar an Waldrändern und Lichtungen aufgestellt sind die meisten, im Blattgewirr von Bäumen oft erst von nahe erkennbar. Tarnen und Täuschen sind ihre Aufgaben und das wortwörtliche sich über alles andere Hinwegsetzen. Sie schützen die, die observieren, kontrollieren, eliminieren. Es gibt sie stationär und mobil, in Fertigbauweise und in schwindeliger Improvisation. Sie haben eine unterschiedliche Haltbarkeitsdauer, abhängig vom Ort, vom Erfolg des Verwenders und natürlich von der Witterung. Manche erleben eine regelmäßige Restauration, andere wieder werden über die Jahre langsam zu hölzernen Ruinen und zergehen in der Umgebung.

Weitreichende Entscheidungen und Geschäftsabschlüsse wurden hier in der erhöhten Abgeschiedenheit genauso vollzogen, wie heimliche Liebschaften manch ein Stück schon in seinem bedingten Gleichgewicht gefährdeten.

Jedes Exemplar und jeder Aufstellungsplatz geben einen Einblick ins Wesen ihres Nutzers preis. Da konkurrieren feudale Prunkstücke, wärmegedämmt, beheizbar, verglast und in solider Inneneinrichtung mit reduzierten oder rudimentären Objekten, die nur den einen pragmatischen, ursprünglichen Zweck ihrer Aufstellung bedienen.

Hochsitze polarisieren aus ihrer Funktion heraus.

Ein Instrument der feigen Hinterhältigkeit, sagen die Gegner der Jagd. Ein notwendiges Utensil der Beobachtung und Bestandskontrolle, verteidigen sich die Erbauer. Und während die einen langsam einen Flintenlauf ins Freie schieben, weil es im Gehölz raschelt, sägt die Gegenseite schon mal subversiv die Sprossen der Aufstiegsleitern an.

Doch an dieser Stelle soll kein Bekenntnis abgegeben, keine Wertungen getroffen werden.

Alle Urteile sind ja längst gefällt, alle Positionen bezogen.

Dieser Beitrag zeigt einzig eine fragile Architektur des Anonymen.
Venedig hat es ja bewiesen, auch große Könner wie H&dM stehen manchmal im Wald.

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