09/10/2014

Umsehen und einrichten lautet das Programm des Schaumbads, dem freien Atelierhaus in der Puchstraße 41 am Südrand von Graz.

Im Rahmen des steirischen herbst 2014 ist die Ausstellung
Am Südrand. Co-Industrielle Lebenswelten zu sehen.

Dauer: 27.09 – 31.10.2014

Adresse:
Puchstraße 41, 8020 Graz

Öffnungszeiten:   
Di.– So. 14:00–19:00
und nach Vereinbarung

09/10/2014

Schaumbad – Freies Atelierhaus Graz

©: Schaumbad – Freies Atelierhaus Graz

Möglichkeitsraum in der Stadt

Das Areal an der ehemaligen Stadtgrenze am Südrand von Graz ist je nach Betrachtung ein wildromantisches oder abgesandeltes Viertel, in dem das Unansehnliche und Vernachlässigte Tradition hat. Hier finden sich Industrie-Brachen, abgewohnte Zinshäuser, Kleingärten, ein Gefängnis, Lagerstätten und jene eigenartigen Territorien, die man auf österreichisch Gstettn nennt – ungenutztes Freiland, auf dem sich zwischen wuchernder Vegetation allerhand Abfall ansammelt.

Dies ist der Ort, in dem das freie Atelierhaus Schaumbad mit seinen derzeit über 40 Mitgliedern eingezogen ist. Seit August 2013 arbeiten die KünstlerInnen an der Installation ihrer neuen Produktions- und Ausstellungshalle in einer ehemaligen Abfüllanlage für Limonaden in der Puchstraße 41, 8020 Graz. In unmittelbarer Nachbarschaft links: eine Müll-Entsorgungsanlage. Die Nachbarschaft rechts: eine Tierkörperverwertung. Vis-à-vis zum Trost: ein Bachidyll mit Wiesenstrand.
Schaumbad hat eine Fläche von ca. 2.200qm angemietet, die je nach finanziellen Möglichkeiten sukzessive adaptiert und bezogen wird. Zur Verfügung stehen Erdgeschoß und Obergeschoß der alten Halle, die nun von KünstlerInnen aller Sparten genutzt werden. Beabsichtigt ist, im Laufe der Zeit verschiedenste Werkstätten und Ateliers, Büro- und Gemeinschaftsräume, Foto- und Klanglabor sowie einen großzügigen Ausstellungsraum einzurichten.

Demzufolge lautet das Programm des Schaumbads umsehen und einrichten. Dies geschieht vielfältig, abhängig vom Temperament der beteiligten Kräfte. Es gibt Projekte von KünstlerInnen, die ihre Kindheit in der Gegend verbracht haben und sich nun mit großen Heimkehrergefühlen dem Vertrauten und zugleich fremd Gewordenen zuwenden. Andere werden zu Forschenden der Naturgeschichte lokaler Tiere und Pflanzen und der Spezies Mensch. Es soll Projekte geben wie große Umarmungen und andere wie anatomische Sektionen. Es soll Geschenke geben und Raubzüge, Öffentlichmachungen und Besitzergreifungen.
Aber es geht den Akteuren auch um die Herstellung einer übergeordneten urbanistischen Bedeutung für dieses Viertel, das noch nicht einmal einen richtigen Namen hat.

Angekommen in einem Sammelsurium unterschiedlichster Nachbarschaften zwischen Sozialbauanlagen, Gefängnis, Schlachthof, Mülldeponie und Friedhof, migrantischen Gebetshäusern und selten gewordenen Freiräumen untersuchen die KünstlerInnen die Arrangements des Zusammenlebens verschiedener Kraftfelder: die Koexistenz von Waren- und Energieproduktion, (after-)industriellen Produktionsformen, Kunst und Leben in einer lebendigen Industrielandschaft.

Aktuell gibt es im Schaumbad die Ausstellung Am Südrand. Co-Industrielle Lebenswelten zu sehen, die in Kooperation mit dem steirischen herbst entstanden ist und an der folgende KünstlerInnen beteiligt sind:
Martin Behr (AT) / Martin Osterider (AT), Alexandra Gschiel (AT), Elisabeth Gschiel (AT), Joachim Hainzl (AT), Keyvan Paydar (AT/IR), Karin Petrowitsch (AT), Robert Riedl (AT) / Martina Edelmüller (AT) / Gudrun Lang (AT) / Stefan Lozar (AT), Gregor Schlatte (AT), Edda Strobl (AT), Myriam Thyes (CH/DE) / Eva Ursprung (AT), Markus Wilfling (AT), Zoncy (MM), zweite liga für kunst und kultur (AT) / Stefan Schmid (AT), Studierende der Universität für angewandte Kunst / Institut für Sprachkunst, Wien, der Universität der Künste / GWK, Berlin, des Hyperwerk, Basel, mit den Lehrenden Orhan Kipcak (AT), Stephan Porombka (DE), Thomas Düllo (DE), Karl Flender (DE), Andrea Iten (CH), Max Spielmann (CH).


Schaumbad-Vorgeschichte:

Das Schaumbad – Freies Atelierhaus Graz – wurde im Juni 2008 als fluide Oase des Wohlbefindens in den ehemaligen Räumen eines 'Bäderparadieses' installiert. Von 2008 – 2011 arbeiteten bis zu 50 KünstlerInnen im Gewerbegebiet hinter dem Grazer Hauptbahnhof. Nach dem Verkauf des Gebäudes wurde der günstige Prekariumsvertrag gekündigt und die KünstlerInnen suchten intensiv nach neuen Arbeitsräumen. In der Zwischenzeit wurde vagabundierend im öffentlichen Raum und mit temporären Übergangslösungen gearbeitet. Seit August 2013 gibt es den neuen Ort in der Puchstraße 41. Situiert zwischen Schlachthof, Mülldeponie, Fernheizwerk und in näherer Umgebung zur Strafanstalt Karlau und dem Zentralfriedhof haben sich die KünstlerInnen die Aufgabe gestellt, weiterhin für die (Psycho-)Hygiene der Bevölkerung Sorge zu tragen.

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