04/12/2007
04/12/2007

v. li.: Architekt Hansjörg Tschom, Vizebügermeister Walter Ferk, Franz Huber, Dir. Waltraud Haas-Wippel. Foto: SPÖ Graz

Am 29.11.2007 präsentierte der Grazer Vizebürgermeister Walter Ferk im Rahmen einer Wohnbauenquete das SPÖ-Wohnungsprogramm.

Mit dabei waren Architekt Hansjörg Tschom, GGZ-Pflegedirektorin Waltraud Haas-Wippel und Vorstand der Gemeinnützigen Wohn- und Siedlungsgenossenschaft Ennstal, Franz Huber.

Wohnen müsse für alle leistbar sein, betonte Walter Ferk bei der Präsentation seines Wohnungsprogramms. Dass dies derzeit nicht so ist, ist für ihn daran ersichtlich, dass in Graz monatlich mehr als 300 Haushalte vom Stromnetz genommen werden. Wohnen ist für Ferk übrigens erst dann leistbar, wenn nicht mehr als 30% des Einkommens dafür ausgegeben werden muss, er sprach sich in diesem Zusammenhang für sozial gestaffelte Mieten aus. Einer der Kernpunkte des SPÖ Programms ist der Plan, in den kommenden Jahren mindestens 1000 Wohnungen jährlich zu errichten - größere Flächenpotentiale bieten laut Ferk die Kasernengründe, das Reinighausareal und Reserveflächen im Norden beim Wasserwerk. Besonderes Augenmerk werde dabei auf ökologische Aspekte in Hinblick auf die Umweltverträglichkeit und auf niedrigere Betriebskosten gelegt. Ferk stellte fest, dass in den letzten Jahren fast ausschließlich für Jungfamilien gebaut wurde. Es sollte daher mehr Durchmischung und weniger Ghettobildung geben, die z. B. durch die Möglichkeiten der Kombination von Wohnen und Arbeiten oder die Integration älterer Menschen in Form von Generationenwohnen erzielt werden könnte. Ferk bezeichnete darüber hinaus das derzeit herrschende Punktesystem bei der Vergabe von Gemeindewohnungen als veraltet, für ihn der Grund für den permanenten Leerstand von ca. 200 Gemeindewohnungen.

Dir. Haas-Wippel legte den Schwerpunkt ihrer Erläuterungen auf betreutes Wohnen, generationsübergreifende Wohnprojekte und die altergerechte Ausstattung von Wohnungen. Eine auf die Bedürfnisse der SeniorInnen ausgerichtete Wohnbaupolitik ist für sie der Schüssel für ein selbstbestimmtes, eigenständiges Wohnen älterer Menschen. Sie berichtete, dass 2008 im Geriatrischen Zentrum Graz 48 betreute Wohnungen errichtet werden, wofür bereits über 100 Anmeldungen vorliegen.

Dir. Huber ortete im aktuellen Wohnbau rechtlichen und politischen Handlungsbedarf: Er ist der Meinung, dass es zu viele Mietrechtsformen gäbe und jedes Bundesland eigene Förderrichtlinien, eigene Mietrichtwerte habe. Inakzeptabel ist für ihn, dass Vermögen für die Förderkriterien nicht berücksichtigt werde und öffentliche Steuergelder bei der Einfamilienhausförderung indirekt Steuerhinterziehung fördern würden. Die Verhinderungspolitik der Stadt Graz ließe ihn daran zweifeln, so Huber, dass jährlich 1000 Wohnungen errichtet werden könnten. Als Beispiel für diese Verhinderungspolitik nannte er die Bauvorhaben Martinhofgründe und das Messeareal. Hier beabsichtige die Stadt Graz offensichtlich, öffentliche Aufgaben wie Straßen und Wegebau auf die Wohnbauträger bzw. die zukünftigen BewohnerInnen umzuwälzen. Dir. Huber betonte, dafür einzutreten, dass man Integration leiten und nicht erleiden solle - in Form von Betreuung, Moderation und Schuldnerberatung - und zeigte sich bereit, auch selbst einen Beitrag dafür zu leisten.

Für Architekt Tschom geht die Entwicklung im Wohnbau zu langsam, an den Bedürfnissen der Menschen werde vorbeigeplant. Bereits 1969 hatte Tschom gefordert, dass 30 % der Kleinwohnungen für SeniorInnen zur Verfügung gestellt werden sollten. Serviceeinrichtungen des Alltags seien laut Tschom noch immer kein Thema für Wohnbauträger. Er verwies in dem Zusammenhang auf Bayern, wo das Angebot von Serviceleistungen im Wohnbau ein voller Erfolg sei. Der Architekt berichtete außerdem über Forschungsprojekte und stellt seinen kürzlich fertig gestellten Pilotwohnbau in der Sandgasse vor. Das Projekt basiert auf einem Modulsystem, das beliebig kombiniert werden kann und eine nutzungsneutrale Struktur bildet. Generationenwohnen, die Kombination von Wohnen und Arbeiten sowie Wohngemeinschaften sind ebenso möglich wie Modifizierungen nach Veränderungen. Als Besonderheit nannte Tschom eine hochgelegte Straße mit individuellen Vorgärten zur Kommunikation. Das Projekt soll laut Tschom gut funktionieren. Ginge es nach ihm, so würde er nur mehr �unfertige� Wohnungen planen.

In der anschließenden, leider zu kurz geratenen Diskussion, betonte Dir. Rossmann von der ÖWGes, dass Experimente viel kosten würden, nicht funktionierten und auch von den NutzerInnen nicht gewollt werden. Aus dem Publikum kam der Hinweis, dass Pilotprojekte eine Einführungsphase mit Betreuung bräuchten. Dir. Huber sprach sich für Evaluierungen von Pilotprojekten über einen längeren Zeitraum aus.

Eines wurde bei dieser Enquete wieder klar: engagierte Pilotprojekte sind wichtig, aber führen allein nicht weiter. Notwendig sind eine Änderung des Wohnbauförderungsgesetzes und eine funktionierende Stadtplanung, die vorgibt, dass aus einzeln bebauten Grundstücken zusammenhängende vielfältige Lebensbereiche entstehen. Die Wiener Stadtplanung beispielsweise schreibt bei Wohnbauwettbewerben Vorgärten, Stadtteilparks und auch Betreuungseinrichtungen vor. Die SPÖ hat sich jedenfalls ein großes Ziel gesteckt. Es bleibt abzuwarten, ob es nach der Wahl verfolgt wird.

Verfasser/in:
Elisabeth Lechner, Bericht
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