02/11/2020

Bebauung Eggenberger Gürtel 94–98, Graz

Geladener, einstufiger Realisierungswettbewerb mit neun TeilnehmerInnen nach dem Grazer Modell

Ausloberin
EG 94-98 Projektentwicklungs-GmbH, Grabenstraße 178, 8010 Graz

Gewinner
balloon architekten

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02/11/2020

1. Platz: balloon architekten

©: Kampus

2. Platz: Arch. DI Petra Friedl

©: Kampus

3. Platz: Arch. DI Andreas Salfellner

©: Kampus

Arch. DI Barbara Engl - DAISYS

©: Kampus

GS architects

©: Kampus

Hohensinn Architektur

©: Kampus

Arch. DI Armin Ibounigg

©: Kampus

Scherr + Fürnschuss Architekten

©: Kampus

Arch. DI Sandra Tändler-Rössl

©: Kampus

Coverbild der Auslobung

©: Kampus

Lage Wettbewerbsgebiet

©: Kampus

Die EG 94-98 Projektentwicklungs-GmbH beabsichtigt, einen Geschoßwohnbau plus erdgeschoßiger Nutzungen durch Handel, Dienstleistung und Gewerbe auf zwei Grundstücken am Eggenberger Gürtel in Graz-Gries, schräg gegenüber des Gürtelturms zu errichten. Dazu führte sie vom 14. Juli bis 13. Oktober 2020 einen geladenen, einstufigen Realisierungswettbewerb mit neun TeilnehmerInnen nach dem Grazer Modell durch. Wettbewerbsaufgabe war auch eine städtebauliche Baumassendisposition der südlich benachbarten Grundstücke an der Kreuzung Eggenberger Gürtel / Kärntner Straße.
Das 3758m2 große Planungsareal ist im 4.0 Flächenwidmungsplan der Stadt Graz mit einer Bebauungsdichte von 0,8 – 2,5 eingestuft, jedoch stark durch Verkehrslärm belastet – demgemäß als "Sanierungsgebiet Lärm" festgelegt.
Das Gebiet ist durch vier Buslinien gut an die Grazer Innenstadt angebunden und über den Eggenberger Gürtel durch einen Fuß- und Radweg erreichbar. Seitens der Stadt Graz ist eine weitere Geh- und Radwegerschließung entlang der Westseite des Eggenberger Gürtels sowie zwischen Planungsareal und Vorbehaltsfläche für Sportzwecke im Westen als Anbindung an die südlich gelegenen Grundstücke der Fa. Leitner vorgesehen.
Ca. 400m südlich des Planungsareals befindet sich das Einkaufszentrum City Park mit Lebensmittelmarkt, zahlreichen Geschäften, Post, Bank, Cafés, Restaurants etc. Nördlich liegt ein Kindergarten; das Oeverseegasse-Gymnasium liegt östlich in fußläufiger Entfernung von ca. 300m. Die für das Gebiet erstellte Erschließungsstudie der Stadt Graz war im Verfahren zu berücksichtigen.
Die Ausloberin strebt die sorgfältige Planung der gesamten Grünanlagen an: Dachgärten, Urban Gardening, Gemeinschaftsgärten, Aufenthaltsbereiche mit Öffentlichkeitscharakter.

Wettbewerbsergebnis
Die Jury tagte am 13. Oktober 2020 unter dem Vorsitz von Arch. DI Werner Wratschko. Wegen verspäteter und unvollständiger Abgabe hatte sie ein Projekt auszuschließen; bei zwei weiteren Projekten konnten die Nachreichungen nicht berücksichtigt werden und waren daher ebenfalls auszuschließen. Nach eingehender Beurteilung der verbleibenden Projekte kam folgendes Wettbewerbsergebnis zustande:  

  • Platz 1: balloon architekten
  • Platz 2: Arch. DI Petra Friedl
  • Platz 3: Arch. DI Andreas Salfellner

Weitere TeilnehmerInnen

  • Arch. DI Barbara Engl - DAISYS
  • GS architects
  • Hohensinn Architektur
  • Arch. DI Armin Ibounigg
  • Scherr + Fürnschuss Architekten
  • Arch. DI Sandra Tändler-Rössl

Jurybeurteilungen

Platz 1
Das Projekt reagiert auf die komplexe städtebauliche Situation mit der Setzung dreier Volumina, deren Grundrissfigur auf 5 bzw. 6 Ecken basiert. Diese Anlage antwortet zum einen klar auf die ungleichzeitige Errichtung so, dass vor Bebauung der beiden südlichen Bauplätze ein kristalliner Körper eigenständig und selbstbewusst den Stadtraum bereichert. Zum anderen wird sich nach Vervollständigung der Bebauung eine zwanglose Neudefinition des hochrangigen Verkehrsknotens ergeben, die aufgrund der Baukörperstellungen und -ausformungen auch für FußgängerInnen ein Vorfeld schafft, welches das Ertragen der Verkehrsbelastung erleichtert.
Die Architektur des vorgeschlagenen Objektes baut auf einer Dreigliedrigkeit auf. Auf einem dreigeschoßigen Sockel lagern 6 Vollgeschoße. Die Dachebene ist als Gemeinschaftsgarten gewidmet, dessen umlaufende bauliche Rahmung jenen krönenden Abschluss bildet, der aufgrund seiner Auflösung einen eleganten Übergang zum Himmel bildet.
Das Erdgeschoß ist in drei Körper gebrochen, wodurch mehrere Parkverbindungen angeboten werden und zugleich dem Objekt angemessene Foyers gegeben werden, die sich mit gut nutzbaren Geschäftszonen verbinden.
Über den im 1. OG gut angelegten, öffentlichen Nutzungen gehen Wohngeschoße auf. In Reaktion auf die Schallproblematik wird die Erschließung der Wohnungen nach innen gelegt, somit entstehen fast ausschließlich Parkwohnungen. Die architektonische Geste der Einfügung eines über 7 Geschoße gehenden Parks bereichert als Zäsur den Aspekt am Gürtel, zugleich wird die genannte innere Erschließung gebrochen und belichtet, was durch die Attraktivität die Wertigkeit der Wohnnutzungen erhöht.
Wenngleich umlaufende Balkone nicht die Ultima Ratio der Privatheit bilden, so wirken sie im Falle des vorgeschlagenen Objektes hier als willkommene Schallbrecher und verleihen dem Gebäude zusammen mit der vertikalen Gliederung eine Feingliedrigkeit in der Erscheinung, die in dieser rauen Gegend freundlich, also positiv, das Umfeld bereichern wird.
Hervorzuheben ist auch, dass das westliche Umfeld so gestaltet wurde, dass die Erschließungsstraße als Trennung heruntergespielt wurde und somit ein in sich konsistenter Park entstehen konnte.
Das Projekt ist in sich gelungen und gut abgestimmt, was das Abstimmungsverhältnis eindeutig zeigt.
Anmerkungen von Seiten der A10/8 – Verkehrsplanung:
– Es ist keine ausreichende Anzahl an Fahrradabstellplätzen dargestellt.
– Ein Lagetausch der Erschließungsstraße mit dem im Park vorgesehenen Geh- und Radweg ist zu prüfen.

Platz 2
Das Addieren zweier L-winkelförmiger Baukörper im Grundriss wird positiv gesehen. Das klare Absetzen der Obergeschoße von den 3 Sockelgeschoßen löst optisch eine eindeutige Funktionszuordnung erkennen. Die „Abtreppung“ der drei Sockelgeschoße zum Park bringt 3-dimensionale Außenraumqualitäten. Die schiefe Ebene geht nach Meinung der Jury in die falsche Richtung, da die „Aufkippung“ entgegen der Intention der Ausloberin eine abwesende Geste darstellt. Im Falle der Weiterrückens muss die schiefe Ebene eine zum Park offene und zu diesem gerichtete Geste darstellen und ist dementsprechend zu überarbeiten. Auch Themen des Verkehrs müssten in diesem Fall in Abstimmung mit der Verkehrsabteilung der Stadt Graz überarbeitet werden.
Die laubengangartige Erschließung zum Gürtel ist zu vage dargestellt, lässt aber eine gewisse Eintönigkeit im Erscheinungsbild der Fassade vermuten. Im Falle des Nachrückens müsste diese Fassade überarbeitet werden und zusammen mit dem Fachbeirat für Baukultur weiterentwickelt werden.
Die Orientierung der Wohnungen wird positiv bewertet, im Falle des Nachrückens müsste der Wohnungsschlüssel nachgebessert werden (zu viele kleine Wohnungen).
Weiters positiv beurteilt wird die in der Ansicht L-förmige Erscheinung der gekuppelten Bebauung.
Anmerkungen von Seiten der A10/8 – Verkehrsplanung:
– Es ist eine zu geringe Anzahl an Pkw-Stellplätzen angeführt.
– Es ist keine ausreichende Anzahl an Fahrradabstellplätzen dargestellt. Die zu ergänzenden Fahrradabstellplätze sind gemäß den Wettbewerbsvorgaben großteils oberirdisch und im Nahbereich der Eingänge zu situieren.
– Die LKW-Zufahrts- sowie Wendemöglichkeit für Anlieferung und Abfallentsorgung sind nicht im Detail dargestellt. Im Weiteren wäre eine eingehendere Prüfung und vertiefte Planung erforderlich.
– Die erforderlichen Sichtbeziehungen im Zufahrtsbereich zu dem im Eggenberger Gürtel geplanten Geh- und Radweg sind einzuhalten.
– Zwischen Erschließungsstraße und Bebauung ist kein Vorfeld gemäß den Wettbewerbsvorgaben dargestellt.

Platz 3
In Anlehnung an klassische Gründerzeitbebauungen werden 3 Blöcke formuliert. Diese schaffen sowohl eine Fassung des Straßenraumes als auch eine Abschirmung des Verkehrslärms des Eggenberger Gürtels. Die Abstufung der Höhen hin zur Westseite und der angrenzenden öffentlichen Freifläche ermöglicht eine großteils gute Belichtung trotz des schmalen Hofzuschnitts. Großzügige, private Freiflächen gliedern die Fassade und die Dachflächen. Die abgerundete Form des nördlichsten Hofes schafft einen Abschluss der Struktur und einen angenehmen Übergang zum bestehenden Hochhaus.
Die durchgesteckte, offene Erdgeschoßzone ist lärmtechnisch zu hinterfragen. Die Form der Gewerbezone im Erdgeschoß sollte im Sinne einer sinnvollen Durchlässigkeit optimiert werden. Die Belichtung von Wohnungen in der Nordost-Ecke des Hofes ist schwierig, vor allem in den unteren Geschoßen. Der große, allgemein zugängliche Wohnraum im OG4 im Anschluss an die Brandwand zum südlichen Nachbargrundstück ist wirtschaftlich nicht vorstellbar, eine Umnutzung in Wohnungen ist aufgrund der fehlenden Belichtung auch nicht vorstellbar.
Die Integration der Erschließungsbereiche und Stiegenhäuser in einen Gesamtbaukörper wird sehr begrüßt, allerdings ist die Anzahl der benötigten Aufzüge wirtschaftlich schwer vorstellbar.
Ein großes Manko wird in der Situation, wenn erst der 1. BA umgesetzt ist, gesehen – das Projekt wäre dann städtebaulich nicht vertretbar und ist nur mit der Bebauung auf dem Grundstück Leitner vollkommen.
Anmerkungen von Seiten der A10/8 – Verkehrsplanung:
– Es ist keine ausreichende Anzahl an Fahrradabstellplätzen dargestellt.
– Die LKW-Zufahrts- sowie Wendemöglichkeit für Anlieferung und Abfallentsorgung sind bezüglich
Befahrbarkeit zu überprüfen und gegebenenfalls um zu planen.
– Die Erschließungsstraße ist nur als Grünfläche dargestellt. Hier ist von einer Straße gemäß den
Wettbewerbsvorgaben auszugehen.
– Die Lage der Tiefgaragenzufahrt entspricht nicht den Vorgaben aus der Planung von ZIS+P. Sie liegt etwas
zu nahe am Eggenberger Gürtel und wäre zu adaptieren.
– Die erforderlichen Sichtbeziehungen im Zufahrtsbereich zu dem im Eggenberger Gürtel geplanten Geh-
und Radweg sind einzuhalten. Dies wäre im weiteren Planungsprozess genauer zu prüfen.

Weitere Jurybeurteilungen entnehmen Sie dem Protokoll anbei.

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