07/03/2007
07/03/2007

Der Falter Steiermark erscheint wöchentlich, jeweils am Mittwoch.

Nikos Grigoriadis: „Das Verfahren werden wir gewinnen“. Im Bild: Barbara Brunner, KIZ-Betriebsleitung und Nikos Grigoriadis, KIZ-Geschäftsführung, Programm und Redaktion. Foto: Fabian Wallmüller.

Die Winkelzüge rund um das in Bedrängnis geratene Kino im Augarten zeigen einmal mehr: Kulturpolitik wird in Graz zunehmend dem Goodwill privater Investoren überlassen.

„Entschuldigung, das stimmt ja alles gar nicht!“ Wenn man Nikos Grigoriadis auf Meldungen über die baldige Schließung des Kino im Augarten (KIZ) anspricht, kann der umtriebige Chef des KIZ schon einmal in Rage geraten. Kämpft er doch zurzeit gleich an mehreren Fronten um sein Filmtheater. Da wäre einmal ein sich schon länger hinziehender Streit mit der Stadt Graz um 35.000 Euro, die dem Kino anno 2003 für den behindertengerechten Umbau seiner WCs zugesprochen, aber bisher nicht verwendet wurden. Nun will die Stadt die Förderung wiederhaben. „Das Geld war zu wenig, wir hätten die dreifache Summe gebraucht“, erklärt dazu Grigoriadis, der Ende letzten Jahres mit einer abgespeckten Umbauvariante beim Amt für barrierefreies Bauen vorstellig wurde. Dort staunte er nicht schlecht, als ihm man ihm mitteilte: „Was wollen Sie, das KIZ kommt doch sowieso weg.“
Seither ist Feuer am Kino-Dach. Denn auf dem KIZ-Grundstück, das 2003 zu etwa gleichen Teilen von den Kinderfreunden und der Stadt Graz and den Leobener Bauträger SOB Immobilien verkauft wurde, soll ab 2008 ein Wohn- und Geschäftsbau hochgezogen werden – ohne Kino. Ein Bebauungsplan für das Grundstück, bis 19. März in Auflage, könnte noch vor dem Sommer im Gemeinderat beschlossen werden. Dann steht einem Neubau nichts mehr im Weg. Fast nichts, denn Grigoriadis besitzt einen unbefristeten Mietvertrag, „der vom neuen Eigentümer übernommen werden musste“, wie Grigoriadis weiß. Weil aber mit der SOB über die Fortführung des Mietverhältnisses keine Einigung erzielt werden konnte, hat die SOB 2006 eine Räumungsklage gegen das KIZ eingereicht. Mögliche Dauer dieser Nervenprobe: zwei Jahre. „Das Verfahren werden wir gewinnen“, geht Grigoriadis vorsichtshalber schon einmal in die Offensive, „und den Bebauungsplan beeinspruchen wir auch.“
Zurückhaltung pflegt jedenfalls die Grazer Stadtpolitik in der Causa KIZ. „Die Qualität des KIZ ist unumstritten, der Wegfall wäre ein großer Verlust für die Kino- und Kulturszene in Graz“, wird im Büro von Kulturstadtrat Werner Miedl bedauert, „es übersteigt aber unsere finanziellen Möglichkeiten, in einen neuen Standort zu investieren.“ „Nicht kommentieren“ will auch Planungsstadtrat Rüsch den Rechtsstreit zwischen KIZ und SOB, meint aber, seinen Teil getan zu haben: „Der Bebauungsplan lässt das Kino prinzipiell zu“. Soll also eine Immobilienfirma über den Fortbestand eines der profiliertesten Qualitätskinos der Stadt entscheiden? Oder der Richter eines Räumungsverfahrens?
Deutlich positiv hatte sich die Grazer Stadtpolitik jedenfalls noch Ende der 1990er-Jahre zum KIZ geäußert: Ging es doch damals um die Erlangung von EU-Geldern für das Stadtentwicklungsprojekt e.l.m.a.s., das rund um den Augarten einen Kulturcluster mit Kindermuseum, Theater am Ortweinlatz, Museum der Wahrnehmung und Kino vorsah. Als Partner von e.l.m.a.s. erhielt das KIZ damals 167.000 Euro aus EU-Mitteln sowie über 200.000 Euro von der Stadt Graz. Geld, das unter anderem in die Verbesserung der technischen Infrastruktur des Kinos floss. Heute sind diese Investitionen wie auch der einst geplante Kulturcluster für Rüsch kein Thema mehr: „Der Erhalt des Kinos ist eine kulturpolitische Aufgabe.“ „Die Stadt hätte schon beim Verkauf des Grundstücks an die SOB den Erhalt des Kinos zur Bedingung machen können“ meint hingegen Hansjörg Luser, ehemaliger Leiter des Amts für Stadtentwicklung und seinerzeit für die Durchführung von e.l.m.a.s. verantwortlich. „Wenn die Stadt das Kino will, wäre das durch finanzielle Unterstützung aber auch im geplanten Neubau möglich.“
Will die Stadt das Kino? Geht es nach einer Ende letzter Woche online gegangenen Unterschriftenliste, wächst die Zahl der Stimmen für den Fortbestand des KIZ – im geplanten Neubau oder an einem anderen Ort. „Alle zwei Minuten erhalten wir derzeit eine Unterschrift, obwohl wir selbst noch gar nicht dafür geworben haben“, freut sich Grigoriadis. Nun hat Stadtrat Miedl auf Initiative der Grünen für 10. April einen runden Tisch mit Stadtrat Rüsch, SOB-Chef Gande, Kino-Betreiber Grigoriadis und Vertretern der Grünen fixiert. Ein Treffen, dem Grigoriadis entspannt entgegensieht: „Ich lasse mich überraschen.“
Der Falter Steiermark erscheint wöchentlich, jeweils am Mittwoch.

Verfasser/in:
Fabian Wallmüller, Kommentar; erschienen im Falter Stmk. am 07.03.2007
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