10/11/2004
10/11/2004

Sekt ist noch fehl am Platz, schreibt die Kleine Zeitung am 9.November in einer Headline und meint damit, dass es noch verfrüht sei, auf die Neugestaltung des Freiheitsplatzes anzustoßen, weil dieser noch nicht, wie für Mitte Oktober geplant, fertiggestellt ist.
Das macht weiter nichts, denn auch nach dem letzten Pinselstrich und der Entfernung der Bauzäune wird dieser so genannte „Platz der Begegnung“ noch nicht zum so gewollten Flanieren einladen. Ein paar PKW-Abstellplätze weniger machen noch keine Fußgängerzone aus und eine mit Macadam befestigte ungegliederte Fläche, die – wenig inspiriert – mit Kopfsteinpflaster rahmenartig gesäumt wurde, macht noch keine Platz-Qualität. Damit kein Missverständnis aufkommt: Selbstverständlich kann auch formal zurückhaltende, so gesehen „sparsame“ Gestaltung – durchaus ohne Baumbepflanzung - Atmosphäre schaffen.
Barcelona, die Stadt, die in den 80er Jahren des letzten Jahrhunderts einen Imagewandel durch die Aufwertung der Plätze und Freiräume im Bestand erreicht hat, kann Vorbild sein. Die dieser Investition zugrundeliegende Idee, dass durch einen qualitativ hochwertigen Außenraum auch die privaten Investitionen in den Gebäudebestand angeregt werden, zielte auf die notwendige Weiterentwicklung und Erhaltung der strukturellen Qualität der historischen Stadt.
Die am Grazer Freiheitsplatz umgesetzte Minimalvariante einer Neugestaltung ist weder Fisch noch Fleisch. Ein lukrativeres Angebot für den Stadtflaneur wird der Platz bestenfalls mit dem Beginn der nächsten Schanigartensaison sein, wenn sich die Cafès auf die Straße – hier auf den Platz - verlagern und diesen beleben.
Wenn bei einem derart rigorosen Sparkonzept, das keine wirkliche Aufwertung des Freiheitsplatzes erlaubt, nicht auch beim Sekt gespart werden soll, dann können sich die Verantwortlichen mit dem Entkorken wie mit der Fertigstellung des Platzes noch Zeit lassen. Der Sekt gebührt den Wirten, die den Platz im Frühsommer mit Bestuhlung, Tischen, manchmal im Wind wehenden Sonnenschirmen möblieren, also gestalten werden – wie schon bisher.

Verfasser/in:
Karin Tschavgova
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