19/03/2024

Die Grazer Arkadenhöfe sind berühmt. Peter Laukhardt spürt einzelnen in ihrer Geschichte und Bedeutung nach. In Teil 3 lädt er zu einem Spaziergang über Raubergasse und Schmiedgasse ins alte Judenviertel (22 – 33) ein.

Die Kolumne Schau doch! von Peter Laukhardt zu unersetzlichen, schützenswerten Bauten im Grazer Stadtraum erscheint regelmäßig am 3. Dienstag im Monat auf GAT. 

19/03/2024

Teil 3: Grazer Arkadenhöfe, über Raubergasse und Schmiedgasse ins alte Judenviertel (22 – 33)

©: Peter Laukhardt

Bild 2: Umgang vor dem Stefaniensaal, Sparkassenplatz 3, Graz 2024

©: Peter Laukhardt

Bild 3: Raubergasse 10, Joanneumhof, Arkaden, Graz 2024

©: Peter Laukhardt

Bild 4: Raubergasse 11, Arkadenhof, Graz 2024

©: Peter Laukhardt

Bild 5: Schmiedgasse 8, Auslage mit Arkade, Graz 2024

©: Peter Laukhardt

Bild 6: Schmiedgasse 5, zugemauerte Säulen, Graz 2024

©: Peter Laukhardt

Bild 7: Schmiedgasse 11, Hofarkaden, Graz 2024

©: Peter Laukhardt

Bild 8: Schmiedgasse 13, Arkadengang, Graz 2024

©: Peter Laukhardt

Bild 9: Schmiedgasse 21, Hof des Palais Kollonitsch, 2024

©: Peter Laukhardt

Bild 10: Schmiedgasse 24, Einfahrt zum Amtshaus, 2024

©: Peter Laukhardt

Bild 11: Jungferngasse 3, Arkaden, Graz 2024

©: Peter Laukhardt

Bild 12: Jungferngasse 2, Stiegenaufgang im Hof, Graz 2024

©: Peter Laukhardt

Bild 13: Herrengasse 18, Arkadenfront, Graz 2024

©: Peter Laukhardt

Die zweite Route beendeten wir bei Neue-Welt-Gasse 6. Nun starten wir am Sparkassenplatz mit einem der wichtigsten Gebäude der Grazer Kultur.

 

22) Sparkassenplatz 3: Stefaniensaal

1908 wurde von der Steiermärkischen Sparkasse (sie wird 2025 ihr 200-Jahr-Jubiläum feiern) der schon 1885 errichtete Saalbau großzügig zum Stefaniensaal erweitert, der seinen Namen von der Kronprinzessin und Gemahlin von Kronprinz Rudolf erhielt. Architekt Leopold Theyer hat ein repräsentatives Vestibül mit Foyers, Feststiege und im Saalgeschoß einen Umgang mit Arkaden gestaltet; die monumentale Marmorstatue von Ludwig van Beethoven (Bild 2) begrüßt die Besucher, die zu Stefaniensaal, Kammermusiksaal, Blauem Salon oder Steiermarksaal eilen.

Wir überqueren die Landhausgasse und gehen weiter in den Hof des Joanneums, einst ein grüner Garten, heute ein gepflasterter Hof, „Joanneumsquartier“ genannt. Raubergasse 10. Hier muss ich weiter in die Geschichte zurückgreifen. Vor dem Bau der ersten Stadtmauer, die um 1250 an der Gartenfront des späteren Joanneums verlief, endete die Besiedlung mit den westlichen Hofstätten in der Schmiedgasse, die bis zu jenem Wasserlauf reichten, der ab 1350 als „Kotmur“ bekannt war. Wenn man die Wurmbrandgasse begeht, kann man noch heute erkennen, wie das Niveau von der Schmiedgasse zur Raubergasse absinkt.

 

23) Raubergasse 10: Joanneum

Das von Erzherzog Johann 1811 gegründete Joanneum ist bald darauf in das ehemalige Palais der Grafen von Leslie eingezogen. Im Hof sind an zwei Seiten durch Fenster geschlossene Pfeilerarkaden zu sehen (Bild 3).

 

24) Raubergasse 11: Ehem. Gasthaus „Prinz Johann“

Von außen ein eher unscheinbares Bürgerhaus, birgt es einen sehenswerten Arkadenhof, der sich über vier Geschosse (!) erstreckt und von jeweils zwei toskanischen Säulen geziert wird (Bild 4). Ein verborgenes Kleinod!

 

25) Schmiedgasse 8: Ehem. Schmiede

1596 bereits im Hofquartierbuch als Haus eines Schmiedes genannt. Im Kern aus dem 15./16. Jh. stammend, ist durch einen Gesamtumbau1873 mit Aufstockung und Neufassadierung das heutige Erscheinungsbild entstanden. Bei der Restaurierung 2010 (?) wurden an der Ecke zur Raubergasse und einige Meter weiter am Haus Landhausgasse 3 zwei Stützen aufgedeckt; an der Ecke eine Säule mit Rundeisen, an denen früher wohl Pferde angehängt werden konnten (Bild 5); man kann hier von einer frühen Arkadenform ausgehen.

 

26) Schmiedgasse 5: Kleiner Landhaushof

Die Ecke zur Schmiedgasse ist der älteste Teil des Landhauses; eine Inschrift im Obergeschoß mit der Jahreszahl 1531 deutet auf die frühesten Formen der Renaissance in Graz hin. Der Innenhof hatte ursprünglich offene Hallen, die durch Arkaden mit gedrungenen Säulen gekennzeichnet waren. Sie entsprechen vom Typ her nicht den frühen toskanischen Säulen des großen Gastraums, sind auch nur sehr schwer erkennbar, da eingemauert (Bild 6).

 

27) Schmiedgasse 11: Ehem. Bürgermeisterhaus

Im Innenhof, der gemeinsam mit dem von Nr. 13 nach Genehmigung besichtigt werden kann, sind offene Pfeilerarkaden erhalten geblieben (Bild 7).

 

28) Schmiedgasse 13: Bürgerhaus

Der vor vielen Jahren gemeinsam gestaltete Innenhof der Häuser Nr. 11 und 13 ­­ist wirklich außergewöhnlich. Das Obergeschoß des Ganges von Nr. 13 wurde mit dem Verbindungsgang von Nr. 11 zu einem gemeinsamen Arkadengang verbunden, der seinesgleichen sucht. Je vier toskanische Säulen im Erdgeschoß und Obergeschoß zieren das Bild in Richtung Süden (Bild 8).

 

29) Schmiedgasse 21: Palais Kollonitsch

1642 ließ Otto Gottfried Graf von Kollonitsch anstelle älterer Bauten dieses prächtige Palais erbauen. Durch die jüngst erfolgte Restaurierung wird ein triumphaler Höhepunkt der Baukunst der Renaissance in Graz neu erlebbar, auch wenn wir auf die Beschreibung der großartigen Innenausstattung verzichten müssen. Dafür sind im Innenhof Arkaden und Stiegenaufgänge in einer seltenen Harmonie und Schönheit erhalten worden (Bild 9).

 

30) Schmiedgasse 26: Amtshaus

Das als Ergänzung zum zu klein geratenen Rathaus 1902-1904 errichtete Amtshaus des Magistrats wurde an der Stelle älterer Bauten errichtet, darunter der als Absteige von hohen Herren bekannten Gasthäuser „Zum Weißen Lamm“ und „Zum Wilden Mann“ Ich habe es selbst erst vor kurzem mit anderen Augen erblickt: der Zugang zur Durchfahrt (als Ersatz für die aufzulassende Wurmbrandgasse gedacht) ist ebenso eine Art Arkadenhof wie die Ausfahrt zur Raubergasse (Bild 10).

Über die Stubenberggasse steuern wir nun die Frauengasse an und folgen ihr nach Norden. An der Ecke zur „Fischer-von-Erlach-Gasse können wir einen kurzen Abstecher zu Nr. 2 machen; die alten Steine neben dem Haustor könnte man sich als Spolien der Synagoge vorstellen. Frauengasse und Jungferngasse wurden noch bis ins 18. Jh. „die beiden Judengassen“ genannt. Das Grazer Judenviertel war ja im Südteil des Marktes von jüdischen Kaufleuten planmäßig mit rechteckigen Parzellen angelegt worden, die heutige Herrengasse wird 1261 als Judengasse bezeichnet (die erste Straßenbezeichnung in Graz überhaupt).

Die Ecke Frauengasse – Jungferngasse schmückt eine Nischenfigur aus der 2. Hälfte des 19. Jh., vermutlich den hl. Josef darstellend. Hinter diesen Mauern befand sich vor einigen Jahren noch die bekannte Gaststätte der Familie Bouvier „Zur schiefen Latern“. Beiderseits sind noch die alten Gaslampen zu sehen.

 

31) Jungferngasse 3: Ehem. Pöllauer Stiftshof

Schon 1572 werden hier die Herren von Spangstein genannt, 1596 verkauft Fürst Hanns Ulrich von Eggenberg, Herzog von Krumau, dieses Haus, das er von einem Spangenberg erworben hatte. Von 1638 bis 1721 war das dann der Stadthof des Stiftes Pöllau. In allen drei Obergeschossen des kleinen Innenhofes bilden drei kleine toskanische Säulen je zwei Arkadenbögen. Die Begutachtung eines Lifteinbaus im kleinen Hof dieses alten Hauses war vor mehr als zwanzig Jahren einer meiner ersten Aufträge in der Altstadtkommission. Die Alternative, der Einbau in einen früher für die Fäkalfässer genutzten kleinen Lichthof, war mangels Einsicht in die alten Baupläne nicht erkannt worden; es ist dann nichteinmal meine Forderung erfüllt worden, den Lift mit Glaswänden auszustatten. So fährt man heute „blind“ hoch und gewahrt die schönen Arkaden erst nach dem Aussteigen (Bild 11).

Gegenüber dem Haustor gelangen wir zum Südportal des Baukomplexes der Grazer Wechselseitigen Versicherung, der ab 1892 an der Stelle eines abgebrochenen Bürgerhauses mit einem der schönsten Arkadenhöfe der Stadt errichtet wurde. 

 

32) Jungferngasse 2: Ehem. Renaissance-Hof

Das prächtige Portal verdient besondere Beachtung, es passt nicht ganz zum Versicherungskomplex von 1895. Kein Wunder, scheinen doch Bauteile aus Resten des Vorgängerbaus zusammengestellt zu sein, so z. B. die beiden Tondi (runde Medaillons mit Imperatorenköpfen) aus Sandstein! Hinter dem Portal mit der schmiedeeisernen floral gestalteten Oberlichte öffnet sich eine Einfahrt mit Stichkappengewölbe. Nur mehr Wenige werden sich daran erinnern, dass hier einmal das „Panorama International“ in einer runden Guckkasteneinrichtung farbige Glaslichtbilder aus der fernen Welt zeigte. In dem nach Norden an das Zeughaus mit einer Scheinfassade angrenzenden Innenhof ist in der Südwestecke ein kleiner Stiegenaufgang mit Säulen 1892 so gestaltet worden, dass man darin eine Reminiszenz an den alten Renaissancehof erblicken könnte (Bild 12). Man kann nun vom Hof durch das Foyer zur Herrengasse gelangen.

 

33) Herrengasse 18: Geschäftsfassaden

Das Hauptportal, des an den Stil des benachbarten Landeszeughauses angelehnten Versicherungs-Komplexes, der 1892-1895 von Ludwig Theyer anstelle abgebrochener Altbauten errichtet wurde, ist mit hohem künstlerischem Aufwand gestaltet worden. Es fällt aber nur wenigen Passanten auf, dass sich beiderseits des Portals je vier, abwechselnd von Säulen und Pfeilern gestützte Rundbögen anschließen, die man wohl als Arkadenform der Gründerzeit bezeichnen könnte (Bild 13), auch wenn sie immer als Geschäftsportale dienten.

Viel Entdeckervergnügen beim Rundgang!
Fortsetzung folgt...

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