23/04/2021

gelungen | nicht gelungen 8.3

NICHT GELUNGEN. Der Nichts-los-Ort Pfauengarten
Teil 3 von 3

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Artikelserie von Bernhard Hafner zum Thema Pfauengarten in Graz,
Bestand, Nutzung, Planung und Bebauung

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Pichler & Traupmann Architekten überließen dem Verfasser der Artikel 8,1, 8.2 und 8.3 die Bildrechte für ausgewählte Schaubilder/Fotos nicht. Die gezeigten sind Ersatz dafür.

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23/04/2021

Abb. 7: Bebauung Pfauengarten Graz. Das große Bürogebäude verstellt den Blick zum Stadtpark (und die Stadtteile und Berge im Osten). Bildquelle: Ausschnitt aus "Stadtkarte Graz", siehe Link > geodaten.graz.at

©: Stadt Graz

Abb. 8: Wettbewerbsprojekt GS Architects, 2. Preis. Seitliche Bebauung entlang der Baulinie im Süden des Karmeliterplatzes mit möglicher Verbindung zum 3. Burghof und Archäologiebereich. Freier Durchblick nach Osten; Freilegung der Bastionsmauer und Kurtine samt Aufblick darauf von beiden Seiten: das ist 'Genius Loci'. Meine Wahl.

©: GS architects

NICHT GELUNGEN. Der Nichts-los-Ort Pfauengarten, Teil 3 von 3

Bebauung: Büro- und Wohngebäude, Hotel (Abb. 7)

3. Der Schluss
In der Auslobung heißt es: „Das zu bearbeitende Wettbewerbsareal liegt am Rand dieses Altstadtensembles. Es ist vom Schloßberg – dem zentralen Bezugs- und Aussichtsberg der Grazerinnen und Grazer – prominent einzusehen und repräsentiert in seiner Größe die einmalige Chance, ein über Jahrhunderte gewachsenes Altstadtgefüge nennenswert zu ergänzen.“ Unter den gewählten Beurteilungskriterien sind Imagebildende Qualitäten: Adressbildung, die stadträumliche Qualität, Ausformulierung des öffentlichen Raums, die gestalterische Qualität des Außenraums, die räumliche Beziehung samt Einfügung in den Altbestand und der Genius Loci. Die Stadt Graz war in die Projektabwicklung eingebunden und im Preisgericht vertreten.
   Das Gutachten zur Standortbeurteilung des Pfauengartens verlangte das Freihalten des Geländes in der Breite des Karmeliterplatzes. Das Gutachten wurde nicht außer Kraft gesetzt, was sich in den vom Auslober selbst genannten Kriterien zeigt.
   Von diesen Kriterien sind ausschließlich die Imagebildende Qualitäten, die Adressbildung im Projekt insofern erfüllt, als die Architektur in Form, Material und Raumbildung im Widerspruch zur Innenstadt ein Alleinstellungsmerkmal hat. Dies ist allerdings kein Kriterium der Baukunst, sondern eines der Verwertung des Bauens als Investition. Die meiner Meinung nach entscheidenden Kriterien erfüllt es nicht. Warum dann dieses Ergebnis?
   Seitens der Vertreterin des UNESCO-Weltkulturerbes heißt es: „Fordern muss man deshalb eine sensible Reaktion des Neuen auf das Alte statt einer Dominanz des Neuen. Insoweit lautet die Forderung zur Vermeidung dieser Konflikte dann immer wieder 'Bauen im Kontext', das heißt, die Sprache der Umgebung zu übernehmen, ohne sich anzubiedern oder gar billiger Nachahmung zu erliegen“ (7). Nochmals: Warum dann dieses Ergebnis? Wie verträgt sich diese Lösung mit der Übernahme der Sprache des naturräumlichen und baulichen Ortes, mit der Altstadt von Graz, mit der Altstadt irgendeiner bedeutenden Stadt in Europa? (Abb. 7)
   Die hier und davor im Artikel 8.2 gezeigten Aufnahmen zeigen, wie sehr das Projekt den Blick auf Stadtpark, Stadtteile und Berge im Osten stört. Als sei das nicht genug, sind über dem Hügel zwischen den beiden Bauteilen nur mehr Baumkronen zu sehen. 
   Christian Kühns Aussage bezüglich der Entwürfe für das Trigon-Museum und das Kunsthaus anders formulierend: Im Zweifelsfall sollte man sich gegen Adressbildung entscheiden und für Architektur. Dieser Ansicht schließe ich mich im Sinne meiner Ausführungen zum städtebaulichen Aspekt und der architektonischen Qualität unter diesem Aspekt an. Dies erfordert eine Architektur, in der der großartige Fluss von Natur- und Freiraum vom Schloßberg über Karmeliterplatz, Pfauengarten und Stadtpark bis zur Bebauung der gründerzeitlichen Neustadt hin gewahrt wird und in der Naturraum und Baukunst einen respektvollen Dialog führen. Die Beachtung dieser Kriterien, die dem Entwurf vorgegeben wurden, ist Teil dieses Dialogs.
    Das ist in der Bebauung des ehemaligen Pfauengartens nicht eingehalten worden. Dass das Projekt für den Mies van der Rohe Preis eingereicht wurde, zeigt das Missverstehen davon auf, was qualitätvolle Architektur ist. Ich halte die Bebauung des ehemaligen Pfauengartens als NICHT GELUNGEN. Der Pfauengarten ist nicht mehr. Unwiederbringlich. Ein Unort, ein Nix-los-Ort. Der Altstadt von Graz wurde in ihrem wertvollsten Teil unwiederbringliche Schönheit genommen. Reinhard, warum? Wie schade!

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Hätte es anders gemacht werden können, ohne den Pfauengarten in der Erweiterung des Karmeliterplatzes zu bebauen? Ja, das hätte es zweifelsfrei, wohl nicht mit gleicher Bebauungsdichte, aber doch als Kerngebiet. Wie, das ist eine andere Frage, die eine eigene Antwort erfordert. Das Projekt von GS Architects ist eine hervorragende Lösung dieser Frage. Sie erhält die Sicht über das Pfauengartengelände nach Osten, gibt Einblick in die Stadtmauer und Kurtine und setzt die südseitige Baulinie des Karmeliterplatzes fort. Ein schönes Projekt (Abb. 8).

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(7) Expositur Dr.-Ing. Irene Wiese von Ofen, UNESCO Weltkulturerbe, S 7-8 zur Bebauung "Pfauengarten" in: PAVOREAL – Bauen im Weltkulturerbe. Dokumentation des zweistufigen baukünstlerischen Wettbewerbs (siehe Download).

Bernhard Hafner

Antwort auf von Stadtwanderer

Ich kenne diesen guten Beitrag. Der für mich wesentliche Punkt war die Aufarbeitung des Geschehens am Pfauengarten vom Trigon Museum zur Bebauung und eine fundierte, stichhaltige Kritik sowohl der Vorgangsweise als auch ihres Ergebnisses.
Das ist mir nur teilweise gelungen. Zum Beispiel habe ich trotz vielerlei Versuchens - darunter sind Telefonate mit damals tätigen Beamten des Landes - nicht herausfinden können, wofür das für kulturelle Einrichtungen gewidmete Grundstück vom Land verkauft wurde. Wozu also der Erlös verwendet wurde. Etwa ganz einfach zur Aufbesserung des Budgets oder etwa um die Gemeindezusammenlegung in der Oststeiermark zu finanzieren?
Wohl gelungen ist mir, die Verantwortung für das Versagen klar darzulegen. Einmal dafür, den großartigen und bis weit in den Planungsablauf gediehenen Entwurf für das Trigon Museum nicht zu realisieren. Das liegt an persönlichen Eitelkeiten in der Landespolitik und tatsächlich meiner Meinung nach kulturschädlichem Verhalten, denn wir haben zwar ein Kunsthaus, aber kein Museum bekommen, bis heute nicht: nämlich eines, wie es der Entwurf von Schöffauer-Tschapeller war. Es liegt dann auch an der Bereitschaft des Landes, das Grundstück an die Stadt zu verkaufen. An dieser liegt es, ohne Umwidmungsverfahren eine Bebauung zu bewilligen, die nicht kultureller Nutzung dient, sondern Ivestoreninteressen und dem, was ich für Gewinnmaximierung halte. Ob die Ingenieurkammer den Wettbewerb für die endgültige Bebauung freigegeben hat, wir noch untersucht. Dass die Jury unter Vorsitz eines norwegischen Architekten den realisierten Entwurf prämierte, ist für mich nicht unerwartet aber verwerflich. Es hat ein besseres Projekt gegeben.
Verantwortung? Sie liegt beim Land, der Stadt, der Architektenkammer, der Jury und bei Architekten, mich eingeschlossen. Teilgenommen hätte ich nicht, aber zu Wort melden hätte auch ich mich sollen, wie so manch anderer/andere. Meine Arbeit zwischen 2007 und 2007 an Vorabzügen zu Rethinking Structures I und II, vor allem an Städtebausimulationen war mir wichtiger. Es ist eine Schuld, die ich im Nachhinein eingelöst habe.
Wollen Sie ein Gedicht? Wenn es das ist, schreib ich Ihnen eines.

Di. 27/04/2021 12:02 Permalink
gatabonent

Antwort auf von Bernhard Hafner

Kann diese Pfauengartenendlosstory endlich beendet werden? Jetzt kommen zu den ewiglangen Beiträgen auch noch ewiglange Kommentare des Autors. Very boring

Mi. 28/04/2021 6:25 Permalink
Netzwerktreffen
16. + 17.11.2023
 
GAT+