30/04/2021

Social Urban Mining

Bettina Landl zur Steiermark Schau 2021 – Betrifft Nachhaltigkeit und Ressourcenschonung

Neben dem Anspruch, wirt-schaftliche Praktiken und gesellschaftliche Lebens-verhältnisse nachhaltiger und ressourcenschonender zu gestalten, wird auch im Kontext Museum und Ausstellungs-design auf diese Themen hingewiesen und dafür sensibilisiert.
Neben der inhaltlichen Schwerpunktsetzung in diese Richtung, wird auch das Thema Kreislaufwirtschaft im Auf- und Abbau ins Blickfeld gerückt. Mehr oder weniger konsequent lassen sich diese Vorhaben tatsächlich planerisch und (ausstellungs)gestalterisch umsetzen.

STEIERMARK SCHAU 2021
bis 31. Oktober 2021
an 3 Standorten in Graz
und im Mobilen Pavillon, der noch an 4 Standorten in der Steiermark zu sehen ist. 

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30/04/2021

Kunsthaus Graz: Zita Oberwalder, (surprising) chrysalis, 2021.

©: Bettina Landl

Kunsthaus Graz: Nachhaltige Ausstellungsgestaltung macht wiederverwendbare Konstruktionen notwendig.

©: Bettina Landl

Kunsthaus Graz: Plamen Dejanoff, Foundation Requirement (Lehm-Hanf-Steine), 2021

©: Bettina Landl

Kunsthaus Graz: Ökologisch vertretbare Produktpalette

©: Bettina Landl

Kunsthaus Graz: Zur Notwendigkeit der Verhandlung: Training Democracy (entlehnt von Werner Reiterer, 2012)

©: Bettina Landl

Volkskundemuseum: Interview mit Raymond Taiwo Oyumo (Megaphon-Verkäufer und -Sprecher)

©: Bettina Landl

Volkskundemuseum: Zum Thema „Meine Welt, deine Welt und wie kommen wir zusammen?

©: Bettina Landl

Volkskundemuseum: Antisemitismus in Graz

©: Bettina Landl

Volkskundemuseum: Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus: Belgierkaserne und Feliferhof

©: Bettina Landl

Volkskundemuseum: Jochen Gerz, „63 Jahre danach“, 2010-2014: Eine der zehn Gedenktafeln, die unplanmäßig aus dem öffentlichen Raum entfernt wurden

©: Bettina Landl

Standorte des Mobilen Pavillons

©: Land Steiermark

„Das erträumte Haus muss alles enthalten. Es muss, mag es auch noch so weiträumig sein, zugleich eine Hütte, ein Taubenleib, ein Nest, eine Schmetterlingspuppe sein.“ (Textzitat: Gaston Bachelard, Poetik des Raumes, Frankfurt am Main, 1987 in: Zita Oberwalder, (surprising) chrysalis, 2021 als Reaktion auf das Thema Brettsperrholz im Kunsthaus Graz.

Beginne hier:
Jeden Tag schießen Häuser wie Pilze aus dem Boden, deren Lebensdauer oft nur wenige Jahrzehnte beträgt, bevor sie schon wieder neuen Projekten weichen. Nach dem Abriss bleibt jedes Mal viel Schutt und Müll zurück, doch der Wunsch nach Nachhaltigkeit und Ressourcenschonung wird (offenbar) auch in der Baubranche immer stärker. Auch für das Kunsthaus Graz wird regelmäßig eine neue Ausstellungsarchitektur mit neuen Wänden, Sockeln, Möbeln etc. gebaut. Die der Steiermark Schau von studio-itzo besteht aus einem modularen System wiederverwertbarer Teile (Verweis: Sitzmöbel in der aktuellen Ausstellung im Graz Museum). Es handelt sich dabei um Elemente früherer Ausstellungen, um nachhaltige Materialien und Teile von Gebäuderückbauten. Wichtige Partner hierbei waren BauKarussell und Materialnomaden. Zwei österreichische Firmen, die sich ganz dem Re-Use, also der Wiederverwendung von Baumaterialien verschrieben haben. Ihr Ziel ist es, eine Kreislaufwirtschaft in der Baubranche zu etablieren. Das soll durch einen verwertungsorientierten Rückbau erreicht werden, der im Idealfall schon bei der Entstehung von Gebäuden mit eingeplant wird. Bauelemente wie beispielsweise Böden, Fenster, Türen oder Fassadenteile sollen nach dem Rückbau (dem Abriss eines Gebäudes) wiederverwendet werden. BauKarussell verbindet dieses Vorhaben explizit mit ihrem sozialen Ansatz des Social Urban Minings. Der Gebäuderückbau erhält einen sozialen Mehrwert, indem die dadurch entstandenen Arbeitsplätze vor allem an Menschen vergeben werden, die aus verschiedensten Gründen Schwierigkeiten am Arbeitsmarkt haben. Dieses Konzept sowie die Erkenntnisse daraus stellt BauKarussell allen Interessierten frei zur Verfügung, damit die gesamte Branche und damit auch wir als Gesellschaft daran partizipieren können.

Foundation Requirement (Lehm-Hanf-Steine)
2010 gründete Plamen Dejanoff eine Stiftung in die fünf historische Gebäude in Veliko Tarnovo und Arbanassi einbezogen sind. Diese wurden seiner Familie im Zuge eines Restitutionsverfahrens vom bulgarischen Staat rückerstattet. Unter dem Titel Foundation Requirement setzt sich Dejanoff als zeitgenössischer Künstler mit traditionellen Bauweisen und Materialien wie Holz, Stein und Lehm auseinander, wie sie auch in seinen Häusern zu finden waren bzw. noch in Fragmenten vorhanden sind. Rekonstruktionen dieser Architekturfragmente präsentiert er in internationalen Ausstellungen. Als Beitrag zur „Landesausstellung“ erinnert er aktuell mittels einer Wand aus Lehm-Hanf-Steinen an uralte Kulturtechniken, die mit den Hashtags ReNovation, Bauen, Transfer und Care versehen wurden.

Produktpalette oder Training Democracy
„Der Space04 im Erdgeschoß des Kunsthaus Graz ist über die gesamte Dauer der 'Steiermark Schau' frei zugänglich und verhandelt das Museum als Ort der Bildung, des Erlebens, der Begegnung und der Teilhabe“, erklärt der dazugehörige Audioguide. Die Möbel im Raum wurden von der österreichischen Künstlerin, Ausstellungsgestalterin und Restauratorin Erika Thümmel gemeinsam mit den Werkstätten der Caritas geschaffen. Zentrale Aspekte sind neben ihrer Individualität vor allem die Nachhaltigkeit und Inklusion im Produktionsprozess. Die installierte Präsenzbibliothek soll kontinuierlich wachsen und lädt das Publikum dazu ein, bis Ende Oktober für die Zukunft relevante Bücher an das Kunsthaus zu verleihen.

Brettsperrholz, seit 1989
lignum – Institut für Holzbau und Holztechnologie der TU Graz und holz.bau forschungs-gmbh betonen: „Weltweit wird immer mehr in Holz gebaut. Auch in Städten und auch in die Höhe.“ Dass Hochhäuser aus Holz wie das 24-stöckige HoHo in Wien möglich sind, geht maßgeblich auf Forschungsarbeiten an der TU Graz zurück, wo 1989 der Grundstein für die Entwicklung von „Brettsperrholz“ gelegt wurde. „Brettsperrholz“ besteht aus mehreren Schichten kreuzweise verleimter Massivholzbretter. Die bis zu 20 Meter langen Platten sind extrem stabil, leicht vorzufertigen und zu bearbeiten und wirken als Flächen- und Raumtragwerke. So ist Holz als tragender Wand- und Deckenbauteil einsetzbar und kann alles, was Stahlbeton auch kann – aber ökologisch nachhaltig? Technologie, Fertigung und Einsatz des Baustoffes werden am holz.bau-forschungszentrum und den Betrieben des Holzcluster Steiermark laufend weiterentwickelt und es wird an neuen innovativen Anwendungen des nachwachsenden Rohstoffs Holz geforscht. Hashtags dazu u.a. Ressource, Bauen, Innovation, Transfer und Optimierung.

Exkurs(ion): Volkskundemuseum
Im Zuge der Steiermark Schau wurde die Dauerausstellung im Volkskundemuseum nicht nur neu ein-, sondern auch ausgerichtet. Unterstützen sollten dieses Vorhaben Sanierung, Umbau und Neugestaltung durch BWM Architekten, in Absprache und Übereinstimmung mit dem Bundesdenkmalamt. Erhalten blieben „Rauchkuchl" und die „Gute Stube“ wie auch der „Trachtensaal". Der „Heimatsaal" wurde hingegen revitalisiert und ist nun (endlich) barrierefrei zugänglich. Die historische denkmalgeschützte Struktur wurde in ihrer Charakteristik respektiert. Die Trennung des neuen Gefüges von der historischen Substanz bewahrt die Authentizität des Bestands. Die Außenwände blieben als charakteristische Schnittstellen zwischen Innen und Außen und als wesentliches Merkmal der ehemaligen Klosteranlage im Originalzustand. Die gestalterischen Interventionen sind in der Materialwahl erkennbar: Glas, Metall, Licht. Bezeichnend ist dabei die gläserne Brücke als Verbindung von Hauptgebäude und historischem Trachtensaal. Der Innenhof, die Antoniuskirche und die Gärten wurden ebenso in das Gesamtkonzept und damit in das Museumsareal eingearbeitet.

#1,5° #Ressource #Bauen #Sharing #Kreislauf #Überleben
Neben dem Kunsthaus Graz (was sein wird), dem Volkskundemuseum Graz (wie es ist) und dem historischen Abriss einer steirischen Geschichte im entsprechenden Museum für Geschichte (was war) ist noch ein mobiler Pavillon (wer wir sind) Teil der „Landesausstellung neu“. Das kubische Objekt des Pavillons wurde von Kadadesign/Kadaconcept in Kooperation mit Architekturbüro Zepp, Baumgartner Lichtwerbung GmbH, Wartecker, Mit Loidl oder Co GmbH, Raunjak Intermedias, Spantech International SA/NV und Sattler AG realisiert. Dabei wäre es interessant, zu erfahren, welche Rolle Nachhaltigkeit und Ressourcenschonung in diesem Teil der Schau bauplanerisch spielt und ob die Konsequenz einer kritischen Befragung unserer Lebensweise auch hier (tatsächlich) ihre Entsprechung findet. Die Architektur des 800 Quadratmeter großen Pavillons ist im Inneren mit einer 50 Meter langen Panorama-Leinwand versehen, die 24 in Auftrag gegebene Kunstbeiträge zu (steirischen) Landschaften im Loop abspielt. Der Pavillon ist eine wandernde Kunsthalle inklusive Hightech-Membranen und als temporäres Gebäude selbst bereits als Lichtinstallation gestaltet. In welcher Form nach Abschluss des Projekts einzelne (Bau)Elemente weiter verwendet werden, bleibt noch zu klären.

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