20/10/2021

Bauherrenpreis 2021 – Preisträger*innen

Nachdem die Jurien in den einzelnen Bundesländern in der ersten Bewertungsphase aus insgesamt 152 Einreichungen 24 Projekte nominiert haben, ermittelte die Hauptjury sechs Projekte, die am 15. Oktober 2021 im Treibhaus Innsbruck mit dem ZV-Bauherrenpreis 2021 ausgezeichnet wurden.

Die Preise 2021 gingen an Bauten in Niederösterreich, Oberösterreich, Tirol und Wien.

Details entnehmen Sie dem Link zv-architekten.at

.

20/10/2021

BHP'21: Schulzentrum Gloggnitz: BauherrIn: Stadt Gloggnitz, Architektur: Dietmar Feichtinger Architectes. Foto © David Boureau

BHP'21: Auferstehungskapelle Straß: BauherrIn: Kapellenverein Straß, Architektur: LP Architektur. Foto © Albrecht Schnabel

BHP'21: Panoramalift Steyr: BauherrIn: Stadtbetriebe Steyr, Architektur: reitter_architekten. Foto © Mojo Reitter

BHP'21: Tiroler Steinbockzentrum, St. Leonhard im Pitztal: BauherrIn: Gemeinde St. Leonhard, Architektur: Atelier Köberl, Architektin Daniela Kröss. Foto © Lukas Schaller

BHP'21: Sigmund Freud Museum: BauherrIn: Sigmund Freud Privatstiftung, Architektur: Atelier Hermann Czech, ARTEC Architekten, Walter Angonese. Foto © Hertha Hurnaus

BHP'21: VinziDorf Wien: BauherrIn: Vinzenzgemeinschaft Eggenberg – VinziWerke, Architektur: gaupenraub +/-. Foto © Kurt Kuball

Am 15. Oktober 2021 wurden im Rahmen einer feierlichen Abendveranstaltung im Treibhaus Innsbruck die Gewinner*innen des ZV-Bauherrenpreises 2021 ausgezeichnet. Die Einreichungen reichten von Wohn-, Büro- und Bildungsbauten bis zu Wissenschafts- und Kulturinstitutionen sowie gemeinnützigen Einrichtungen.
Um die Projekte und deren Genese beurteilen zu können, sind alle eingereichten Projekte im jeweiligen Bundesland von einer Nominierungsjury besichtigt worden. Danach wurden die Nominierungen durch die Hauptjuror*innen – Peter Riepl (Architekt, Linz), Roger Riewe (Architekt, Graz) und Angelika Schnell (Professorin Architekturtheorie und Architekturgeschichte, Wien) – nochmals besucht und die sechs Preisträger*innen 2021 herausgefiltert.
Der Bauherrenpreis würdigt herausragende Bauten, Freiraumgestaltungen sowie städtebauliche Lösungen der letzten drei Jahre, die sich besonders durch die intensive Zusammenarbeit zwischen Bauherr*innen und Architekt*innen auszeichnen. Ein Großteil der rund 300 bisher ausgezeichneten Bauten ist zu einem fixen Bestandteil des Kanons der österreichischen Architekturgeschichte der jüngeren Vergangenheit geworden. (Pressetext, redaktionell gekürzt)

Bauherrenpreis 2021 – Preisträger*innen
(Projekte in alphabetischer Reihenfolge nach Bundesland und Projekt. Jurytexte: Angelika Schnell)

  • Niederösterreich: Schulzentrum Gloggnitz
    Richtergasse 6, 2640 Gloggnitz
    Bauherrschaft: Stadt Gloggnitz | Bürgermeisterin Irene Gölles
    Architektur: Dietmar Feichtinger Architectes
    Fertigstellung: 08/2019
    " Die niederösterreichische Stadt Gloggnitz kämpft mit Strukturproblemen, denen man auf unterschiedliche Art entgegnet. Beim Hereinfahren in den Ort preist gleich das erste Schild im Kreisverkehr die „Einkaufsstadt Gloggnitz“ an, zugleich wird das Stadtzentrum durch das große neue Schulzentrum dominiert, welches programmatisch Bildung als Zukunft der Stadt hervorhebt. Zwar war bereits zuvor das alte Schulzentrum, bestehend aus Volksschule, Mittelschule und Polytechnikum, an diesem prominenten Standort, doch der Neubau umfasst nicht nur zusätzlich das Sonderpädagogische Zentrum, er ist auch kompakter, was vor allem dem quadratischen Grundriss von ca. 70 auf 70 Meter geschuldet ist.
    Ein solches Volumen kann als Barriere wirken. Doch das Architekturbüro von Dietmar Feichtinger und die Bürgermeisterin, Irene Gölles, machen plausibel, wie diese gemeinsame bewusste Entscheidung genau das Gegenteil bewirken kann und soll. Die im Wettbewerb geforderte Nachhaltigkeit betraf nicht nur das ökologische Konzept, das mit Wärmepumpe, Massespeicherung und Solarzellen heutigen Standard erfüllt. Vielmehr ging es vor allem darum, die vielfältigen sozialen und pädagogischen Aktivitäten zu einem nachhaltigen Austausch mit der ganzen Stadt zu verbinden. Das geschieht auf mehreren Ebenen. Zum einen bietet das Schulzentrum in den eigenen Räumen die Möglichkeit zur Nutzung durch Sportvereine, Veranstaltungen aller Art usw. Zum anderen ist die Erdgeschosszone konsequent raumhoch verglast, sodass PassantInnen unmittelbar Einblick in die Werkstatt-, Experimentier- und Technikräume haben, die hier untergebracht sind. Vor allem aber werden die zentral gelegenen Sporthallen – eine Turnhalle, eine Kletterwand, ein Gymnastikraum –, auf die man stößt, sobald man das Gebäude betritt, Besuchende visuell und akustisch in ihren Bann ziehen. Wahrscheinlich eine Hommage an Josef Lackners Ursulinengymnasium in Innsbruck (1980), funktioniert die Botschaft hier im Stadtzentrum noch viel besser: spielende, lernende, tobende Kinder sind die beste Investition in die Zukunft.
    Die „offene Form“ unterstützt auch das dreidimensionale Raumfachwerk aus Stahl, das 30 Meter weit spannt, genauso wie die Clusterung der Klassenräume im ersten Obergeschoss jeweils um einen „Marktplatz“ und diese wiederum um einen großen offenen Hof auf dem Dach, der zudem wunderbare Ausblicke in die Umgebung ermöglicht. Dazu belastbare Materialien wie Fichtenholz für die Innenräume (Lärche im Außenbereich), einfache Holzwolle für die Decke und zahlreiche Durchgänge oder -blicke dürften dem Anliegen der Gemeinde nach vielfältigem Austausch, Inklusion, Diversität und Nachhaltigkeit genau entsprechen."
  • Oberösterreich: Auferstehungskapelle Straß
    4881 Straß im Attergau
    Bauherrschaft: Kapellenverein Straß | Marianne Pachler
    Architektur: LP architektur | Tom Lechner
    Fertigstellung: 08/2020
    "Jemand sagte, man könne hier einfach sitzen wie auf einem Bankerl unter einem Baum. Das fasst gut zusammen, was die neue Kapelle in der Ortschaft Straß vermag. Entstanden ist sie durch das außergewöhnliche Engagement eines zwölfköpfigen Kapellenvereins sowie privaten UnterstützerInnen, die mit dem Architekten Tom Lechner eine Reise für ein feines Bauprojekt starteten, das Sensibilität und Zuneigung zum gemeinsam Geschaffenen widerspiegelt.
    Die Kapelle steht auf einem leichten Abhang, was der Architekt genutzt hat, um der Kubatur des Bauwerks eine fast natürlich erscheinende Überhöhung zu geben, zugleich wirkt die vertikale Holzlattenverkleidung profan. Es ist das durchscheinende Licht in der oberen Ebene, das auf den Lichtgaden als traditionelles Kirchenelement hinweist und auch schon moderne Auslegungen erfahren hat, zum Beispiel bei Rudolf Schwarz’ Pfarrkirche Keferfeld in Linz.
    Gleichwohl ist einiges anders. Man betritt den Innenraum seitlich. Dieser ist zugleich nicht entlang der Längsachse orientiert, sondern entlang der Querachse. Die Sitzreihen entfalten sich in die Breite und rücken allesamt nahe an den Altar heran. Und das ist offenbar die Botschaft des Hauses: Nähe, Zugehörigkeit und Offenheit (auch für Nicht-Gläubige oder andere Glaubensrichtungen). Alles ist deshalb klar und ohne Auratisierung gestaltet: der vertikale Rhythmus der Fichtenvollholzkonstruktion sowie die sekundäre Ordnung der horizontalen Latten bzw. Lamellen, die langgestreckten Sitzbänke aus Tannenholz, die eine räumliche Einheit mit dem Boden aus demselben Holz bilden, sowie die wenigen Einzelelemente, die exakt dort platziert sind, wo sie hingehören. Das sind neben einigen filigranen Hängelampen, die genau bis zum unteren Ende des Lichtgadens reichen, vor allem eine antike Christusskulptur sowie ein besonders schöner, grauer Sandsteinblock als Altar, der nur an den notwendigen Stellen vom Steinmetz behauen und poliert wurde. (Sowohl die Skulptur als auch der Stein sind private Schenkungen mit je eigener Geschichte.)
    Es versteht sich von selbst, dass die Mitglieder des Kapellenvereins auf der Baustelle selbst Hand angelegt haben, unter anderem schweißtreibende Stunden mit der Bearbeitung des gespitzten Betons im Eingangsbereich verbracht haben. Dass ihre Kapelle inzwischen auch viele Menschen aus der Umgebung anzieht, und sei es nur, um zu sitzen wie auf einem Bankerl, ist der Lohn für diesen Einsatz."
  • Oberösterreich: Panoramalift Steyr
    Michaelerplatz, 4400 Steyr
    Bauherrschaft: Stadtbetriebe Steyr, Peter Hochgatterer
    Architektur: reitter architekten | Helmut Reitter, Innsbruck
    Fertigstellung: 11/2019
    "Was am schwierigsten zu gestalten ist: Wie man von A nach B kommt, meint Rem Koolhaas in „S, M, L, XL“ Die Verantwortlichen der Stadt Steyr mögen ihm vielleicht zustimmen. Denn es scheint nur einfach: Unten der Stadtteil Steyrdorf, oben auf der Anhöhe Tabor. Man baut einen Lift, fügt noch eine Aussichtsplattform hinzu, fertig.
    Dass es gut 100 Jahre gedauert hat, bis eine bequeme Verbindung geschaffen wurde, weist schon auf Komplikationen hin. Im Jahre 2017 nimmt die Stadt einen neuen Anlauf, es gibt einen Wettbewerb, den reitter architekten gewinnen, aber nicht ohne Debatten. Der Denkmalschutz will den Lift in den Fels hauen, damit die Stiegenanlage aus den 1930er bis 1950er Jahren nicht verdeckt wird. Die Stadt will den Lift vom Fels abrücken, der Architekt platziert den Lift dazwischen, halb im Fels, halb draußen, so dass eine intime Nähe zwischen bei- den entsteht, aber auch keine auftrumpfende Geste.
    Die scheinbar profane Fahrt hat es ohnehin in sich. Unten steigt man im dunklen Felsen ein; hier befindet sich auch der Eingang zu Stollen aus dem Zweiten Weltkrieg, die Zwangsarbeiter errichten mussten. Auf halber Höhe, bereits draußen, sieht man eine vom Architekten belassene Grotte, in der ein Obdachloser lebt und mit einem Pappschild um mildtätige Spenden bittet. Auf der im Zick-Zack begleitenden Treppe immer wieder Jogger, die nach oben laufend dem neuen Lift die kalte Schulter zeigen, und oben dann, nach knapp vierzig Metern, die fantastische Aussicht auf Steyr.
    Wegen dieser unterschiedlichen Beziehungen auf einer kurzen Fahrt balanciert die Architektur zwischen Bescheidenheit und Inszenierung. Der Stahlbeton ist braungrau eingefärbt und hebt sich nur gering vom Felsen ab. Zugleich faltet sich eine Wand des Liftschachtes so zurück, dass das Herausfahren aus dem Felsen nach oben formal unterstrichen wird und die gläserne Kabine über dem Abhang zu schweben scheint. Auch der Aussichtssteg, der dem vertikalen Bauwerk als horizontaler Kontrapunkt zugefügt wurde, bleibt zurückhaltend, da der Cortenstahl als farbliche Ergänzung zum Beton wirkt. Dass der Steg nicht nur nach vorne, sondern auch seitlich auskragt, ohne, dass man sich über die Kräfte im Bauwerk bewusst ist, verdankt sich den statischen Berechnungen des Ziviltechnikers Peter Schwarz.
    Ergebnis: Ohne Unterlass fahren Menschen mit und ohne Lasten rauf und runter und scheinen sich über den neuen, kostenlosen Lift zu freuen."
  • Tirol: Tiroler Steinbockzentrum
    Schrofen 46, 6481 St. Leonhard im Pitztal
    Bauherrschaft: Gemeinde St. Leonhard | Bürgermeister Elmar Haid
    Architektur: ARGE Atelier Rainer Köberl | Architektin Daniela Kröss, Innsbruck
    Fertigstellung: 07/2020
    "Mit diesem Neubau wird die Region ihr „Kulturbanausentum“ ablegen. So deutlich formulierte es Bürgermeister Elmar Haid, der mehr möchte als eine touristische Attraktion. Tatsächlich waren anfänglich wohl nicht alle begeistert über den im Wettbewerb prämierten Entwurf von Rainer Köberl und Daniela Kröss für ein Steinbockzentrum, hätten sich etwas Traditionelleres gewünscht. Schließlich liegt daneben der älteste noch erhaltene Hof der Umgebung, der später in das Gesamtkonzept integriert werden soll. Doch bald konnten die meisten von dem skulptural wirkenden Bauwerk überzeugt werden, das man schon von weitem bei der Anfahrt ins Pitztal sieht; es thront auf einem Plateau wie ein Steinbock, der ins Tal schaut.
    Oben angekommen, muss man sich erst einmal mit dem turmartigen Objekt selbst, besonders mit seiner Oberflächenwirkung auseinandersetzen, die zugleich irritiert und gut in die ländliche Umgebung passt. Was man auf den ersten Blick für einen ungewöhnlichen Holzbau halten könnte, entpuppt sich als vorgehängte Betonplatten mit rostrot-brauner Farbe und Textur, welche wie horizontale Holzbalken aussehen. Der Architekt und die Architektin wollten an den ehemaligen Stadel erinnern, der genau an dieser Stelle stand.
    Drei Geschosse gilt es nun nach oben durch das Steinbockzentrum zu bewältigen, bevor man über einen Stahlsteg barrierefrei zu den Gehegen der Steinböcke gelangt. Der Eintritt in das Haus birgt jedoch auch Überraschungen. Zum einen evoziert die polygonale Kubatur die Erwartung, über eine Art Raumtreppe nach oben gelangen zu können. Tatsächlich sind die einzelnen Geschosse konventionell aufgeschichtet, nur die großen, unterschiedlich gesetzten Fensteröffnungen relativieren diesen Eindruck. Zudem bieten sie großartigen Ausblick, zu Recht als eigene Bilder in der Ausstellung geplant. Zum anderen gehen die Ausstellungsinhalte über das hinaus, was der Name des Hauses verspricht: Neben der Geschichte der Ausrottung und Wiederansiedlung des Steinbocks in Europa erfährt man auch von den Pitztaler Photographenfamilien, darunter mehrere Frauen, die im 19. Jahrhundert mit genauem Blick ihre Mitmenschen und Umgebung porträtiert haben. Einige dieser Photographien sind im Steinbockzentrum zu sehen. Sie machen neugierig auf mehr, nämlich auf das, was dem Bürgermeister und anderen in der Gemeinde vorschwebt: ein Steinbockzentrum, das als kulturgeschichtliches Museum erweitert werden kann. Dass die besondere Architektur des Steinbockzentrums mitgeholfen hat, diese Idee zu initiieren, ist das Resultat einer geglückten Zusammenarbeit von Bauherrschaft und ArchitektInnen."
  • Wien: Sigmund Freud Museum
    Berggasse 19, 1090 Wien
    Bauherrschaft: Direktorin Monika Pessler, Sigmund Freud Privatstiftung/Daniela Finzi, Peter Nömaier
    Architektur: Atelier Hermann Czech, ARTEC Architekten, Walter Angonese
    Fertigstellung: 08/2020
    "Was bei der Selbstdarstellung anderer Projekte kaum eine Rolle spielte, dominierte hier das ganze Konzept: Zusammenhang, Geschichte. Monika Pessler, die Direktorin der Sigmund-Freud-Privatstiftung, betonte mehr- fach, was das Freud-Museum in den Räumlichkeiten einer der berühmtesten Adressen Wiens ist: ein „Haus- Museum“. Es dient dazu, die Geschichte der Familie Freud, die Geschichte der Entwicklung der Psychoanalyse in Theorie und Praxis, die Geschichte der Vertreibung und Ermordung von Familienmitgliedern durch die Nationalsozialisten sowie der zurückgebliebenen Leerstellen zu dokumentieren, zu begleiten, zu imaginieren, zu erforschen.
    Das alles braucht ein gestalterisches Konzept, dessen intellektuelles und ästhetisches Zentrum in der Entscheidung liegt, etwas nicht zu tun, damit der Raum zwar fast leer, aber zugleich gefüllt von Einfällen und Gedanken der Besucherinnen und Besucher ist. Für diesen Kraftakt braucht es drei Büros: Hermann Czech, ARTEC (Bettina Götz/Richard Manahl) sowie Walter Angonese. Laut Eigenaussage schätzen sie sich und haben wahrscheinlich über vieles viel diskutiert. Die Sigmund-Freud-Stiftung muss aber bei diesem Gestaltungskonzept ebenfalls an Bord sein, nicht nur als Auftraggeberin, sondern als Regisseurin für die Bedingungen der Möglichkeit von Imagination. Die Stiftung kennt die Geschichte(n) und deutet die Spuren, die ArchitektIinnen verweisen darauf und ermöglichen Zusammenhänge. Kein Möbelstück ist aus London extra zurückgekommen, nichts ist rekonstruiert worden, teilweise sind nur Fragmente des früheren physischen Zustands wieder sichtbar gemacht worden. Eine der wesentlichsten Entscheidungen in diesem Zusammenhang ist die Erweiterung des Museums um die ehemaligen Privaträume der Familie Freud. Schließlich hat Freud selbst beides sowohl im Alltag als auch in seinen Schriften vermengt.
    Gestaltet im herkömmlichen Sinne ist die Architektur der wissenschaftlichen Ausstellung. Dazu zählen eigens entworfene Vitrinen sowie Schautafeln, die historische Photographien zeigen, sodass damaliger und heutiger Zustand verglichen werden können, aber frei im Raum stehen und von den nur wenig berührten Räumen von Familie und Praxis völlig getrennt sind. Dazu zählt auch die Renovierung der Gründerzeitfassade, die Einrichtung eines neuen Foyers samt Café und Museumsshop sowie noch eine Reihe anderer unsichtbarer Maßnahmen, die vor allem die Klimatisierung und Sicherheitstechnik betreffen. Am Ende betritt man die Berggasse 19 vielleicht wie früher die PatientInnen: in der gespannten Erwartung, etwas über die eigene Geschichte zu erfahren."
  • Wien: VinziDorf Wien
    Boergasse 7, 1120 Wien
    Bauherrschaft: Vinzenzgemeinschaft Eggenberg – VinziWerke | Pfarrer Wolfgang Pucher, Graz
    Architektur: gaupenraub +/- | Alexander Hagner, Ulrike Schartner, Wien
    Fertigstellung: 02/2019
    "Am 5. Oktober 2015 bewilligt endlich ein Urteil des Wiener Verwaltungsgerichts die Errichtung des ersten VinziDorfes in Wien-Meidling. Die Beschwerdeführenden brachten neben kleinlichen baurechtlichen Einwänden vor, dass das Bauvorhaben den Schwarzbau befördern würde, und „dass aufgrund der Situierung in einer Schutzzone mit umliegenden Wohnhausanlagen, Kindergärten und Schulen das letztlich vom Bauwerber nach wie vor offenkundig verfolgte Ziel, nämlich die Unterbringung von nicht resozialisierbaren Alkoholkranken, abzulehnen ist.“
    Maßgeblich für den letztendlichen Erfolg war nicht nur die Beharrlichkeit des kirchlichen Bauherrn, des Vereins Vinzenzgemeinschaft Eggenberg, die seit 2002 für das Projekt gekämpft hat, sondern auch die Belastbarkeit des Architekturbüros gaupenraub +/-, das für immer neue Situationen Entwürfe vorlegte, und am Ende doch keinen gestalterischen Kompromiss einging. Und das, obwohl das VinziDorf mit äußerst gerin- gen finanziellen Mitteln auskommen muss. Ein großer Teil besteht aus privaten Spenden, oder aus ehrenamtlichen Arbeitsstunden von zum Beispiel SchülerInnen der HTL Mödling, die die Holzständerkonstruktionen der Wohnmodule errichtet haben. Die eingesetzten Materialien sowohl für den Umbau des Haupthauses, das als Gemeinschaftsraum für sanitäre Einrichtung, Küche und Geselligkeit fungiert, als auch für die Häuser für die Bewohner sind alle sehr kostengünstig, werden aber durch die Entwurfsentscheidung aufgefangen, das „Dorf“ – sieben Minihäuser mit jeweils zwei Wohneinheiten – als dicht gedrängtes Ensemble an den Rand des Grundstückes zu schieben, so dass sich der große Garten mit den wilden Blumen und den alten Bäumen in seiner ganzen Schönheit entfalten kann. Dennoch bleibt die Bebauung locker; jedes Hausmodul ist so gegen- über den anderen verschoben, dass das jeweils einzige Fenster und die jeweils einzige Tür jeder Wohnung nicht auf die eines anderen Bewohners gerichtet ist. Privatsphäre, auch wenn sie nur auf neun Quadratmeter beschränkt, ist für die ehemals Obdachlosen das Wichtigste. Von hier aus entscheiden sie selbst, was sie bis- her nie richtig konnten: wann und wohin sie fortgehen, andere Menschen treffen oder sich wieder zurückziehen.
    Das VinziDorf ist folglich nicht nur ein vorbildliches Projekt ehrenamtlichen Engagements, sondern führt auch mit all seinen gestalterisch klugen und ökonomischen Mitteln vor Augen, was unsere Existenz ausmacht."

Terminempfehlungen

Netzwerktreffen
16. + 17.11.2023
 
GAT+