18/01/2022

Schau doch! 15

Kolumne von Peter Laukhardt

1000-Jahr-Jubiläum der Stadt Graz. Gelingt die „Heimkehr“ von Kaiser Friedrich III. und seiner Schatzkammer in die Grazer Burg?

Schau doch! erscheint jeden dritten Dienstag im Monat auf GAT.

18/01/2022

Bild 1 Die Räume des erhaltenen nördlichen Friedrichs-Traktes mit der Stadtmauer
(Absenger/Legen)

Bild 2 Nachbauvorschlag für die Ostflanke des Friedrichstrakts (grau: Grundriss EG, grün: OG; Erklärungstafel Land Steiermark, Montage: Laukhardt)

Bild 3 Blick zum „Thronsaal“ und Friedrich-Skulptur (Ausstellung Stift Admont 2021)

Bild 4 Saphir-Ring Herzog Ernsts, Kunsthistorisches Museum, Wien; Sonnenquadrant mit Datierung 1438 und aeiov (Johann von Gmunden, KHM Wien)

Bild 5 1438, Messkelch mit a e i o v und Inschrift (Schatzkammer, Wien); 1470 ca., burgundisch-niederländischer Deckelbecher, "A E I O V"; "aquila eius iuste omnia vincet" (KHM Wien, Kunstkammer)

Bild 6 1477, Rossharnisch Friedrichs III., angefertigt in Augsburg (Hofburg Wien, Hofjagd- und Rüstkammer); 1446, Schließe des Evangeliars des Johannes von Troppau, 1368 (ONB)

Bild 7 1440-1452 Prunkschwert (Hofburg Wien, Hofjagd- und Rüstkammer); um 1400, Herzogshut (Museum für Geschichte, Graz) um 1450, Prunkwagen (Museum für Geschichte)

©: Peter Laukhardt

Bild 8 Rohkonzept für das AEIOV-Museum

©: Peter Laukhardt

Bild 9 Ausschnitt aus der Handschrift B 104, f. 4, im Haus-, Hof- und Staatsarchiv in Wien.

1000-Jahr-Jubiläum der Stadt Graz. Gelingt die „Heimkehr“ von Kaiser Friedrich III. und seiner Schatzkammer in die Grazer Burg?

Ich habe der Steiermärkischen Landesregierung und namhaften Experten eine kühne Idee vorgestellt, die bis 2025 umgesetzt werden sollte. Anlass sind die Revitalisierungsabsichten der Steiermärkischen Landesregierung für die Grazer Burg  in der Hofgasse. Ende August 2021 wurde von der Steiermärkischen Landesregierung die Revitalisierung der Grazer Burg in der Hofgasse angekündigt. Man will endlich die noch vorhandenen historischen Räume der habsburgischen Residenz restaurieren, an der immerhin drei Kaiser arbeiteten: Friedrich III., Maximilian I. und Ferdinand II.; dann sollen sie der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden.

Man darf sich darauf freuen, im ältesten erhalten Trakt der Burg die gotische, doppelstöckige Hofkapelle und die eindrucksvolle Einstützenhalle zu bewundern (hier sind noch bedeutende Fresken freizulegen, die u. a. König Salomon zeigen und so auf eine Gerichtshalle hindeuten könnten). Der von Erzherzog Karl II. um 1570 errichtete Osttrakt, heute Sitz des Landeshauptmanns, wurde direkt über die mittelalterliche Stadtmauer aus der Erweiterung der Stadt 1335-39 gesetzt; hier werden auch ihre noch erkennbaren Teile gezeigt werden können, sie sind sonst an keiner Stelle der Stadt mehr freiliegend sichtbar (Bild 1).

Mit den angekündigten Maßnahmen wird aber der Bedeutung der ehemaligen kaiserlichen Residenz  noch nicht ausreichend entsprochen sein. Sicher ist nicht einmal allen Grazern bekannt, dass von hier aus Friedrich, Herzog der Steiermark, ab 1440 deutscher König, ab 1452 Kaiser, das Heilige Römische Reich regierte, in dem sich Länder südlich von Dänemark bis Rom vereinigt sahen, dass Friedrich von hier aus den Aufstieg der habsburgischen Herrscherdynastie vorantrieb, dass hier der spätere Papst Pius II. als Sekretär begann. Das alles muss viel eindrucksvoller präsentiert werden. Dafür fehlt aber der Platz. Eine minutiös ausgearbeitete Diplomarbeit von W. Absenger schlägt 2005 vor, alle EG-Räume für Ausstellungen zu nutzen. Ein fundierter Beitrag von W. Absenger und M. Legen von 2011 zeigte aber Möglichkeiten auf, die noch in den Gebäuden und im Depot stecken.  

Ich möchte daher an eine alte Idee erinnern, die schon vor Jahren vorgestellt wurde. Ich habe das nun wieder aufgegriffen und einen Vorschlag skizziert (Bild 2).

Nachbau der Ostflanke des 1854 abgebrochenen Friedrichstraktes samt der von dell’Allio um 1554 angebauten Prunktreppe und des Trompetergangs.
Im ersten Obergeschoß Einrichtung eines AEIOV-Museums mit Schatzkammer.

Zu Anfang der 1950er Jahre erbaute man an der Stelle von Baracken die sog. „Tintenburg“; sie wurde zwar entlang der Hofgasse als Nachempfindung der 1854 abgebrochenen Teile der Burg (des vom späteren Kaiser Ferdinand II. um 1600 gebauten Traktes) gestaltet, ließ jedoch genug Raum für eine etwaige Wiedererrichtung der Ostflanke des im rechten Winkel zur Straße gestandenen ältesten Teiles der Burg, des Friedrichstraktes. Ein Nachbau würde also nicht den Abbruch der „Neuen Burg“ voraussetzen, dafür aber kaiserliche Repräsentationsräume wieder erlebbar machen.  

Dass auch schon 1854 an einen möglichen Wiederaufbau gedacht worden sein könnte, beweisen in einem Lager des Denkmalamtes aufbewahrten Architektur-Teile, so z.B. der Renaissance-Säulen der Prunkstiege. Teile des großen Hofportals aus der Renaissance wurden 2003 bei der Freilegung der Kanonen-Scharten gegen den Pfauengarten geborgen. Aus dem Abbruch von 1854 stammende mittelalterliche Spolien, an der Rückseite (!) der „Neuen Burg“ und anderen Stellen eingemauert, wären für den Nachbau ebenso gut verwendbar, wie im Joanneumsdepot lagernde gotische Bauteile - z. B. der sehenswerter Stein von 1452, der anlässlich ihrer Vermählung die Wappen von Friedrich III. und der Eleonore von Portugal zeigt, dann Brüstungsfelder mit Blendmaßwerk – beides wohl von der Außenseite des großen Thronsaales im Obergeschoss.

Das AEIOV-Museum

Der wiederaufgebaute Trakt würde auf rund 400 m2 Platz bieten für Ausstellungsräume, die dem Kaiser Friedrich III., uns seinem berühmten Motto AEIOV, gewidmet werden könnten. Im Erdgeschoß könnten straßenseitig Eingang, Kasse, Shop, WC und Lift untergebracht werden. Nach dem Aufstieg über die Prunktreppe ins erste Obergeschoß und vorbei an der Renaissance-Loggia würden die Ausstellungsräume erreicht werden (Bild 2).

Wie in der großartigen Sonderausstellung des Jahres 2021 im Stift Admont könnte man dann den feierlichen Zugang zum „Thronsaal“ (er misst 100 m2) mit der Holz-Plastik des Kaisers inszenieren (Bild 3). Mit Exponaten aus den Grazer Museen, Leihgaben anderer Museen und aus privaten Beständen könnte sich hier ein internationaler historischer Anziehungspunkt ergeben. Ein erstes Gespräch mit dem Leiter einer bedeutenden Sammlung verlief übrigens sehr hoffnungsvoll.

Rückholung der Grazer Schatzkammer

Nach dem „Thronsaal“ könnte im nördlichen Teil des Traktes auch wieder ein Teil der Schatzkammer Kaiser Friedrichs III. gezeigt werden. Wie meine neuesten Forschungen für ein umfassendes Schloßberg-Buch ergaben, stammen wertvolle Stücke aus der Schatzkammer und dem Kunsthistorischen Museum in Wien: aus Graz!

Schon zur Zeit Herzog Ernsts (+ 1424) befanden sich am Grazer Schloßberg habsburgische Hausurkunden. Ernst hat aber auch einen ansehnlichen Schatz hinterlassen. Als sein Sohn Herzog Friedrich V. durch Schiedsspruch des Ältesten der Dynastie, Herzog Albrecht V., 1435 aus der Vormundschaft seines Oheims Friedrich IV. von Tirol entlassen wurde, hat der junge Herzog der Steiermark von Friedrich energisch die ihm zustehenden Kleinodien aus dem Nachlass seines Vaters Ernst eingefordert, darunter das älteste Stück der ehemals Kaiserlichen Sammlungen, den ring gancz von saffir (Bild 4).

Friedrich hat schließlich den gesamten Kleinodienbesitz der „Leopoldischen Linie“ seiner Schatzkammer einverleibt. Dem Bericht des reisenden böhmischen Ritters Rožmital zufolge, war dieser Reichtum Friedrichs 1465 zum Teil in der Burg zu Wiener-Neustadt und – wenigstens zeitweilig - zum größeren Teile in einem Schatzgewölbe der Feste am Grazer Schloßberg verwahrt. Kaiser Friedrich zählte damit zu den ersten Habsburgern, die als Sammler im eigentlichen Sinn anzusprechen sind, zumal er trotz seiner oft sehr misslichen finanziellen Lage jede Gelegenheit benützt hatte, um Kostbarkeiten aller Art zu erwerben. Als Mäzen zeigte er ein ausgeprägtes Interesse an künstlerischer Qualität, wobei seine Kennerschaft auf dem Gebiet der Goldschmiedekunst besonders gerühmt wurde. Friedrichs Sohn, Maximilian I. hat später auch über seine Gemahlin Maria von Burgund Teile des Schatzes von Herzog Karl dem Kühnen übernommen, ein Inventar von 1489 nennt einen Wert von über 800.000 Gulden!

Wenn man in den – die Kleinodien betreffenden – Anordnungen von Friedrichs Nachfolgern ab 1521 häufig die Worte liest unser schaczgewelb auf unserm schlos zu Gracz, dann könnte man sich darüber wundern, dass sich damals die Schatzkammer noch nicht in der von Friedrich bereits um 1440 fertiggestellten Stadtburg befunden hat. Noch im Mai 1525 wurden auf Befehl König Ferdinands I., der seine Länder von Wien aus regieren wollte, neun Truhen pilder, monstranzn und klainat von silber und gold … aus dem schatz zu Gretz nach Wien geschafft, in denen sich – jeweils aus Silber oder teilweise vergoldetem Silber – 115 plastische Bildwerke, 38 Monstranzen, sechs Kelche, zwölf Kreuze, Becher, Schalen, Schiffe, Rauchfässer, Leuchter usw. befanden.

Nach und nach brachte man weitere Gegenstände  in die Wiener Hofburg, darunter 1529 und 1537 zwei Teile des für überaus kostbar gehaltenen Einhorns (das Ainkhurn), wohl den mit Edelsteinen und Gold eingefassten Zahn eines Narwals. Eine weitere „Einholung“ aus den Grazer Beständen  erfolgte am 1. August 1554, als Ferdinand I. in Wien seine Kunstkammer begründete. Nach Ferdinands Tod 1564 erhielt sein ältester Sohn und Nachfolger Maximilian II. die Insignien und die Münzsammlung, die Kleinodien wurden unter den Erzherzogen Ferdinand und Karl II. geteilt; somit kam die Hälfte des habsburgischen Schatzes wieder nach Graz zurück, in die Residenzstadt Innerösterreichs, wo Karl mit ihnen und dem in Graz verbliebenen Rest 1566 seine Schatz- und Kunstkammer ausstattete. Dafür hat er das Obergeschoß des Burgtores, den „alten Glockhenthurn zunächst vor der Burgk zu Grätz zu einem Schazgewölb“ herrichten lassen, später wurde das obere Stockwerk des Verbindungsganges zur Domkirche genutzt. In der Folge waren die wertvollen Gegenstände auf mehrere Räume verteilt.

Karls Sohn Ferdinand erweiterte um 1600 die Burg durch einen schmalen Trakt entlang der Hofgasse, um seiner Gemahlin eigene Gemächer zu schaffen. Als er nach 1619, nun Kaiser, den Grazer Hof auflöste und nach Wien übersiedelt, nahm er den Großteil des Schatzes mit, das große kaiserliche Wappen an der Innenseite des Tores blieb. Was Ferdinand zurückgelassen hatte, wurde von Maria Theresia, die sich 1765 vorübergehend in der Grazer Burg einrichten wollte, in 19 Truhen und Kisten nach Wien geschickt. Beim Einpacken der Schätze wurde auch zufällig der verschollen gewesene Herzogshut wieder aufgefunden.

Es war hier nicht der Raum, das Aufgehen der Grazer Schätze in den Wiener Sammlungen im Einzelnen zu behandeln. Es steht jedoch fest, dass auch die Grazer Stadt-Burg immer wieder große Teile des habsburgischen Schatzes barg, darunter auch die kaiserlichen Insignien: zepter, schweert, cron, aphel (Reichsapfel). Die Rückholung und Ausstellung einiger der „Kleinodien“ in Graz wäre daher sicher mehr als gerechtfertigt. Eine Auswahl über die in der Zeit von Friedrich III. gehorteten  „Kleinodien“ sollen die Abbildungen aus verschiedenen Sammlungen bieten (Bild 4, 5 und 6).

Natürlich müsste hier auch der Prunkwagen gezeigt werden, den Friedrich III. für sich und seine Gattin Eleonore von Portugal anfertigen ließ; es ist der letzte erhaltene aus der Gotik, ein Kernstück der kulturhistorischen Sammlung des Joanneums, jetzt im „Museum für Geschichte“ in der Grazer Sackstraße ausgestellt. Gemeinsam mit dem um 1400 angefertigten Herzogshut, gehört er zu den wenigen Stücken, die Graz verblieben sind (Bild 7). Uns selbstverständlich sollten auch wichtige habsburgische Urkunden aus der Grazer Zeit hier gezeigt werden.

Am nördlichen Ende der Ausstellungsräume wäre ein Abgang und ein Lift in ein Café bzw. den Burghof einzurichten (Bild 8), von wo aus weitere Teile der Burg zu besichtigen wären: Doppelwendeltreppe, Stein des Nissim, Burgkapelle, Dreistützenraum, Gotische Halle, Stadtmauer, Burggarten.

Erste Kontakte mit der Landesregierung, dem Bundesdenkmalamt, dem Joanneum, dem Landesarchiv und namhaften Experten zeigten großes Interesse, aber auch eine verständliche Skepsis. Die sicher nicht unbedeutenden Kosten für den teilweisen Wiederaufbau des ältesten Teiles der Residenz könnten aber durch den Entfall der geplanten Tiefgarage unter dem zweiten Burghof gedeckt werden; bei Gesamtprojektkosten von 23 Mio. Euro für die Revitalisierung der historischen Räume waren zwischen 6 und 13 Mio. Euro für Auto-Abstellplätze geplant.

Ein Geschenk des Landes an seine 1000-jährige Hauptstadt?

Was im Titel schon angedeutet wurde: im Jahre 2025 wird die Stadt Graz ein großes Jubiläum feiern können, denn vor 1000 Jahren wurde „Strazganc“ erstmals genannt, heute ein Ortsteil unserer Stadt. Der bairische Pfalzgraf Hartwig II. – der auch als Gründer des Dorfes Hart angesehen wird – hat dem Salzburger Erzbischof Gründe an der Lassnitz abgetreten, um dafür von den Zehenten an seinen Besitzungen in Straßgang befreit zu werden (Bild 9)

Am 31. Jänner 2021 wird eine Besprechung zu den bisherigen Burg-Plänen des Landes stattfinden. Ich hoffe dabei auf eine ausführliche Diskussion zu meinen Vorschlägen.

Quellen:
W. Absenger, Die Grazer Burg, Diplomarbeit 2005
W. Absenger/M. Legen, Die Grazer Burg, Joannea 2/2011
P. Laukhardt, Der Grazer Schloßberg, 4. Aufl. (in Arbeit)

Roswitha Neu-Schindler

Die Idee von P. Laukhardt ist bestechend, erscheint mir jedoch angesichts der fortgeschrittenen Zeit 2022 kaum mehr durchführbar, dass es sich bis 2025 ausgehen könnte. Wie man weiß brauchen solche Projekte ausführliche Diskussionen, finanzielle Mittel, Planung und Ausführung dauern auch sehr lange und die Ausstellungsobjekte, die in Wien sind, wird man nicht so leicht, wenn überhaupt, nach Graz bekommen. Mich wundert, dass die Landesregierung und die Stadt Graz, anlässlich dieser 1000 Jahre, nicht schon früher mit einer gescheiten, großzügigen Idee an die Öffentlichkeit getreten ist. Kleingeist und Provinzialismus herrschen heutzutage im "Herzogtum Steiermark" AEIOU war einmal.

Fr. 11/02/2022 10:30 Permalink
Petra Kickenweitz

Architekten und die ASVK werden einem "Stadtschloss" nach Berliner Vorbild sicherlich ein klare Absage zu erteilen!
Eine 1:1 Rekonstruktion ist strickt abzulehnen - eine zeitgemässe Neuinterpretation eines Museums an diesem historischen Ort kann gerne diskutiert werden, aber bitte nicht diesen Berliner Irrweg beschreiten...

Sa. 22/01/2022 10:17 Permalink
Elisabeth Kabelis-Lechner

Antwort auf von Petra Kickenweitz

Ideen dieser Art sollten fachlich diskutiert werden und nicht gleich rigide, emotional und ohne fachliche Argumente strickt abgelehnt werden. Der Vergleich mit der Rekonstruktion des von der DDR-Führung abgebrochenen Berliner Stadtschlosses eher überzogen. Ein offene Debatte mit unterschiedlichen Argumenten ,dafür oder dagegen, wäre in einer Kuturhauptstadt angebracht.

Do. 27/01/2022 4:32 Permalink
Petra Kickenweitz

Antwort auf von Elisabeth Kabelis-Lechner

Liebe Elisabeth, Lieber Armin,
Warum muss man den Kakao auch noch Aufwärmen?
Die vielen Diskussionen rund um das Berliner Stadtschloss haben mannigfaltig die Argumente aufgezeigt - wer in der Bauphase dort war, konnte sich davon auch ein persönliches Bild machen, von der Betonburg und im Verkaufskatalog der gar nicht billigen Fassadenelemente blättern...
Dazu kommt analog zu Graz - den auch in der "Schatzkammer Kaiser Friedrichs III" findet sich das eine oder andere fragliche Stück - der Ansatz den "Kolonialismus noch raus hängen zu lassen", anstatt die Schaustücke einfach zu restituieren. (etwas provokant formuliert)
Zudem hat auch Graz mit der Rekonstruktion der Fassadenskulpturen am Radhaus oder der Protikus-Rekonstruktion an der Oper dieses Thema der "1:1 Rekonstruktion" eigentlich schon zu genüge durchgekaut.
Deshalb vielleicht einfach nachlesen.
Das einzige plausible Argument dafür, wäre der wissenschaftliche Zugang der "Archäologische Rekonstruktion", die allerdings den Zweck der handwerklichen konstruktive Erforschung der Bauweise zum Sinn hat - die hier wohl nicht Anwendung findet.
An sonst lässt sich die 1:1 Rekonstruktion mit den "neuen Medien" schon wunderbar mittels 3D virtuell herstellen und beleben, erkunden, durchschreiten .und wunderbar in ein modernes Ausstellungskonzept oder Tourismustourenkonzept integrieren. Zudem kann es eine technikaffinen Jugend sicherlich mehr begeistern...
Fachlich, aus architektonischer bzgl baukultureller Sichtweise will ich hier nur
Walter Hauser, Leiter des Bundesdenkmalamts, Abteilung für Tirol, zitieren:
Den Umgang mit dem historischen Bestand ist gegenwärtig „stark von Gegensätzen bestimmt. Antonyme wie ‚Alt und Neu’, ‚Modern und Unmodern’,
‚Kontext und Kontrast’, ‚Natur und Architektur’ spannen den Denk- und
Handlungsraum auf und bestimmen den Gestaltungskosmos der Bauwerke
und ihrer Umgebung. Im Gegenstück statt im Gegensatz finden sich die Anknüpfungspunkte eines verständigen Umgangs mit dem Alten und Neuen.
Die beiden ähnlichen, aber doch gänzlich verschiedenen Haltungen verbildlichen die Bandbreite der komplexen Zusammenhänge von Maßstab, Form,
Spannungsfeld Tradition & Innovation Material, Textur und Farbe und beschreiben implizit Angemessenheit, von der Kunst der Fuge bis zur Kunst des Weiterbauens“.
(Hauser, Walter: Gegenstück & Gegensatz, Vom Umgang
mit dem historischen Bauerbe. in: Internationales Städteforum in Graz (Hrsg.): Transformation findet Stadt, Graz,
Tagungsband 2017, S. 16–35)
In diesem Sinne - ein zeitgemäßer baukultureller Umgang ist einfach das "Weiterbauen" und nicht schlecht nachbauen.

Fr. 28/01/2022 7:02 Permalink
Bernhard Maurer

Antwort auf von Petra Kickenweitz

Als aussenstehender Beobachter und inzwischen seltenen Besucher ist für mich der "zeitgemässe baukulturelle Umgang" in Graz überwiegend schlechtes Bauen, das ich auch nicht als "Weiterbauen" definiere. Diesen Eindruck gewinnt man auch durch die zahlreichen Lamentos auf diesem Forum. Ich traue es der Stadt in diesem Kontext nicht mehr zu, etwas Hochwertiges zu produzieren und fände den Versuch eines Nachbaus den sichereren Weg, um die Stadt nicht weiter zu verschandeln.

Mi. 02/02/2022 1:39 Permalink
Armin Haghirian

Antwort auf von Wolfgang Feyferlik

Liebe Petra, lieber Wolfgang!
Könntet Ihr Eure apodiktischen Urteile auch irgendwie fachlich untermauern (Stichwort offener Diskurs, Paradigmenwechsel und so) oder geht es nur darum das Graz nicht Berlin werden darf?

Do. 27/01/2022 12:12 Permalink
Dr. Dietrich Albert

Peter Lauckhardt macht am 18.01.2022 im Hinblick auf das vermeindliche 1000-Jahr-Jubiläum der Stadt Graz im Jahre 2025 zwei bemerkenswerte Vorschläge:
(1) Wiedererrichtung bzw. teilweiser Nachbau der 1854 wegen Baufälligkeit abgebrochenen kaiserlichen Residenz Friedrichs III und
(2) darin ein AEIOV-Museum einrichten.
Ich empfehle diese beiden Ziele sauber zu trennen und derzeit mit Nachdruck nur Ziel (1) zu verfolgen, um Widerstände gegenüber (2) zu vermeiden. Es ist eh schwierig genug und allerhöchste Eile geboten, damit zu beginnen, Ziel (1) zu erreichen. Die Begründung von Ziel (1) sollte nicht durch Ziel (2) erfolgen, sondern sich darauf stützen, dass ein derart wohlhabendes Land wie Österreich in der Lage sein sollte, die damaligen (1854) Versäumnisse zu korrigieren und das historische Ensemble von Burg, Dom, Mausoleum, Burgtor und Alte Universität zumindest teilweise wieder herzustellen, nicht zuletzt aus touristischen Gründen.
Die Nutzung der dadurch wieder entstehenden Räumlichkeiten kann zu einemn späteren Zeitpunkt entschieden werden.

Di. 18/01/2022 9:58 Permalink
Anonymous

Bin sofort dafür! So würde diese von mir schon als Kind als solche empfundene an sich trostlose "Schauspielhaus-Neue Burg-Gegend" wieder ansprechend!
Ich kann mir gut vorstellen, dass dann Touristen nicht mehr nur die Doppelwendeltreppe auf und ab geschleift werden müssen, um auch in dieser Gegend der Altstadt ein Gefühl von Erlebnis zu haben.

Mi. 19/01/2022 11:43 Permalink
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