10/02/2022

Dieser Text ist ausgewählt aus der aktuellen Ausgabe des Architekturmagazins LAMA #6/9. Er ist Teil der Kooperation zwischen LAMA und gat.st. 

Die Autor*innen chcc-kollektiv hinterfragen mit aaaa_ anti architecture architecture association unter @aaaa__arch auf Instagram Rahmenbedingungen der Architekturpraxis.

10/02/2022
©: Redaktion GAT

Das Alluvial-Diagramm setzt die Antworten einer ersten Umfrage miteinander in Verbindung und zeigt neben der vorherrschenden Unzufriedenheit mit dem Gehalt weitere Baustellen der Branche. Neben zu wenig Transparenz in den Gehaltsstrukturen muss Aufklärung beim Thema Gehaltsverhandlung und bei möglichen nicht monetären Vergütungen geschaffen werden.

©: aaaa – anti architecture architecture association
©: aaaa – anti architecture architecture association

Überarbeitung und Unterbezahlung sind in der Architekturbranche auch in Deutschland eine gängige Praxis. Diese toxische Kultur wurde durch die COVID-19-Pandemie noch weiter verschärft. Vor allem junge Architekt*innen, Absolvent*innen und studentische Mitarbeiter*innen sind von schlechter Bezahlung, Ausbeutung ihrer Arbeitskraft und schlechter Arbeitskultur in den Büros betroffen. Regulierende Instanzen gibt es in der Branche nicht. Die Kammern und der Bund Deutscher Architekten und Architektinnen unterstützen die betroffenen Gruppen weder durch Beratung noch durch bindende Vorgaben zu Gehältern, Überstunden etc. an die Büros. Auch junge Gründer*innen und Selbstständige fühlen sich alleingelassen – Netzwerkmöglichkeiten, eine einfachere Teilnahme an Wettbewerben und rechtliche Unterstützung sind Mangelware. 

Die Grundlagen für die Missstände in unserer Arbeitskultur werden oft bereits während des Studiums geschaffen, daher müssen auch die Architekturfakultäten in die Pflicht genommen werden. Die Realität der Profession und das Selbstbild, das viele lehrende Architekt*innen von der Disziplin haben, driften immer weiter auseinander. Die Studierenden werden nicht auf das vorbereitet, was nach dem Studium auf sie wartet. Im schlimmsten Fall reproduzieren junge Architekt*innen die überholten Muster ihrer Lehrer*innen, wenn sie mit einer völlig unrealistischen Vorstellung des Alltags in einem Architekturbüro beginnen. Schon im Studium bekommen wir eingetrichtert, dass nur mit Blut, Schweiß und Tränen gute Architektur erschaffen werden kann. Nachtschichten und Arbeiten bis zur kompletten Erschöpfung werden gefeiert und anerkannt. Diese Praxis bildet die perfekte Grundlage für leicht ausbeutbaren Absolvent*innen-Nachschub in die Büros. Wer dann lange genug durchhält, hat diese Muster meist soweit internalisiert, dass diese nicht hinterfragt und stattdessen an die nächste Generation weitergegeben werden. Die schlechten Arbeitsbedingungen werden als unumstößliche Wahrheit akzeptiert und nicht verändert. 

Der Beruf klassischer Architekt*innen ist im Begriff, überflüssig zu werden, sollte sich die Disziplin nicht verändern. Zwar kann die Architektur alleine viele der drängenden Probleme nicht lösen, da deren Ursachen in weit über unser Feld hinaus reichenden Strukturen liegen. Doch aus unkritischer Anpassung an diese Gegebenheiten entsteht keine Veränderung; Antworten müssen wir trotzdem finden. Optimistisch stimmt einen die Tatsache, dass junge Architekt*innen bereits viel kritischer und politischer eingestellt sind als noch vor einigen Jahren. Für sie soll aaaa eine neue Plattform des Austausches werden und im besten Fall in der ganzen Branche etwas bewegen. Zu Beginn startet aaaa mit allgemeinen Umfragen unter jungen Architekt*innen, Absolvent*innen und Student*innen, um die drängendsten Probleme benennen und thematisieren zu können. Der zentrale Austausch findet dabei über Instagram statt, da dort der Diskurs und die Teilhabe niedrigschwellig sind und eine Vernetzung einfach ist. Wir sind überzeugt davon, dass wir gemeinsam viel bewegen können. Wir kommen nicht weiter, wenn kritische Diskussionen nur in Teeküchen geführt werden und der Unmut junger Planer*innen nicht öffentlich gemacht wird.

Lasst uns alle zusammen dafür sorgen, dass die Branche sich verändert und beteiligt euch! Jede*r mit Lust, Ideen und Zeit ist aufgefordert, sich uns anzuschließen, denn wer nicht mitmacht, kann nichts verändern!

Also schreibt uns auf Instagram an @aaaa__arch oder per mail an antiarchitectureaa@gmail.com und lasst uns zusammen unsere Arbeitswelt verbessern!

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