01/12/2023

Der Entwurf des Bebauungsplans 07.32.0 widerspricht der klimaorientierten Stadtentwicklung, die der Grazer Gemeinderat Ende 2022 einstimmig beschlossen hat. Das ist unverantwortlich. 
Der Bebauungsplan ist im Entwurfsstadium und kann also noch geändert bzw. verbessert werden. Einwendungen seitens der Grazer Bevölkerung sind noch bis 7. Dezember möglich. Viele Einwendungen können ein Umdenken bei den Verantwortlichen der Stadt und somit eine Neuauflage bewirken. 

01/12/2023

Luftbild Bebauungsplangebiet und Umgebung Graz, Liebenau (Montage E. Kabelis-Lechner)

Altstadtschutzzone 4, Teilzone 8 Liebenau

Baumbestand Bebauungsplangebiet Graz Liebenau, Luftbild © Stadt Graz

Stellungnahme Abteilung Grünraum zum Thema Baumschutz (Foto Erläuterungsbericht)

Ergänzungen Bebauungsplanentwurf 07.32.0  (E. Kabelis-Lechner)

Modell Architekturbüro Tschom © E. Kabelis-Lechner

Blick in die Kadettengasse, Graz Liebenau (Montage E. Kabelis-Lechner)

Graz bekennt sich seit einem Jahr zur klimaorientierten Stadtplanung, welche u.a. auch den Fokus auf Bauen im Bestand, anstatt auf Abbruch und Neubau setzen soll. Das Planungsgebiet liegt in der Altstadtschutzzone 4 und ist Teil des historischen Vorortes Liebenau. Wer nun meint, dass der Bebauungsplanentwurf in seinen Festlegungen auf die Altstadtschutzzone Bezug nimmt und die Klima-Planungsziele, Baumschutz und Bodenschutz berücksichtigt, wird herb enttäuscht.

Der Entwurf des Bebauungsplans 07.32.0 ignoriert in der Festlegung der Baugrenz- und Baufluchtlinien sämtliche Bestandsbauten. Sollte dieser so beschlossen werden, dürfen die Eigentümer*innen der Bestandsbauten diese nur noch erhalten. Zubauten oder Dachgeschoßausbauten werden dadurch unzulässig. Haben Eigentümer*innen jedoch Bedarf nach mehr Nutzfläche, müssen sie den Bestand abbrechen und einen Neubau entsprechend der festgelegten Baugrenz- und Baufluchtlinien errichten. 

Ja, Sie haben richtig gelesen – wollen Eigentümer*innen im Sinne des Klima-und Altstadtschutzes Bestandsgebäude erhalten und respektvoll erweitern, sagt die Grazer Stadtplanung nein dazu. Das Planungsamt ergreift absurderweise Partei für Neubau und boykottiert somit die vom Gemeinderat vorgegebene, klimaorientierte Stadtentwicklung. 

Der Bebauungsplan wurde im Anlassfall erstellt. Antragsteller ist die AiFiSH Puntigamer Straße 2X Wohnbau GmbH. Im Vorfeld lobte das Stadtplanungsamt ein Gutachterverfahren mit drei Teilnehmer*innen aus. Teilnehmer*innen waren das Architekturbüro Tschom (Kandidat des Antragstellers) und die Architekturbüros der Architektinnen Kuess und Kuß (von der Stadt nominiert). Der Entwurf des Büro Tschoms setzte sich durch. Pläne oder Fotos vom Modell fehlen im Erläuterungsbericht. Wer mehr wissen will, muss aufs Amt gehen.

Der Bebauungsplanentwurf und seine Genese werfen Fragen auf:

- Wieso wurde das Gutachterverfahren intransparent und ohne klare Aufgabenstellung abgewickelt, wer bildete die Jury, und ist es Zufall, dass der Kandidat des Investors gewonnen hat?

Ein transparentes Verfahren sieht anders aus. Das meinen auch die Architektinnen Eva Kuß und Nina Kuess. Sie bemängeln, dass die Aufgabenstellung unklar war. Die Unterlagen wurden verschickt, es gab keine gemeinsame Besprechung. Die wichtigste Aufgabe war, Baudichten auszuschöpfen und möglichst viele PKW-Stellplätze unterzubringen. Sogar die als schützenswert bezeichneten Bäume durften schließlich laut Info des Stadtplanungsamtes außer Acht gelassen werden. Es gab weder eine Ausstellung noch eine Information über das Ergebnis. Lediglich wurde mitgeteilt, ob der Beitrag weiterbearbeitet werde oder nicht. Nina Kuess sieht sich im Nachhinein als „Quotenfrau".
 

- Warum hat das Stadtplanungsamt im Vorfeld des Verfahrens auf eine planungsrelevante Eigentumsanalyse verzichtet?

„Man habe diese als nicht notwendig erachtet", antwortete das Stadtplanungsamt. Vermutlich werden die meisten Eigentümer*innen diesem Konzept schon aus wirtschaftlichen Überlegungen nicht folgen. Was bringt ein Abbruch, wenn man durch Neubau weniger Nutzfläche erzielt? Der vorliegende Bebauungsplanentwurf ist völlig ungeeignet für das vom Amt formulierte Ziel „der geordneten Siedlungsentwicklung mittels einer gekuppelten bzw. geschlossenen Straßenrandbebauung, die sich durch ihren starken Straßenraumbezug auszeichnet und damit einhergehend eine signifikante raumbildende Wirkung erzielt." Nicht einmal der antragstellende Investor sieht Realisierungschancen, denn auf Basis dieser Vorgaben könne er nichts Sinnvolles bauen.
 

- Warum ignoriert der Bebauungsplanentwurf die teilweise erst vor kurzem renovierten Bestandsgebäude in einer Altstadtschutzzone und lässt Entwicklung und Verdichtung nur bei Abbruch zu?

Das Stadtplanungsamt gibt an, dass die ASVK die Bestandsgebäude für nicht erhaltenswert befunden habe. Der Stellenwert dieser Schutzzone erübrigt sich, wenn die ASVK die alten Vorortgebäude als nicht schützenswert ansieht und kein Problem damit hat, dass bei Neubauten ausschließlich Flachdächer erlaubt sind.


- Warum wurden keine Baugrenzlinien für Tiefgaragen festgelegt und ist gebäudeintegriertes Parken weiter erlaubt?

Seit einiger Zeit ist es üblich, Baugrenzlinien für unterirdische Bauteile zur Begrenzung von Bodenversiegelung festzulegen. Im Stadtplanungsamt begründete man das Fehlen dieser Linien so: „Man wisse derzeit nicht, wo Tiefgarage und Zufahrt geplant werden und möglicherweise kaufe der Investor auch noch Baufeld C dazu.” Das ist ein falsches Verständnis von Bebauungsplanung.


- Warum ignoriert der Bebauungsplan den Schutz von Bestandsbäumen?

Die Abteilung Grünraum forderte den Schutz von sieben Bäumen und deren deutliche Kennzeichnung im Planwerk. Dort wurde das ignoriert, denn Baufluchtlinien beschneiden den Wurzelbereich einiger Bäume. Auch wurde kein Unterbauungsverbot im Bereich der Großbäume verordnet. Das stellt einen klaren Verstoß gegen die Klima- und Baumschutzvorgaben der Stadt Graz dar.


- Warum plant die Stadt neue Straßenbäume im Bereich eines zukünftigen Geh-und Radwegs entlang der Puntigamer Straße? 
Der zuständige Sachbearbeiter gab an, dass sich dieser Zustand im Zuge des Straßenprojekts “eh” noch ändern könne.


Conclusio: Das Stadtplanungsamt hat 4,5 Jahre für “viel Lärm um nichts” gebraucht. Dieser Bebauungsplanentwurf sichert keine ordnungsgemäße Siedlungsentwicklung. 

Die großen Verlierer sind Ortsbildschutz, Baumschutz und Klimaschutz.


 

Der Bebauungsplan-Entwurf liegt bis zum 07. Dezember 2023 zur allgemeinen Einsicht im Stadtplanungsamt, Europaplatz 20, 8020 Graz, 6. Stock auf. Sie können ihn auch auf der Homepage der Stadt Graz unter: http://www.graz.at/bebauungsplanung abrufen.

feyferlik

es gibt unzählige verwaltungsverfehlungen in graz. eispiel gefällig: bei der planung eines turnsaales für die schule des sacre-coeur. laut städtebaulichem gutachten sollte der wurzelraum der erhaltenswerten und schützenswerten bäume entsprechend der Ö-Norm ausgebildet werden. der einwand eines nachbarn, dass diese erfordernis sich nicht in den plänen wiederspiegelt wurde von der amtshandelnden verfahrensleitung mit dem satz quittiert. hier handelt es sich nicht um eine "baumverhandlung sondern um eine bauverhandlung". das sagt die stelle die das recht der allgemeinheit wahren sollte und darauf achten müsste, dass rechtliche vorgaben wie ein städtebauliches gutachten bei der umsetzung eingehalten werden. denn baumschutz ist kein nachbarschaftsrecht. der errichter des turnsaales, er kommt aus wien, meinte dazu, in wien hätte er das so sowieso so nicht genehmigt bekommen.

Fr. 08/12/2023 14:48 Permalink
Karin Tschavgova-Wondra

Man schaue sich die Baustelle Wohnraumwerk in der Rapoldgasse (Ruckerlberg) derzeit vor Ort an. Kein Quadratmeter der beiden Villengrundstücke blieb Grünfläche und ob der straßenbegleitende Grundstücksteil jemals wieder "unversiegelt" werden kann wie am Schaubild dargestellt, nachdem LKW-Zufahrten, Kranbasis und Schotteraufschüttung den Humus verdichtet haben, ist zumindest fraglich. Mit Bebauungsplan, weil die Bebauung mit 11 Wohneinheiten (?) sich laut Gutachten angeblich so gut einfügt in die Villenbebauung. Übrigens: die Tiefgarage, die bis 0 zum östlichen Grenzzaun des leichten Hangs heranrückte, heranrücken durfte, hat bewirkt, dass die schönen großen Bäume (teils seltene) am Rand des angrenzenden Nachbargrundstücks umgeschnitten werden müssen, weil ihre Wurzeln abgeschnitten wurden und sie nun die Neubebauung gefährden. Laut Frau Steffen vom Schutzverein Ruckerlberg hat der Nachbar ! schon eine Rodungsaufforderung erhalten, die Frage war angeblich nur, wer diese bezahlen muss. Ich weigere mich, so viel Absurdität als "Normalfall" oder "das wurde schon vor unserer Zeit beschlossen" (die Grüne Vizebürgermeisterin als politisch Verantwortliche für die Stadtentwicklung) zu akzeptieren. Waren die Beamten/Fachleute? im Stadtplanungsamt nicht schon vorher jene, die das positive Gutachten erstellten. Dazu noch weiteres: die einzige Zu- und Abfahrt von dieser neuen "herrschaftlichen Anlage am Fuß des Ruckerlbergs" muss über die enge Rapoldgasse und Schulgasse als Einbahn! zur Waltendorfer Hauptstraße erfolgen. Drei Mal eine unübersichtliche enge Kurve, bis man, vorbei am Mehrgenerationenhaus Waltendorf und am Eingang zur Volksschule! zur Ausfahrt Waltendorfer Hauptstraße kommt, das alles mit Radfahrern gegen die Einbahn und vorbei an bis zu 100 Kindern, die morgens zur Schule kommen und ....
Gutachten beurteilen offensichtlich nur die Lage und Größe/Höhe der Bebauung am Grundstück. Toll, was?

Sa. 02/12/2023 18:23 Permalink
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